Im Straßenverkehr lauern oft Gefahr, Frust und Streit. Lesen Sie hier aktuelle und aufschlussreiche Urteile sowie allgemeine Infos aus dem Verkehrsrecht. Zwist auf den Straßen beschäftigt tagtäglich deutsche Gerichte. Bei den Urteilen handelt es sich zwar meist um Einzelfallentscheidungen, doch sind sie lehrreich und vielfach auch Warnung.

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Auf Landstraße mehrere Autos überholt – wer haftet bei Kolonnenunfall?

Update vom 31. Mai: Autofahrer müssen nicht möglichst weit rechts am Fahrbahnrand fahren, um Kolonnenspringern das Überholen zu ermöglichen. Kommt es bei dem Manöver zu einem Unfall, haftet der Überholende möglicherweise allein. So entschied das Landgericht Ellwangen in einem Urteil, auf das der ADAC hinweist (Az.: 1 S 70/23).

  • Der Fall: Ein Autofahrer war mit seinem Fahrzeug auf einer fünf Meter breiten Landstraße unterwegs. Diese hatte eine Fahrbahn pro Richtung, es gab weder einen Mittelstreifen noch ein Bankett, also einen Straßenrand neben der eigentlichen Fahrbahn. Maximal war Tempo 100 erlaubt. Eine Kolonne aus rund zehn Autos hatte sich gebildet. Der Autofahrer versuchte nun, diese nach und nach zu überholen. Als er an den letzten drei Autos vorbei wollte, streifte er ein Auto an der Spitze der Kolonne. Es entstand Sachschaden. Der Mann verlangte danach Schadenersatz von der gegnerischen Haftpflichtversicherung.

Sein Argument: Der andere sei leicht nach links ausgeschert, als er selbst schon beim Überholen mit seinem Auto daneben gewesen war. So hätte der andere den Unfall allein verursacht, weil er gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen hätte. Doch die Versicherung wollte nicht zahlen. Sie argumentierte mit der sehr kurvigen, unüberschaubaren Streckenführung, auch die relativ schmale Straße führte sie als ein Gegenargument ins Feld.

  • Das Urteil: Das Gericht hielt fest: Es gebe keine Verpflichtung, besonders weit rechts zu fahren, um das möglicherweise riskante Überholmanöver eines Kolonnenspringers zu ermöglichen. Es stellte auch klar: Grundsätzlich ist das Überholen von Kolonnen zwar zulässig. Aber aufgrund der Situation mit dem kurvigen Streckenverlauf und der schmalen Straße wäre es hier nicht gefahrlos möglich gewesen. Das Fehlverhalten des Überholenden wog so schwer, dass auch die Betriebsgefahr des anderen Unfallautos zurücktrat. Das Gericht entschied: Die Versicherung des Mannes, der überholt wurde, muss nicht zahlen. Der Kolonnenspringer haftet allein, weil er bei unklarer Verkehrslage überholt hat.

(tar/dpa)

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Fingierter Unfall? Indizien können ausreichen

Update vom 29. Mai: Sprechen zahlreiche Indizien für einen fingierten Verkehrsunfall, muss eine Versicherung wegen der hohen Wahrscheinlichkeit eines Betrugs nicht zahlen. Das zumindest zeigt ein Urteil des Landgerichts Düsseldorf (Az.: 10 O 281/22), auf das die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hinweist.

  • Der Fall: Dabei ging es um einen Blechschaden, den eine Versicherung nicht begleichen wollte. Ein alter Opel Astra war gegen einen hochwertigen Mercedes-Benz CLK gestoßen. Der Kläger brachte dabei vor, dass die Opel-Fahrerin seinen Mercedes beim Einparken beschädigt hätte.

Neben dem starken Unterschied im Wert der Autos machten vor allem folgende Umstände hellhörig: die Art des Unfalls und die sehr schnelle Einigung über die Frage der Haftung. Noch weitere Indizien sprachen für einen fingierten Crash: Unter anderem gab es bei beiden Parteien Insolvenzverfahren, es gab Widersprüche in den Schilderungen zum Unfallhergang - und: Der Mann und die Frau kannten sich vermutlich.

