• Gesundheitsminister Karl Lauterbach und Justizminister Marco Buschmann haben das geplante Infektionsschutzgesetz für den Herbst und Winter vorgestellt.
  • Die Länder können ab 1. Oktober neue Maskenpflichten verhängen – aber sie müssen es nicht.
  • Lauterbach geht jedoch davon aus: Wegen steigender Infektionszahlen werden viele Länder davon Gebrauch machen.
Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Fabian Busch sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Die Zeit drängt: Wenn in Deutschland noch im Herbst und Winter Schutzmaßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus gelten sollen, müssten sie in einem Monat in Kraft getreten sein. Jetzt steht fest, welche Regeln die Bundesregierung plant. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) stellten ihren Entwurf für ein neues Infektionsschutzgesetz am Mittwoch in der Bundespressekonferenz vor.

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Mehr Verantwortung für die Länder bei Corona-Regeln

Deutschland müsse auf eine mögliche neue Infektionswelle vorbereitet sein, sagt Lauterbach. "Das Ziel ist, dass wir Todesfälle, schwere Verläufe aber auch eine Überlastung der Kliniken vermeiden." Zu diesem Zweck hat die Bundesregierung jetzt ein durchaus kompliziertes Paket geschnürt - und übergibt die Verantwortung zu einem großen Teil an die Länder.

Buschmann spricht von einem "guten, moderaten und maßvollen Konzept", lobt die eigene Regierung auch für ein "hohes Maß an Transparenz". Der FDP-Politiker weiß natürlich, dass gerade in seiner eigenen Partei der Ruf nach weniger Maßnahmen laut ist. "Viele fragen sich: Kann der ganze Mist nicht endlich vorbei sein?", sagt Buschmann. "Ich würde mir das auch wünschen, aber das Virus ist ja nicht weg."

Diese Schutzmaßnahmen sollen nach dem 23. September gelten - schon im Vorfeld kam Kritik

Die aktuellen Corona-Schutzmaßnahmen laufen am 23. September aus. Auf einen Entwurf für ein neues Infektionsschutzgesetz für die Zeit danach hatten sich Buschmann und Lauterbach Anfang August geeinigt. Auch das Bundeskabinett hat dem Vorhaben am Mittwoch zugestimmt, allerdings mit kleinen Änderungen. Der Bund plant jetzt folgende Maßnahmen:

  • In Flugzeugen sowie im Fernverkehr müssen erwachsene Passagiere weiterhin eine FFP2-Maske tragen.
  • Wer ein Krankenhaus oder Pflegeheim besucht, muss eine FFP2-Maske tragen sowie einen negativen Corona-Test vorlegen. Ausnahmen von der Testpflicht gelten für frisch Geimpfte und Genesene.
  • Die Länder können ab 1. Oktober in einer ersten Stufe zudem eine Maskenpflicht in Innenräumen anordnen, zum Beispiel im Nahverkehr, in Schulen, Restaurants und Freizeiteinrichtungen. Allerdings müssen Menschen, die einen negativen Test vorweisen, von der Maskenpflicht ausgenommen sein. Von dieser Masken- oder Testpflicht können die Länder wiederum frisch genesene und frisch geimpfte Personen befreien. Die genaue Regelung überlässt der Bund den Landesregierungen.
  • Als frisch genesen oder frisch geimpft gilt man, wenn die Infektion beziehungsweise die letzte Impfung nicht länger als drei Monate zurückliegt. Nach Einschätzung von Lauterbach wird das faktisch zu einer weitgehenden Maskenpflicht ab Oktober führen.
  • Stellt ein Bundesland fest, dass die Funktion des Gesundheitssystems gefährdet ist, kann es in einer zweiten Stufe auch weitere Regeln wie Mindestabstände und Maskenpflichten bei Veranstaltungen im Freien anordnen.

