Schon Ende April könnten sich erste Gerichte in Deutschland mit Klagen wegen möglicher Impfschäden im Zuge der Corona-Impfungen auseinandersetzen müssen. Diese Schäden jedoch nachzuweisen, könnte schwierig werden.
Deutschlandweit sind nach Angaben von Anwälten mindestens 185 Zivilklagen wegen angeblicher Schäden durch Corona-Impfungen anhängig. Zwei Kanzleien in Düsseldorf und Wiesbaden vertreten nach eigenen Angaben 135 beziehungsweise 50 Fälle. Die Klagen richten sich gegen alle vier großen Hersteller von Corona-Impfstoffen.
Der mutmaßlich erste Prozess soll am 28. April vor dem Landgericht Frankfurt verhandelt werden. Beklagter ist der Mainzer Impfstoffhersteller Biontech. Klägerin ist eine Frau, die durch die Covid-19-Impfung unter anderem einen Herzschaden davongetragen haben will. Die Frau, die nach Angaben ihres Anwalts selbst in einem medizinischen Beruf arbeitet, will unbekannt bleiben.
Zivilklagen wegen Corona-Impfschäden: Schwierigkeit des Nachweisens
Jeder Fall muss einzeln verhandelt werden oder es wird ein Vergleich erzielt. Knackpunkt ist die Kausalität: Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Impfung und dem Schaden? Nach Einschätzung von Juristen und Medizinern wird diese Frage am Ende von Gutachtern entschieden werden.
Denn das Nachweisen von Impfschäden ist nicht einfach. Es muss zwischen Impfreaktionen, Impfkomplikationen und schwerwiegenden Nebenwirkungen unterschieden werden. Während Impfreaktionen, wie gerötete Haut oder leichte Fieber normal sind, können Impfkomplikationen zu Impfschäden führen. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) schreibt: "Impfschaden" meint im engeren Sinne "die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge" dieser Komplikation.
"Schwerwiegende Nebenwirkungen" sind in Paragraf 4 des Arzneimittelgesetzes definiert – als Impffolgen, "die tödlich oder lebensbedrohend sind, eine stationäre Behandlung oder Verlängerung einer stationären Behandlung erforderlich machen, zu bleibender oder schwerwiegender Behinderung, Invalidität, kongenitalen Anomalien oder Geburtsfehlern führen".
Die Düsseldorfer Kanzlei hatte nach eigenen Angaben rund 3.000 Anfragen, aus denen 810 Mandate wurden, von denen 135 in Klagen mündeten. Die Wiesbadener Kanzlei berichtete von 850 Mandaten und 50 Klagen. Auch hier wurden Hunderte Fälle als aussichtslos abgelehnt. Branchenkennern zufolge vertreten diese beiden Kanzleien das Gros der Klagewilligen.
Für Covid-19-Impfstoffe gelten im Prinzip dieselben Haftungsregeln wie für andere Arzneimittel, etwa nach dem Arzneimittelrecht oder dem Produkthaftungsgesetz. Der Hersteller kann zur Verantwortung gezogen werden, wenn etwa ein Produktionsfehler vorliegt. Wird das Arzneimittel beispielsweise fehlerhaft verabreicht, haftet die impfende Person.
Der Düsseldorfer Anwalt Tobias Ulbrich erwartet eine "Sachverständigenschlacht" – wenn die Gerichte nicht schon zu Beginn ein "Abschreckungsurteil" fällen, wie er der Deutschen Presse-Agentur sagte.
Das sind die vom Paul-Ehrlich-Institut entdeckten Impfschäden
Das PEI veröffentlicht regelmäßig "Sicherheitsberichte". Darin sind folgende schwere Impfkomplikationen aufgelistet: die Herzkrankheit Myo-/Perikarditis, die im Gehirn auftretende Sinusvenenthrombose und weitere Blutgerinnsel, eine Gesichtslähmung, eine Muskelschwäche namens Guillain-Barré-Syndrom und der Hörschaden Tinnitus. Sie alle sind den PEI-Daten zufolge "selten" (ein Fall pro 10.000 bis 1.000 Impfungen) oder "sehr selten" (weniger als ein Fall pro 10.000 Impfungen).
Dem jüngsten ausführlichen Sicherheitsbericht zufolge – der Daten bis Ende Juni 2022 enthält – gab es 120 Fälle, bei denen zwischen einem Todesfall und der Corona-Impfung ein "wahrscheinlicher oder möglicher ursächlicher Zusammenhang" anerkannt wurde. Laut PEI ist die Zahl der Todesfälle 30 Tage nach einer Corona-Impfung aber nicht häufiger als im statistischen Durchschnitt zu erwarten wäre.
Biontech betont, "dass bisher in keinem der von Biontech geprüften Fälle ein kausaler Zusammenhang zwischen den dargestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen und der Impfung mit Comirnaty nachgewiesen werden konnte".
"Wir nehmen unsere Verantwortung als Impfstoffhersteller sehr ernst", sagte eine Sprecherin der dpa. Biontech prüfe sorgfältig jeden Fall, in dem Ansprüche gegenüber Biontech geltend gemacht werden. Voraussetzung sei allerdings, dass die Anwälte genügend Unterlagen vorlegen. "Bei der Bewertung des Falls können wir uns allein auf die medizinischen Fakten stützen, um zu evaluieren, ob ein kausaler Zusammenhang besteht oder nicht. Genau daran fehlt es leider sehr häufig." (dpa/the)

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