  • Das Urteil: So folgte das Gericht dem sogenannten Indizienbeweis. Demnach reicht die Summe der Beweisanzeichen aus, um von einem manipulierten Verkehrsunfall auszugehen. Die Folge der Entscheidung: Die Kfz-Haftpflichtversicherung der Opel-Fahrerin, gegen die der Mann geklagt hatte, musste nicht für den Schaden aufkommen.

(ff/dpa)

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Haftungsstreit bei Unfall mit ohnmächtigem Fahrer

Update vom 29. April: Eine im Straßenverkehr eintretende plötzliche Ohnmacht muss bei einem Unfall nicht als höhere Gewalt gewertet werden. Sie schützt einen Unfallgegner nicht vor einer Mithaftung, wenn der durch seine eigene Fahrweise den Unfall hätte verhindern können. Das zeigt ein Urteil des Landgerichts Ellwangen, über das die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet (Az.: 6 O 87/22).

  • Der Fall: Abends auf dem Parkplatz eines Drogeriemarktes: Ein Fahrer bekam am Steuer seines Autos einen Schlaganfall, während er fuhr. Er wurde ohnmächtig. Sein Auto stieß mit dem SUV einer Frau zusammen. Die Frau stellte Schadenersatzansprüche an die Haftpflichtversicherung des Mannes. Diese bezahlte nur einen Teil der Forderungen. Die Halterin klagte auf die gesamte Summe, da sie den Unfall aufgrund der Ohnmacht des Fahrers für unabwendbar hielt. Das Landgericht Ellwangen entschied jedoch anders.

Die Ohnmacht des Fahrers sei dem "Versagen der Verrichtungen" gleichzustellen. Das bedeutet vereinfacht das gleiche, als wenn ein Teil am Auto aufgrund eines technischen Mangels seine eigentliche Funktion nicht mehr erfüllen kann. Die Ohnmacht sei daher keine höhere Gewalt. Wie sich in der Verhandlung dann allerdings noch herausstellte, war der Mann kurz zuvor schon einmal im Straßenverkehr ohnmächtig geworden. Somit war die erneute Ohnmacht am Steuer für ihn möglicherweise vorhersehbar und vermeidbar gewesen.

  • Das Urteil: Das Gericht kam zum Ergebnis, dass beide den Unfall mitverursacht hatten. Denn der Mann hatte trotz des vorangegangenen Anfalls wieder am Straßenverkehr teilgenommen. Doch auch die Fahrerin musste mithaften. Ein Gutachten ergab, dass sie eine Kurve bei der Einfahrt in eine Parkfläche stark geschnitten und zudem nicht nach links geblickt hatte. Der Unfall sei demnach auch für die Klägerin nicht unvermeidbar gewesen, heißt es in der Urteilsbegründung. So wurde die Haftung hälftig geteilt.

(mak)

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Kaltes Wetter und schon Sommerreifen? Welches Bußgeld droht jetzt?

Update vom 18. April: Die Regel, von Oktober bis Ostern auf Winterreifen zu fahren, wird gern zitiert. Doch was gilt, wenn bei den aktuell winterlichem Wetter schon Sommerreifen am Auto sind? Der ADAC betont, dass die "O-bis-O"-Regel keine rechtliche Relevanz hat. Wenn es beispielsweise schneit oder die Straßen glatt sind, müssen Autos mit Winterreifen ausgestattet sein. Andernfalls drohen Bußgelder von mindestens 60 Euro und ein Punkt in Flensburg.

Es können auch Schwierigkeiten mit der Versicherung auftreten. Eine Kaskoversicherung könnte beispielsweise nach einem Verkehrsunfall wegen grober Fahrlässigkeit die Leistungen reduzieren. Bei einem unverschuldeten Unfall könnte es auch Ärger mit der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung geben, da man sich laut ADAC je nach Einzelfall ein Mitverschulden anrechnen lassen müsse.

Die sogenannte situative Winterreifenpflicht in Deutschland erfordert stets Winterreifen bei winterlichen Straßenverhältnissen. Wer bereits mit Sommerreifen unterwegs sind, dem empfiehlt der Autoclub, das Fahrzeug bei winterlichem Wetter und glatten Straßen stehenzulassen und stattdessen öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen oder die Winterreifen wieder aufzuziehen.

