Im Straßenverkehr lauern oft Gefahr, Frust und Streit. Lesen Sie hier aktuelle und aufschlussreiche Urteile sowie Infos aus dem Verkehrsrecht. Zwist auf den Straßen beschäftigt tagtäglich deutsche Gerichte. Bei den Urteilen handelt es sich zwar meist um Einzelfallentscheidungen, doch sind sie lehrreich und vielfach auch Warnung.
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Kurze Strecke im Rausch: Kein Fahrverbot nach Alkoholfahrt?
Update vom 01. Dezember: Einsicht schützt nicht automatisch vor Strafe. Das gilt auch, wenn man während einer Trunkenheitsfahrt die eigene Fahruntauglichkeit einsieht und das Auto wieder abstellt. So sieht es jedenfalls das Bayerische Oberste Landesgericht in einer aktuellen Entscheidung (Az.: 202 ObOWi 780/23), auf die der ADAC hinweist.
- Der Fall: Ein Mann hatte auf einem Junggesellenabschied gefeiert - inklusive Alkoholgenuss. Im Laufe des Abends gab es einen Streit zwischen dem Mann und seiner Freundin, die sich ad hoc von ihm trennte. Unter diesem Eindruck fuhr der Mann mit dem Auto los. Allerdings wurde ihm seine nicht mehr vorhandene Fahrtauglichkeit schnell klar. Er wendete und fuhr zum Parkplatz der Feier zurück - die zurückgelegte Fahrstrecke betrug rund 200 Meter. Einige Gäste hatten sich aber Sorgen gemacht und bereits die Polizei alarmiert, die kurz darauf eintraf. Die Alkoholkontrolle ergab einen Wert von 0,47 mg/l Atemalkohol. Das entspricht knapp 1 Promille Blutalkohol.
- Das Urteil des Amtsgerichts: Das betrunkene Fahren zog 500 Euro Bußgeld und ein Monat Fahrverbot nach sich. Bezogen auf das Fahrverbot legte der Betroffene aber Einspruch ein. Das hatte vor dem Amtsgericht Erfolg. Denn es ging in Anbetracht der kurzen Strecke und der sofortigen Umkehr von einer Einsichtsfähigkeit aus, die ein Absehen vom Fahrverbot rechtfertige. Die Staatsanwaltschaft sah das ganz anders und legte Beschwerde ein.
- Das Urteil des Obersten Landesgerichts: Die Beschwerde hatte Erfolg. So hätte das Amtsgericht nicht berücksichtigt, dass bei dieser Art Ordnungswidrigkeit in der Regel ein Fahrverbot zu verhängen ist, stellte das Oberste Landesgericht fest. Um von so einem Verbot absehen zu können, seien hohe Anforderungen zu stellen, die in diesem Fall nicht vorlägen. Eine Entlastung des Mannes durch die Kürze der Strecke kam für das Oberste Landesgericht nicht infrage: Zum einen, da der Fahrer nachweislich unter psychischem Druck stand, zum anderen, weil die Alkoholisierung nur wenig von der Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit entfernt war. Diese liegt bei 1,1 Promille Blutalkohol.
Auch das im Nachgang gezeigte Verhalten des Mannes, geprägt von Schuldeinsicht und Reue, reichte den Richtern nicht aus, um in Abwägung zur potenziellen Gefahr der Alkoholfahrt im emotionalen Ausnahmezustand vom Regelfahrverbot abzusehen. (dpa/mak)
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Fremde Verkehrsvergehen entbinden nicht von Vorsichtspflicht
Update vom 17. November: Wer im Straßenverkehr nicht angemessen reagiert, kann nach einem Unfall für Schäden mit haftbar gemacht werden - auch wenn jemand anderes die Gefahrensituation herbeigeführt hat. Das zeigt eine Entscheidung des Landgerichts Hanau (Az.: 2 S 62/22), auf die der ADAC hinweist.
- Der Fall: Es ging um einen Mann, der mit seinem Auto auf einer Straße verbotenerweise wenden wollte. Als der Vorgang erst halb abgeschlossen war und er quer zur Straße stand, musste er bremsen, weil Gegenverkehr nahte. Hinter dem Wendenden sah ein Autofahrer zwar das Manöver, bremste aber nicht ab, sondern wurde nur langsamer. Das reichte aber nicht aus, um einen Zusammenstoß mit dem Wendenden zu verhindern. Der Hintermann verlangte vollen Schadenersatz. Seiner Meinung nach war der Wendende allein schuld an der Kollision, da er verbotswidrig gehandelt hatte. Von der gegnerischen Versicherung bekam er aber nur die Hälfte des Schadens ersetzt. Die Sache ging vor Gericht.
- Das Urteil: Die Kammer gab der Versicherung recht: Zwar sei die Gefahr durch das verbotene Manöver entstanden. Doch hätte der Hintermann nicht darauf vertrauen dürfen, dass dieses abgeschlossen sein wird, wenn er die Stelle erreicht. Die Richter waren vielmehr der Ansicht, dass der Hintermann hätte abbremsen müssen, um sicherzustellen, dass es nicht zum Zusammenstoß kommt. Da er dies nicht getan hatte, müsse sich der Hintermann ein hälftiges Mitverschulden anrechnen lassen.
(dpa/cze)
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Viele beachten es nicht: Bei diesen Schildern muss man den Radweg nutzen
Update vom 8. November 2023: Wann Radler mit einem Fahrrad oder Pedelec den Radweg nutzen müssen, ist eindeutig geregelt. Wer sich nicht daran hält, muss mit ernsthaften Konsequenzen rechnen.
Gibt es einen gekennzeichneten Radweg, muss ein Radler ihn nutzen. Tut er das nicht, kostet es nicht nur. Im Falle eines Unfalls kann es schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Das zeigt ein Urteil des Landgerichts Nürnberg (Az.: 6 O 68/22), auf das die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) hinweist.
- Der Fall: Obwohl ein Radweg klar beschildert war, ignorierte ihn ein Pedelecfahrer und stieß mit einem Fußgänger zusammen. Er haftete allein für den entstandenen Schaden.
Radler müssen zwar nicht jeden vorhandenen Radweg nutzen, eine Pflicht dazu besteht aber, wenn eines dieser Verkehrszeichen dazu auffordert:



Wer den Radweg trotz Aufforderung nicht nutzt, muss laut ADAC auch mit Bußgeldern ab 20 Euro rechnen. Davon gibt es aber auch Ausnahmen, so der Club: nämlich unter anderem dann, wenn die Benutzung nicht zuzumuten ist - etwa durch Hindernisse wie Laubhaufen, Baugerüste, Schnee und Eis oder parkende Autos. (dpa/tar)
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Verwendete Quellen
- Material der dpa

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