• Etwas mehr als einen Monat ist das Massaker an einer Grundschule in Texas her, das die USA in ihren Grundfesten erschütterte.
  • Jetzt eröffnet ein Schütze am Unabhängigkeitstag das Feuer auf eine Parade.
  • Stundenlang suchte die Polizei den Tatverdächtigen - der nun gefasst ist.

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Nach dem Blutbad mit mindestens sechs Toten bei einer Parade zum Nationalfeiertag der USA nahe Chicago hat die Polizei den mutmaßlichen Schützen festgenommen. US-Medien berichteten am Montagabend (Ortszeit) unter Berufung auf die örtliche Polizei, der Mann sei gefasst worden.

Medienberichten zufolge wurde er anhand seiner Waffe identifiziert. Ermittler hätten DNA-Spuren an dem Gewehr gefunden, das der Verdächtige am Ort des Geschehens in Highland Park nördlich von Chicago (Bundesstaat Illinois) zurückgelassen habe, berichtete der US-Sender NBC News.

Die Behörden gaben das Alter des Verdächtigen zunächst mit 22 Jahren an, in einem Schreiben des FBI hieß es später, er sei 21 Jahre alt. Ermittler hatten zuvor ein Fahndungsfoto des Verdächtigen auf Twitter veröffentlicht. Das FBI hatte mitgeteilt, man fahnde nach dem Beschuldigten wegen "mehrerer Tötungsdelikte" bei der Parade zum Unabhängigkeitstag der USA.

Verdächtiger soll auf Parade nahe Chicago Feuer eröffnet haben

Der Mann wird verdächtigt, am Montagvormittag während der Parade das Feuer eröffnet und mindestens sechs Menschen getötet zu haben. US-Medien berichteten unter Berufung auf die Polizei von mindestens 30 Verletzten.

Ein Arzt in einem Krankenhaus in Highland Park sagte, dort seien Patientinnen und Patienten im Alter von 8 bis 85 Jahren mit Schusswunden behandelt worden, darunter mehrere Kinder.

Ein Sprecher des Sheriff-Büros von Lake County sagte, der Täter habe vermutlich vom Dach eines Geschäftsgebäudes aus wahllos auf die Menge geschossen. Am Tatort sei ein "leistungsstarkes Gewehr" gefunden worden.

Schüsse bei Parade zum Nationalfeiertag in den USA
Ein Polizeibeamter aus Lake County reagiert in der Innenstadt von Highland Park. Ein Schütze hat bei einer Parade anlässlich des Nationalfeiertags in den USA in einem Vorort von Chicago das Feuer eröffnet und mindestens sechs Menschen getötet.

Der Augenzeuge Miles Zaremski sagte dem US-Nachrichtensender CNN, er habe mehrere Verletzte und leblose Menschen gesehen, die auf dem Boden lagen. "Es war herzzerreißend." Er habe rund 30 Knallgeräusche gehört. Menschen seien von der Parade geflohen. "Es war einfach chaotisch."

Die Parade hatte am Montagvormittag (Ortszeit/17:00 Uhr MESZ) begonnen. Kurze Zeit später fielen die ersten Schüsse. "Heute Morgen um 10:14 Uhr wurde unsere Gemeinde durch einen Gewaltakt terrorisiert, der uns zutiefst erschüttert hat", sagte Bürgermeisterin Nancy Rotering. Der leitende Polizist am Tatort, Chris O'Neill, sagte, Polizisten und Rettungskräfte seien bei der Parade anwesend gewesen und hätten sofort reagiert.

Motiv für Tat unklar – Verdächtiger postete wohl Gewalt-Videos

Die Hintergründe der Tat waren zunächst nicht bekannt. Der Verdächtige soll jedoch zuvor Musikvideos mit Szenen von Waffengewalt im Netz veröffentlicht haben. Die Social-Media-Konten, von denen anzunehmen ist, dass sie dem Mann zuzuordnen sind, wurden inzwischen gesperrt.

In archivierten Versionen sind anscheinend Videos des mutmaßlichen Schützen zu sehen, der laut US-Medien versuchte, sich einen Namen als Rapper zu machen. Sie wurden unter einem Pseudonym veröffentlicht.