Es ist dagegen grundsätzlich erlaubt, den ganzen Sommer lang mit Winterreifen zu fahren, jedoch wird davon abgeraten. Die Winterreifen können bei hohen Temperaturen nämlich sehr gefährlich werden. Sie verschleißen nicht nur schneller als im Winter, sondern verlängern auch den Bremsweg erheblich.

Vermeidet man extreme Wetterbedingungen sowohl im Sommer als auch im Winter, könnte man auch Ganzjahresreifen in Erwägung ziehen. Diese Reifen sind auch für den Einsatz im Winter zugelassen. (mak)

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In welchem Fall Sie die Schuld tragen, obwohl Sie nicht Unfallverursacher waren

Update vom 15. April: Bei einem Unfall, an dem ein betrunkener Autofahrer beteiligt ist, trägt dieser oft die Hauptschuld. Und zwar auch dann, wenn sich andere Beteiligte ebenfalls falsch verhalten haben. Das zeigt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt/Main, auf die die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) aufmerksam macht (Az.: 26 U 11/23).

  • Der Fall: Eine Frau erlitt schwere Verletzungen, als sie eine Straße überquerte und dabei von einem Auto erfasst wurde. Es stellt sich heraus, dass dessen Fahrer 0,96 Promille Alkohol im Blut hatte. Die Frau klagte auf Schadenersatz und Schmerzensgeld.
  • Das Urteil: In erster Instanz wurde eine Mithaftung von 50 Prozent ausgesprochen. Die Frau hätte auch besser aufpassen können, so die Begründung. Das OLG als höhere Instanz erhöhte die Quote dann auf 75 Prozent - zulasten des Autofahrers. Zum einen hatte er nicht gebremst und so gegen das allgemeine Gebot zur Rücksichtnahme verstoßen. Als grobe Fahrlässigkeit wertete das Gericht zum anderen den Fakt, dass er betrunken war.

So spreche der sogenannte Anscheinsbeweis dafür, dass die Trunkenheit für den Unfall ursächlich sei, wenn ein nüchterner Fahrer oder eine nüchterne Fahrerin unter der gleichen Verkehrslage und den gleichen Umständen die Situation hätte meistern können. Das war laut Gericht hier der Fall. Denn der Autofahrer hätte freie Sicht gehabt. Wäre er nüchtern gewesen, hätte er die Frau rechtzeitig wahrnehmen und abbremsen können.

Was versteht man unter dem Anscheinsbeweis?

  • Rückschlüsse aus bewiesenen Tatsachen von anderen Fällen können auf zu beweisende Tatsachen übertragen werden – typische Abläufe zum Beispiel.

Allerdings verblieb ein Mitverschulden zu einem Viertel bei der Klägerin. Denn auch sie hätte den Autofahrer erkennen können, als sie auf die Straße gehen wollte. Sie bekam angesichts der Schwere der Verletzungen und der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit ein Schmerzensgeld in Höhe von 70.000 Euro zugesprochen. (mak)

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Gefährdung von Fußgängern reicht für Fahrverbot

Update vom 5. April: Wer abbiegt, ohne dabei auf Fußgänger Rücksicht zu nehmen, muss danach womöglich selbst für eine Weile zu Fuß gehen. Denn ein Fahrverbot kann bereits bei einer Gefährdung verhängt werden - zu einem Unfall mit Verletzung muss es dafür erst gar nicht kommen. Das zeigt ein Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLG), über den der ADAC berichtet. (Az.: ObOWi 1169/23)

  • Der Fall: Ein Autofahrer wollte an einer Ampelkreuzung rechts abbiegen. Auch die Fußgängerampel war grün. Der Mann übersah eine Fußgängerin, die über die Straße ging. Es kam zum Unfall, die Frau erlitt Prellungen und Schürfwunden.

Es folgten ein Bußgeld und ein Fahrverbot von einem Monat. Dagegen legte der Mann Widerspruch ein. Seiner Ansicht nach war er nur kurz unaufmerksam gewesen und die Frau hätte nur leichte Verletzungen zu beklagen. Ein Fahrverbot wäre in seinen Augen nur bei leichtfertigem und rücksichtslosem Verhalten angebracht gewesen.

