• Niedrige Sauerstoffwerte können bei Corona-Infizierten ein Alarmsignal sein - vor allem, wenn sich Erkrankte kurzzeitig besser fühlen.
  • Die Werte können auf eine Lungenentzündung hindeuten.
  • Messgeräte für den Heimgebrauch sollen Betroffenen hier mehr Sicherheit geben. Doch ein Pneumologe sieht das kritisch - und weist auf einen besseren Parameter hin.

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Eine Tücke an COVID-19 ist, dass die Krankheit in zwei Phasen verlaufen kann. Zunächst fühlen sich Patienten schwach, haben zum Beispiel grippeähnliche Symptome und den bekannten Verlust des Geschmackssinns. Dann geht es ihnen kurz besser - doch in ihrem Körper entwickelt sich eine Lungenentzündung.

"Sie haben dann zwar ein Krankheitsgefühl und oft eine erhöhte Temperatur, doch in der Regel keine Atemnot. Obwohl wir im CT schon entzündliche Veränderungen der Lunge sehen können", sagt der Facharzt Jens Geiseler von der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin. Und das ist tückisch: Denn genau diese Atemnot sei es, die Patienten sonst zum Arzt gehen ließe.

In dem Fall könnte es aber sein, dass man die Zeichen nicht erkennt oder vielleicht zunächst nicht ernstnimmt. Was fatale Folgen haben kann, wenn die Infektion unbehandelt fortschreitet. Denn es kann zu schweren Lungenschäden kommen.

Um genau diesem Problem der unbemerkten Entzündung vorzubeugen, sind immer wieder Empfehlungen zu lesen, dass Menschen mit COVID-19 sich ein Pulsoxymeter zulegen sollten. Damit sollen sie die Sauerstoffsättigung im Blut messen können und bemerken, falls dieser Wert in drastischer Weise sinkt.

Pulsoxymeter: Nicht für medizinische Zwecke gedacht

Pneumologe Geiseler sieht das aber kritisch. Die Geräte für den Heimgebrauch, die es etwa in Apotheken oder Drogeriemärkten gibt, seien zu ungenau - insbesondere in den niedrigeren, aber in diesen Fällen relevanten Sättigungsbereichen.

Er betont: "Sie sind nicht für medizinische Zwecke gedacht, sondern für Fitness." Das Gleiche gilt für Smartwatches und Smartphones mit dieser Funktion.

Außerdem gebe es viele Faktoren, die eine heimische Messung verzerren könnten: unter anderem die Armhaltung, die Lichtverhältnisse und der allgemeine Zustand der Gefäße. Was dazu führen kann, dass der Wert viel höher ist als tatsächlich - oder umgedreht.

Schnelle Atmung kann Sättigung hochtreiben

Die Bedenken zu den Geräten sind aber nicht die wichtigsten Argumente des Mediziners: Die Sauerstoffsättigung sei vor allem kein verlässliches Symptom für ein frühzeitiges Erkennen solcher gefährlichen COVID-19-Verläufe, betont der Chefarzt für Pneumologie am Klinikum Vest in Marl. "Der sogenannte Sauerstoff-Partialdruck kann auch sinken, ohne dass man das an der Sauerstoffsättigung des Hämoglobins im Körper bemerkt."

Eine schnelle Atmung könne die Sättigung in solchen Fällen noch hochtreiben, obwohl die Lunge schon nicht mehr wie gewohnt arbeitet.

Genau deshalb rät der Facharzt auch, eher die Atemfrequenz im Blick zu behalten. "Sie ist für uns der viel empfindlichere und bessere Parameter in solchen Fällen." Normalerweise atme man 12 bis 16 Mal pro Minute. "Die Patienten, die in der Frühphase einer solchen Lungenentzündung zu uns kommen, haben häufig eine Atemfrequenz von 22 bis 24 Zügen pro Minute, aber keine Luftnot."

Wachsamkeit nach Abklingen der Symptome

Er rät Menschen, die sich mit Corona infiziert haben, auf jeden Fall wachsam zu bleiben - gerade, wenn die ersten Symptome nach einigen Tagen abgeklungen sind. Denn die Entzündungen in der Lunge beginnen laut bisherigem Kenntnisstand oft erst am sechsten bis siebten Tag. "Wenn es dann wieder losgeht mit schnellerer Atmung, würde ich das abklären." Mit Röntgenbildern der Lunge und Blutgas-Messungen könnten Fachärzte das Risiko einschätzen und Behandlungen empfehlen.

Geiseler betont: "Ich würde aber nicht dazu aufrufen, dass jeder sich als Kontrollgerät so ein Pulsoxymeter zulegt, das eigentlich nur für Sport da ist. Die sind zu ungenau für diese Zwecke."

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(dpa/kad)

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