Für ihren ersten Entwurf hatten Buschmann und Lauterbach bereits viel Kritik eingefahren. Mehrere Mitglieder der FDP-Bundestagsfraktion hatten angekündigt, den geplanten Regeln nicht zuzustimmen. In einer repräsentativen Civey-Umfrage im Auftrag unserer Redaktion vom 10. bis 16. August mit 5.003 ausgewerteten Antworten zeigte sich auch die Bevölkerung gespalten: 39 Prozent der Befragten sprachen sich für weniger Maßnahmen und 36 Prozent für mehr Maßnahmen aus.

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Wort "Können" spielt eine zentrale Rolle im neuen Infektionsschutzgesetz

Eine kleine Änderung hat die Regierung jetzt bei der Maskenpflicht vorgenommen, die die Länder ab 1. Oktober verordnen dürfen. Das Wort "Können" spielt dabei eine zentrale Rolle. Die Länder können diese Maskenpflicht verordnen. Ausnahmen für die Maskenpflicht müssen für negativ Getestete gelten. Die Länder können aber auch frisch Genesene und frisch Geimpfte von der Maskenpflicht befreien.

Tests werden wahrscheinlich wieder eine größere Rolle spielen, weil bei vielen Menschen die Genesung oder Impfung länger als drei Monate zurückliegt. Neue kostenlose Bürgertests für alle sind nach Auskunft von Lauterbach aber nicht geplant.

Zweifel gibt es noch an der Umsetzbarkeit der neuen Regeln. Wie will zum Beispiel ein Konzertveranstalter überprüfen, ob ein Gast ohne Maske zuvor einen negativen Test vorgezeigt hat oder nicht?

Mehrere Landesregierungen kritisieren zudem zu schwammige Vorgaben von der Bundesregierung und ein regionales Regel-Wirrwarr. "Der Bund macht sich mit dem bisherigen Gesetzentwurf einen schlanken Fuß", hatte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek schon Anfang August mitgeteilt.

Über die mögliche Maskenpflicht in Gastronomie oder im Freizeitbereich sagt Marco Buschmann: "Das sind Optionen, die die Länder ziehen können, aber nicht müssen. Die Länder können immer auch weniger machen."

Beim Gesundheitsminister hört sich das etwas anders an. Lauterbach geht davon aus, dass viele Länder wegen steigender Infektionszahlen die Maskenpflicht ausweiten werden. "Ich rechne nicht mit einem Flickenteppich."

An den Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Civey kann jeder teilnehmen. In das Ergebnis fließen jedoch nur die Antworten registrierter und verifizierter Nutzer ein. Diese müssen persönliche Daten wie Alter, Wohnort und Geschlecht angeben. Civey nutzt diese Angaben, um eine Stimme gemäß dem Vorkommen der sozioökonomischen Faktoren in der Gesamtbevölkerung zu gewichten. Umfragen des Unternehmens sind deshalb repräsentativ. Mehr Informationen zur Methode finden Sie hier, mehr zum Datenschutz hier.

Buschmann: Ohne Maske im Regierungsflieger war "politisch nicht klug"

Für Diskussionen hat zuletzt auch der Flug von Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit Presse- und Wirtschaftsvertretern nach Kanada gesorgt. Dort hatten zahlreiche Personen keine Masken getragen.

Karl Lauterbach wollte das am Mittwoch nicht kritisieren. Die Regeln seien eingehalten worden: Auf Flügen der Luftwaffe sei das Tragen von Masken keine Pflicht, die Passagiere seien zudem getestet gewesen.

Justizminister Buschmann machte dagegen deutlich, dass das Verhalten nicht besonders klug gewesen ist: "Politisch würde ich uns empfehlen, dass wir überall die gleichen Regeln anwenden, die für uns gelten. Sonst entsteht das Gefühl, dass man den Bürgerinnen und Bürgern Dinge zumutet, die für einen selbst nicht gelten."

Verwendete Quellen:

  • Bundespressekonferenz
  • Bundesgesundheitsministerium: Informationen zur Coronavirus-Pandemie (SARS-CoV-2)
  • Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege: Holetschek pocht auf Korrekturen am geplanten neuen Infektionsschutzgesetz
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Teaserbild: © dpa / Wolfgang Kumm/dpa