Das sah das Gericht ganz anders. Zum einen werde bei einer wie hier vorliegenden Verletzung der Sorgfaltspflicht beim Abbiegen mit Unfallfolgen immer ein Regelfahrverbot verhängt. Doch nicht nur das: Bereits eine Gefährdung der Person reicht demnach dafür aus. Daher sei der Verweis auf die geringen Verletzungen nicht stichhaltig.

Auch das Argument einer nur kurzen Unaufmerksamkeit hatte keinen Erfolg. Denn das sei laut Gericht in fast allen Fällen dieser Art so. Das Fahrverbot blieb bestehen. (cze)

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Zu langes Parken auf Supermarkt-Parkplatz: Darf das Kraftfahrtbundesamt Halterdaten herausgeben?

Update vom 9. Februar: Kommt es auf privaten Flächen zu Parkverstößen, dürfen Halterdaten des betreffenden Autos beim Kraftfahrtbundesamt (KBA) erfragt und von diesem auch weitergegeben werden. Voraussetzung: Der Parkplatz muss der Allgemeinheit offenstehen. Das zeigt eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Schleswig-Holstein (Az.: 10 B 78/23), auf die der ADAC hinweist.

  • Der Fall: Eine Frau hatte ihr Auto auf einem Supermarktparkplatz geparkt. Sie überzog die dort zulässige Höchstparkdauer von einer Stunde um 20 Minuten. Auf dem Platz gab es eine Parkraumüberwachung. Um den Verstoß ahnden zu können, befragte der Betreiber des Parkplatzes das KBA, welches die Daten auch weitergab.
  • Das Urteil: Als die Halterin des Autos davon erfuhr, klagte sie im Eilverfahren auf die Unterlassung der Datenweitergabe. Das Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein wies den Antrag allerdings zurück. Denn ausschlaggebend dafür, dass die Daten weitergegeben werden durften, war, dass der Parkplatz der Allgemeinheit zugänglich gewesen sei. Das ist in Paragraf 39 (Absatz 1) des Straßenverkehrsgesetzes geregelt.

(sbi)

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Urteil: Kein Anspruch auf Hochglanzfoto bei Bußgeldverfahren

Update vom 29. Januar: Einen Anspruch auf ein Hochglanzfoto bei Geschwindigkeitsübertretung mit dem Firmenwagen gibt es nicht. Auch ist es als Unternehmer nicht legitim, sich für die Identifikation eines Fahrers allein auf ein Blitzerfoto zu beziehen. Das zeigt das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster.

  • Der Fall: Bei einer Geschwindigkeitsübertretung wurde ein Firmenwagen eines Unternehmens geblitzt. Die Bußgeldstelle schickte daraufhin einen Anhörungsbogen und das Blitzerfoto an den Geschäftsführer der Firma. Auf dem Foto war ein kleiner Bereich des Gesichts verdeckt, ansonsten soll die Qualität gut gewesen sein. Trotzdem forderte der Unternehmer ein Hochglanzfoto, da er angeblich den Fahrer nicht identifizieren könne. Die Behörde übermittelte es nicht. Diese konnte zwar ohne die Angaben des Unternehmers den Fahrer nicht herausfinden. Doch verhängte sie kurz darauf die Auflage zum Führen eines Fahrtenbuchs. Der Unternehmer wehrte sich daraufhin: Nicht er habe die Mitwirkung verweigert, sondern er habe kein geeignetes Foto bekommen. Die Sache ging vor Gericht.
  • Das Urteil: Das Oberverwaltungsgericht Münster wies die Beschwerde zurück. Die Argumentation: Die Zweiwochenfrist wurde eingehalten, um den Unternehmer anzuhören. Nun wäre dessen Pflicht gewesen, den Fahrer für den betreffenden Tag zu recherchieren. Dazu sei nicht allein das Foto geeignet gewesen, sondern unterschiedliche Methoden.

Außerdem war die Abbildung für das Gericht gut genug, um daran den Mitarbeiter zu identifizieren. Einen Anspruch auf einen Hochglanzabzug gibt es nicht, so das Gericht. (tar)

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Gegen eben geleerte Mülltonne gefahren – wer hat Schuld?