Ein etwa vor einem Jahr hochgeladenes Video zeigt einen Comic, in dem mehrere Szenen von Erschießungen zu sehen sind. An einer Stelle liegt ein Schütze in einer Blutlache am Boden, umzingelt von Polizisten mit gezückten Gewehren.

Ein weiteres Video zeigt einen Mann mit bunt gefärbtem Haar und mehreren Tätowierungen, unter anderem im Gesicht. Er ist in einem Raum zu sehen, der wohl ein Klassenzimmer darstellen soll. Gegen Ende des Videos posiert er mit einem Schutzhelm und einer Art Einsatzweste vor einer Tafel. Er hält dabei eine US-Flagge hoch.

USA haben mit einem gigantischen Ausmaß an Waffengewalt zu kämpfen

Die USA haben seit langem mit einem gigantischen Ausmaß an Waffengewalt zu kämpfen. Erst Ende Mai richtete ein 18 Jahre alter Schütze an einer Grundschule in Texas ein Massaker an: Er tötete in der Kleinstadt Uvalde 19 Kinder und 2 Lehrerinnen, bevor er von der Polizei erschossen wurde. Gut eine Woche zuvor hatte ein 18-Jähriger im texanischen Buffalo zehn Menschen erschossen, die Ermittler gehen von einem rassistischen Motiv aus.

Die Amokläufe entfachten die Diskussion über schärfere Waffengesetze neu. In den USA sind Schusswaffen oft leicht erhältlich. Nach Angaben der Gesundheitsbehörde CDC wurden 2020 landesweit fast 20.000 Menschen erschossen - mehr als 50 pro Tag.

US-Präsident Joe Biden zeigte sich "schockiert über die sinnlose Waffengewalt, die an diesem Unabhängigkeitstag wieder einmal Trauer über eine amerikanische Gemeinde gebracht hat". In seiner Mitteilung hieß es: "Ich werde den Kampf gegen die Epidemie der Waffengewalt nicht aufgeben."

Biden und seine Demokraten fordern seit langem schärfere Waffengesetze. Weitreichende Reformen scheitern aber immer wieder am Widerstand der Republikaner im Kongress und am Einfluss der mächtigen Waffenlobby-Organisation NRA.

Kongress beschließt leichte Verschärfung der Gesetze

Im vergangenen Monat beschloss der Kongress unter dem Eindruck der Amokläufe von Texas und anderer Bluttaten parteiübergreifend ein Gesetz gegen Schusswaffengewalt, das aber weit hinter Bidens Reformvorschlägen zurückblieb. Experten werteten die Verschärfung des Waffenrechts zwar als die wichtigste seit Mitte der 1990er. Das Gesetz ist inhaltlich allerdings nur ein überparteilicher Minimalkompromiss, den Kritiker als völlig unzureichend rügen.

Das von Biden Ende vergangenen Monats unterzeichnete Gesetz sieht eine intensivere Überprüfung von Waffenkäufern vor, die jünger als 21 Jahre sind. Zudem geht es darum, Gesetze aus Bundesstaaten auszuweiten, um potenziellen Gefährdern Waffen abnehmen zu können. Illegaler Waffenhandel soll auf Bundesebene bestraft werden können.

Zudem sollen Milliarden in psychische Gesundheitsvorsorge und Anti-Gewalt-Programme fließen. Auch für die Sicherheit von Schulen sind weitere Mittel vorgesehen. Das von Biden und seinen Demokraten geforderte Verbot von Sturmgewehren fehlt in dem Gesetz.

Inmitten der Debatte über Schusswaffengewalt hatte das Oberste Gericht der USA das Recht auf das Tragen von Waffen in der Öffentlichkeit im vergangenen Monat ausgeweitet. Der Supreme Court in Washington kippte ein mehr als hundert Jahre altes Gesetz des Bundesstaats New York, wonach man einen triftigen Grund nachweisen muss, um eine Lizenz für das verdeckte Tragen einer Handfeuerwaffe außerhalb des Hauses zu erhalten.  © dpa

Teaserbild: © Brian Cassella/Chicago Tribune/AP/dpa