• Endlich kommt der Sommer, und die Corona-Infektionen sinken deutlich.
  • Doch die Länder schauen schon mit Sorge auf die kalte Jahreszeit.
  • Sie wollen sich früh genug gegen eine mögliche neue Infektionswelle rüsten - und nehmen den Bund in die Pflicht.

Mehr aktuelle Informationen zum Coronavirus finden Sie hier

Bund und Länder wollen frühzeitige Vorkehrungen für eine wohl wieder kritischere Corona-Lage im Herbst treffen. Kanzler Olaf Scholz (SPD) sagte nach Beratungen mit den Ministerpräsidenten am Donnerstag in Berlin, alle Handlungsmöglichkeiten, die gebraucht würden, sollten zur Verfügung stehen. Flächendeckende Schließungen von Schulen und Kitas solle es nicht mehr geben. Vor Entscheidungen zu möglichen weitergehenden Schutzvorgaben wie Maskenpflichten sollen aber noch angekündigte Experteneinschätzungen abgewartet werden. Die Länder forderten, auch kostenlose Corona-Bürgertests zu verlängern.

Scholz sagte mit Blick auf gesunkene Infektionszahlen, der Sommer werde wohl als "gute Verbesserung" wahrgenommen. Im Herbst und Winter könnten aber möglicherweise wieder andere Voraussetzungen herrschen. "Deshalb ist die klare Verabredung, dass wir uns genau auf diesen Moment vorbereiten." Nach dem geänderten Infektionsschutzgesetz sind seit Anfang April die meisten staatlichen Schutzvorgaben im Alltag weggefallen. "Wir haben jetzt Sommerreifen drauf", formulierte der Kanzler. Nun gehe es darum, "die richtigen Winterreifen" bereit zu haben, wenn es darauf ankomme - und vielleicht weitere Maßnahmen. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) stagnierte der zuletzt deutliche Rückgang bei den Neuinfektionen in der aktuellen Woche.

Gesundheitsminister Lauterbach plant bereits umfassende Vorkehrungen

Konkret geht es um eine Anschlussregelung für die am 23. September auslaufende Rechtsgrundlage im Infektionsschutzgesetz. In der nächsten Woche will der Corona-Expertenrat der Bundesregierung eine Stellungnahme zum Herbst und Winter vorlegen. Außerdem soll laut Gesetz bis 30. Juni eine Kommission zur Beurteilung der bisherigen Corona-Beschränkungen einen Bericht erstellen - auf Vorschlag der Union soll der Virologe Klaus Stöhr für den ausgeschiedenen Forscher Christian Drosten ins Gremium nachrücken, wie der Gesundheitsexperte Tino Sorge (CDU) mitteilte. Scholz erwähnte zudem eine Auswertung des einst eingerichteten Corona-Krisenstabs. Alle seien nun sehr dafür gewesen, den Expertisen nicht mit "Schnellschüssen" vorzugreifen.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach plant bereits umfassende Vorkehrungen. "Wir dürfen nicht erneut unvorbereitet wie im letzten Herbst in die Krise gehen", sagte der SPD-Politiker im Bundestag. Dazu gehörten neben Änderungen im Infektionsschutzgesetz Konzepte zu Impfungen und Tests, genauere Daten zur Belastung von Kliniken, ein besserer Schutz von Risikogruppen etwa in Pflegeheimen. Das Impfkonzept sehe vor, dass es für alle Virusvarianten, die kommen könnten, den richtigen Impfstoff gebe. Die Länder-Gesundheitsminister hatten einstimmig einen möglichen Katalog etwa mit Maskenpflichten in Innenräumen und Zugangsregeln wie 2G und 3G (Zugang nur für Geimpfte, Genesene oder Getestete) zusammengestellt.

Nach offenem Ärger der Länder über einen ziemlichen Bundes-Alleingang bei den Corona-Lockerungen soll nun mehr Gemeinsamkeit her. "Es ist gut, dass wir zurückkommen zu einer intensiven Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern", sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Hendrik Wüst (CDU) aus Nordrhein-Westfalen. Die Länder baten den Bund, die kostenlose Bürgertests über Ende Juni hinaus zu finanzieren. Damit haben alle auch ohne Symptome Anspruch auf mindestens einen Schnelltest pro Woche an Teststellen durch geschultes Personal und mit Bescheinigung.

Länder wollen Abhängigkeiten von autoritären Regimen vermeiden

Weitere Themen der Ministerpräsidentenkonferenz waren die Energiesicherheiten. Angesichts des russischen Kriegs auf die Ukraine forderte Wüst im Namen der Länder, Abhängigkeiten von autoritären Regimen umfassend zu vermeiden. "Bei allen systemrelevanten Gütern und Technologien" müsse Deutschland unabhängig werden. Das gelte nicht nur für Energie, sondern etwa auch im Gesundheitsbereich.

Die Länder halten ein stärkeres staatliches Vorgehen gegen Energiekonzerne wegen hoher Gewinne infolge des Ukraine-Kriegs für nötig. Die Länder wollen die Bundesregierung bitten, "regulatorische Maßnahmen zu ergreifen, um die weitere Spekulation mit Öl, mit Gas, mit Strom zu unterbinden", sagte Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). Preiserhöhungen der vergangenen Wochen müssten kartellrechtlich überprüft werden. (dpa/fra)