Update vom 26. Januar: Wer an einem Fahrzeug der Müllabfuhr vorbeifährt, das gerade mitten im Einsatz ist, muss besonders vorsichtig sein - andernfalls verhält er sich nicht verkehrsgerecht. Das stellte der Bundesgerichtshof (BHG) mit einem am Dienstag in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss klar.

  • Der Fall: Es hatte ein Pflegedienst geklagt, nachdem eine seiner Mitarbeiterinnen mit ihrem Auto gegen eine gerade geleerte Mülltonne gefahren war, die ein Müllwerker zurück über die Straße schob.
  • Das Urteil: Zwar stehe dem Pflegedienst gegen den Abfallwirtschaftsbetrieb Schadenersatz wegen des bei dem Unfall beschädigten Autos zu. Jedoch trage auch die Pflegedienst-Mitarbeiterin eine Mitschuld, so der Senat. Die Frau habe "nicht uneingeschränkt auf ein verkehrsgerechtes Verhalten der Müllwerker vertrauen" dürfen. Sie hätte damit rechnen müssen, dass Müllwerker plötzlich vor oder hinter einem Mülllader auftauchen und entsprechend langsam und vorsichtig fahren müssen.

Die Vorinstanz hatte bei der Frau keinen Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung gesehen und dem Betreiber der Müllabfuhr die Hauptschuld gegeben. Der BGH verwies den Fall jedoch zurück an das zuständige Landgericht Hannover, das nun neu über die Haftungsquote entscheiden muss. (Az.: VI ZR 77/23) (mak)

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Nach Unfall: Was man auf jeden Fall mitangeben sollte

Update vom 24. Januar: Autofahrer sollten Altschäden exakt angeben, wenn sie sich nach einem Unfall beim Versicherer melden. Sonst kann der Verdacht entstehen, dass der Unfall abgesprochen wurde. Das zeigt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf.

  • Der Fall: Ein Autofahrer behauptete, dass die gesamte linke Seite seines Fahrzeuges beschädigt wurde. Dies soll passiert sein, als ein anderer Wagen aus Unachtsamkeit von seiner Fahrbahn abkam und an dem Fahrzeug, das am rechten Fahrbahnrand geparkt war, entlangschrammte. Der Unfall geschah nachts. Es gab keine unbeteiligten Zeugen. Der Autofahrer klagte und forderte eine fiktive Abrechnung. Dabei werden zwar die Kosten für den Schaden von der Versicherung bezahlt. Der Schaden wird aber nicht repariert. Ein Sachverständiger prüfte den Fall und stellte fest, dass sich der Unfall nicht so wie vom Kläger angegeben ereignet haben konnte. Außerdem entdeckte der Gutachter alte, nicht reparierte Schäden. Diese hätte es nach Angaben des Klägers nicht geben dürfen.
  • Das Urteil: Aufgrund des Gutachtens gab es erhebliche Zweifel an dem behaupteten Unfallhergang. Das Landgericht wies die Klage vor diesem Hintergrund ab. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger in die Beschädigung seines Fahrzeuges eingewilligt hätte.

Das Oberlandesgericht bestätigte die Entscheidung und wies auf eine besondere Häufung von typischen Umständen für eine Unfallabsprache hin: Insbesondere das hohe wirtschaftliche Interesse des Klägers an einer gewinnbringenden fiktiven Abrechnung gehörte dazu. Zudem habe der Kläger unreparierte Altschäden verschwiegen und der behauptete Unfallhergang sei nicht plausibel. (tar)

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Standstreifen als Fahrstreifen zweckentfremdet: Wer haftet bei einem Unfall?

Update vom 29. Dezember: Wer den Standstreifen als Fahrstreifen zweckentfremdet, um schneller voranzukommen, muss allein haften, wenn es zu einem Unfall mit einem Fahrzeug kommt, das auf die Autobahn auffährt. Das geht aus einem Urteil des Landgerichts Fulda hervor (Az.: 3 O 56/23), auf das der ADAC hinweist.

  • Der Fall: Dabei ging es um eine Kollision zwischen einem Auto und einem Lkw auf einer Autobahn. Dort stockte der Verkehr und der Lkw-Fahrer wich auf den Standstreifen aus, um voranzukommen. Dort kam es zum Zusammenstoß mit einem Autofahrer, der von einem Parkplatz nach einer Pause wieder auf die Autobahn auffuhr. Nicht nur der Pkw-Fahrer, sondern auch der Lkw-Fahrer forderte im Nachgang Schadenersatz. Der Mann am Steuer des Lastwagens war der Meinung, dass der Autofahrer seinen Lkw leicht hätte erkennen können und daher nicht auf die Autobahn hätte auffahren dürfen. Wenigstens aber aus der grundsätzlichen Betriebsgefahr des Kfz heraus müsse der Autofahrer haften. Es kam zu einem Gerichtsverfahren.
  • Das Urteil: Das Landgericht Fulda gab dem Autofahrer recht und wies die Klage des Lkw-Fahrers ab. Der Standstreifen sei alleinig für Not- und Pannenfälle gedacht und ansonsten freizuhalten, begründeten die Richter.

Dass der Standstreifen von anderen Verkehrsteilnehmern als Fahrstreifen genutzt werde, etwa zum schnelleren Vorankommen, müsse niemand erwarten. Und selbst wenn der Autofahrer den Lastwagen hätte erkennen können, sei das Fehlverhalten des Lkw-Fahrers als so schwer einzustufen, dass die Betriebsgefahr des Autos dahinter zurücktrete, so die Richter weiter. (ff)

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Nach dieser Frist verjähren Verkehrsordnungswidrigkeiten

Update vom 23. Dezember: Manche Verfahren ziehen sich hin. Wer aber erst sehr lange nach einer Verkehrsordnungswidrigkeit verurteilt wird, könnte mit Erfolg dagegen vorgehen. Denn innerhalb von zwei Jahren muss eine entsprechende Entscheidung gefallen sein, ansonsten verjähren Verkehrsordnungswidrigkeiten. Das zeigt ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz (Az.: 4 ORbs 31 SsBs 1/23).

  • Der Fall: Ein Mann fuhr am 10. November 2020 zu schnell. Als Konsequenz folgten ein Bußgeldbescheid und ein Fahrverbot, erlassen am 22. Januar 2021. Dagegen legte der Mann Einspruch ein. Aber erst am 10. November 2022 betätigte das Amtsgericht eine etwas reduzierte Geldbuße sowie das Fahrverbot. Auch dagegen ging der Betroffene juristisch vor. Sein Argument: Die Entscheidung wäre zu spät gefallen.

Das Vorgehen hatte Erfolg, denn das OLG Koblenz bestätigte diese Ansicht in seiner Entscheidung. Die absolute Verjährungsfrist von zwei Jahren habe nämlich mit der Ordnungswidrigkeit - dem zu schnellen Fahren - am 10. November 2020 begonnen und war mit Ablauf des 9. November 2022 geendet. Das erst tags darauf gefällte Urteil war damit hinfällig, und das Verfahren wurde wegen Verjährung eingestellt. (ff)

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Keine Rettungsgasse innerorts: War Bußgeld rechtmäßig?

Update vom 18. Dezember: Auf autobahnähnlich ausgebauten Innerortsstraßen besteht keine Pflicht zur Bildung einer Rettungsgasse. Das wird durch eine Entscheidung (Az.: 201 ObOWi 971/23) des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLG) verdeutlicht, auf die der ADAC hinweist.

  • Der Fall: Ein Mann fuhr mit seinem Lkw auf einer Bundesstraße innerhalb einer geschlossenen Ortschaft. Diese war autobahnähnlich ausgebaut und wies baulich getrennte, zweistreifige Richtungsfahrbahnen auf. Durch einen Unfall weiter vorn verlangsamte sich der Verkehr. Es wurde keine Rettungsgasse gebildet, weswegen ein von hinten kommendes Polizeiauto seine Fahrt eine Zeit lang nicht fortsetzen konnte.
  • Das Urteil des Amtsgerichts: Der Fahrer wurde im Nachgang vom Amtsgericht Augsburg zu einem Bußgeld in Höhe von 240 Euro verurteilt. Dazu kamen ein Fahrverbot und ein Punkt in Flensburg. Das Amtsgericht urteilte entsprechend, da es den Tatbestand des Nichtbildens einer Rettungsgasse im autobahnähnlichen Ausbau der Straße begründet sah.

Dagegen ging der Betroffene vor. Er war der Ansicht, dass dieser Tatbestand innerorts nicht erfüllt sein konnte.

  • Das Urteil des Obersten Landesgerichts: In dem Punkt gab ihm das BayObLG recht. Die Pflicht zur Bildung einer Rettungsgasse gilt nicht für den innerstädtischen Verkehr auf einer Bundesstraße. So argumentierte das BayObLG mit Verweis auf die Straßenverkehrsordnung (StVO, Paragraf 11 Abs. 2). Daran ändert der autobahnähnliche Ausbau der Bundesstraße nichts. Der Bußgeldbescheid war demnach rechtswidrig.

Eine Pflicht zur Bildung einer Rettungsgasse nennt die StVO in dem entsprechenden Paragrafen nur für Autobahnen und "Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen für eine Richtung". Innerorts und auf einspurigen Straßen werde für Rettungsfahrzeuge in der Regel Platz geschaffen, indem die Fahrzeuge an den rechten Rand fahren, so das BayObLG in seiner Entscheidung.

Bei dem Beschluss ging es nur um die Frage, ob auf dem Straßenabschnitt das Bilden einer Rettungsgasse verpflichtend ist. Das wurde mit Verweis auf die StVO klar verneint. Es wurde laut ADAC aber in dem Beschluss darauf hingewiesen, dass wegen der Behinderung des Polizeiautos andere Ordnungswidrigkeiten in Betracht kämen. Die Sache wurde dafür zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. (mak)

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Kurze Strecke im Rausch: Kein Fahrverbot nach Alkoholfahrt?

Update vom 01. Dezember: Einsicht schützt nicht automatisch vor Strafe. Das gilt auch, wenn man während einer Trunkenheitsfahrt die eigene Fahruntauglichkeit einsieht und das Auto wieder abstellt. So sieht es jedenfalls das Bayerische Oberste Landesgericht in einer aktuellen Entscheidung (Az.: 202 ObOWi 780/23), auf die der ADAC hinweist.

  • Der Fall: Ein Mann hatte auf einem Junggesellenabschied gefeiert - inklusive Alkoholgenuss. Im Laufe des Abends gab es einen Streit zwischen dem Mann und seiner Freundin, die sich ad hoc von ihm trennte. Unter diesem Eindruck fuhr der Mann mit dem Auto los. Allerdings wurde ihm seine nicht mehr vorhandene Fahrtauglichkeit schnell klar. Er wendete und fuhr zum Parkplatz der Feier zurück - die zurückgelegte Fahrstrecke betrug rund 200 Meter. Einige Gäste hatten sich aber Sorgen gemacht und bereits die Polizei alarmiert, die kurz darauf eintraf. Die Alkoholkontrolle ergab einen Wert von 0,47 mg/l Atemalkohol. Das entspricht knapp 1 Promille Blutalkohol.
  • Das Urteil des Amtsgerichts: Das betrunkene Fahren zog 500 Euro Bußgeld und ein Monat Fahrverbot nach sich. Bezogen auf das Fahrverbot legte der Betroffene aber Einspruch ein. Das hatte vor dem Amtsgericht Erfolg. Denn es ging in Anbetracht der kurzen Strecke und der sofortigen Umkehr von einer Einsichtsfähigkeit aus, die ein Absehen vom Fahrverbot rechtfertige. Die Staatsanwaltschaft sah das ganz anders und legte Beschwerde ein.
  • Das Urteil des Obersten Landesgerichts: Die Beschwerde hatte Erfolg. So hätte das Amtsgericht nicht berücksichtigt, dass bei dieser Art Ordnungswidrigkeit in der Regel ein Fahrverbot zu verhängen ist, stellte das Oberste Landesgericht fest. Um von so einem Verbot absehen zu können, seien hohe Anforderungen zu stellen, die in diesem Fall nicht vorlägen. Eine Entlastung des Mannes durch die Kürze der Strecke kam für das Oberste Landesgericht nicht infrage: Zum einen, da der Fahrer nachweislich unter psychischem Druck stand, zum anderen, weil die Alkoholisierung nur wenig von der Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit entfernt war. Diese liegt bei 1,1 Promille Blutalkohol.

Auch das im Nachgang gezeigte Verhalten des Mannes, geprägt von Schuldeinsicht und Reue, reichte den Richtern nicht aus, um in Abwägung zur potenziellen Gefahr der Alkoholfahrt im emotionalen Ausnahmezustand vom Regelfahrverbot abzusehen. (mak)

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Fremde Verkehrsvergehen entbinden nicht von Vorsichtspflicht

Update vom 17. November: Wer im Straßenverkehr nicht angemessen reagiert, kann nach einem Unfall für Schäden mit haftbar gemacht werden - auch wenn jemand anderes die Gefahrensituation herbeigeführt hat. Das zeigt eine Entscheidung des Landgerichts Hanau (Az.: 2 S 62/22), auf die der ADAC hinweist.

  • Der Fall: Es ging um einen Mann, der mit seinem Auto auf einer Straße verbotenerweise wenden wollte. Als der Vorgang erst halb abgeschlossen war und er quer zur Straße stand, musste er bremsen, weil Gegenverkehr nahte. Hinter dem Wendenden sah ein Autofahrer zwar das Manöver, bremste aber nicht ab, sondern wurde nur langsamer. Das reichte aber nicht aus, um einen Zusammenstoß mit dem Wendenden zu verhindern. Der Hintermann verlangte vollen Schadenersatz. Seiner Meinung nach war der Wendende allein schuld an der Kollision, da er verbotswidrig gehandelt hatte. Von der gegnerischen Versicherung bekam er aber nur die Hälfte des Schadens ersetzt. Die Sache ging vor Gericht.
  • Das Urteil: Die Kammer gab der Versicherung recht: Zwar sei die Gefahr durch das verbotene Manöver entstanden. Doch hätte der Hintermann nicht darauf vertrauen dürfen, dass dieses abgeschlossen sein wird, wenn er die Stelle erreicht. Die Richter waren vielmehr der Ansicht, dass der Hintermann hätte abbremsen müssen, um sicherzustellen, dass es nicht zum Zusammenstoß kommt. Da er dies nicht getan hatte, müsse sich der Hintermann ein hälftiges Mitverschulden anrechnen lassen.

(cze)

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Viele beachten es nicht: Bei diesen Schildern muss man den Radweg nutzen

Update vom 8. November 2023: Wann Radler mit einem Fahrrad oder Pedelec den Radweg nutzen müssen, ist eindeutig geregelt. Wer sich nicht daran hält, muss mit ernsthaften Konsequenzen rechnen.

Gibt es einen gekennzeichneten Radweg, muss ein Radler ihn nutzen. Tut er das nicht, kostet es nicht nur. Im Falle eines Unfalls kann es schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Das zeigt ein Urteil des Landgerichts Nürnberg (Az.: 6 O 68/22), auf das die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) hinweist.

  • Der Fall: Obwohl ein Radweg klar beschildert war, ignorierte ihn ein Pedelecfahrer und stieß mit einem Fußgänger zusammen. Er haftete allein für den entstandenen Schaden.

Radler müssen zwar nicht jeden vorhandenen Radweg nutzen, eine Pflicht dazu besteht aber, wenn eines dieser Verkehrszeichen dazu auffordert:

Günstiges E-Auto schlägt richtig ein: Verkaufsschlager schon vor Marktstart

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112, 116117 oder doch 110? Mit diesen Notfallnummern können Sie Leben retten

Ein Kind läuft blau an, der Partner greift sich stöhnend an die Brust oder die Nachbarin hat versehentlich das Quecksilberthermometer fallen gelassen – alles Szenarien, bei denen schnelles Eingreifen notwendig ist. Im Video wird erklärt, welche Notrufnummer in welchem Fall angerufen werden muss.

Wer den Radweg trotz Aufforderung nicht nutzt, muss laut ADAC auch mit Bußgeldern ab 20 Euro rechnen. Davon gibt es aber auch Ausnahmen, so der Club: nämlich unter anderem dann, wenn die Benutzung nicht zuzumuten ist - etwa durch Hindernisse wie Laubhaufen, Baugerüste, Schnee und Eis oder parkende Autos. (tar)

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Verwendete Quellen

  • Material der dpa
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