• In der Silvesternacht feierten viele Menschen friedlich mit Raketen und Böllern.
  • Es kam jedoch auch zu teils heftigen Angriffen auf Einsatzkräfte.
  • Erneut flammt die Debatte um ein Böllerverbot auf.
  • Bundesinnenministerin Nancy Faeser fordert strafrechtliche Konsequenzen, die Bundesregierung verurteilt die Gewalt.

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Wegen teils heftiger Angriffe auf Einsatzkräfte in der Silvesternacht diskutiert Berlin erneut über ein mögliches Verkaufsverbot von Böllern. Kultursenator Klaus Lederer sprach sich am Montagmorgen im RBB-Inforadio für ein bundesweites Verbot aus. "Das müsste bundesrechtlich geregelt werden", sagte der Linken-Spitzenkandidat für die Berliner Wiederholungswahl.

Die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft forderte, Einsatzfahrzeuge mit sogenannten Dashcams auszustatten. Also mit kleinen Kameras, mit denen Angriffe besser dokumentiert werden könnten. "Es ist unvorstellbar, was unsere Einsatzkräfte in dieser Silvesternacht erleben mussten", sagte der Landesvorsitzende Lars Wieg einer Mitteilung zufolge.

In der Silvesternacht waren Polizei und Feuerwehr in der Hauptstadt bei fast 4.000 Einsätzen gefordert. Dabei wurden sie in zahlreichen Fällen etwa mit Böllern und Raketen angegriffen. Die Feuerwehr dokumentierte nach eigenen Angaben Angriffe bei mindestens 38 Einsätzen. Sie beklagte 15 Verletzte. Bei der Polizei waren es 18 Verletzte. In einer vorläufigen Bilanz sprach die Feuerwehr zudem von mehr als 20 verletzten Bürgern.

Bundeskanzler Scholz verurteilt Angriffe "auf das Schärfste"

Die Bundesregierung hat die zahlreichen Angriffe auf Polizei und Rettungskräfte in der Silvesternacht verurteilt. Sie sieht darin aber keinen Anlass für ein bundesweites Verbot von Pyrotechnik zum Jahresausklang.

"Diese teils massiven Übergriffe auf Einsätze von Polizei und Feuerwehr, ehrenamtliche Helfer sowie auch auf Journalistinnen und Journalisten in der Silvesternacht verurteilt die Bundesregierung, natürlich auch der Bundeskanzler, auf das Schärfste", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Montag in Berlin.

Die Regierung habe großes Vertrauen in die Ermittlungsbehörden der Länder, dass die Täter konsequent ermittelt würden. Sie fügte hinzu: "Der Rechtsstaat darf nicht zulassen, dass Menschen, die in unseren Städten friedlich feiern und Einsatzkräfte, die ihren Dienst tun, derartigen Übergriffen ausgesetzt sind."

Auf die Frage, ob nun ein Verbot von Böllern und Silvesterraketen erwogen werde, verwies eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums auf bereits existierende Verbotsregeln – etwa in der Nähe von Krankenhäusern und Altersheimen – sowie die Möglichkeit für Länder und Kommunen, sogenannte Böllerverbotszonen einzurichten.

Giffey: Gewaltbereitschaft in Silvesternacht "schafft Angst und Schrecken"

Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) schrieb am Sonntag bei Twitter, dass der Senat über die Ausweitung von Böllerverbotszonen sprechen werde. In der Silvesternacht gab es stadtweit drei dieser Zonen. Das "Ausmaß an Gewaltbereitschaft und Zerstörung" erschüttere Giffey zutiefst, erklärte sie. "Es schadet unserer Stadt, es schafft Angst und Schrecken und hat mit dem feierlichen Begrüßen des neuen Jahres nichts zu tun", kritisierte die SPD-Politikerin.

Eine solche Ausweitung sieht Kultursenator Lederer kritisch, weil für die Durchsetzung viele Einsatzkräfte benötigt werden. Man könne in der Silvesternacht das Personal nicht vervielfältigen, man müsse mit dem arbeiten, was man habe. "Ich wünsche mir eigentlich, dass wir unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte für das einsetzen, wofür sie da sind, und nicht für Katz-und-Maus-Spiele in der Stadt", sagte Lederer.

CDU-Landeschef Kai Wegner lehnt ein allgemeines Böllerverbot ab. "Ich finde, wir dürfen nicht, weil einige Hundert Chaoten und Verbrecher Polizei und Feuerwehr angreifen, den Familien diese Tradition nehmen", sagte er am Montagmorgen im ARD-"Morgenmagazin". "Das ist ein gesellschaftliches Problem, das Sie nicht mit einem Böllerverbot alleine lösen können, sondern mit Anerkennung, Respekt für die Berufe von Polizei und Feuerwehr und mit der Durchsetzung geltenden Rechts."

Feuerwehrverband: "Es kann nicht sein, dass unsere Leute gefährdet werden"

Die Feuerwehr-Gewerkschaft verwies neben Dashcams in Fahrzeugen auch auf Bodycams, die derzeit getestet würden. Nach früheren Angaben des Berliner Innensenats sind Feuerwehr und Polizei in der Hauptstadt mit 300 dieser Kameras ausgestattet worden. Mit den Geräten sollen brenzlige Situationen gefilmt werden.

Der Deutsche Feuerwehrverband hatte sich vor dem Jahreswechsel für ein hartes Durchgreifen bei Angriffen auf Einsatzkräfte ausgesprochen. "Wir brauchen keine härteren Strafen. Ich möchte nur, dass diese Strafen durchgesetzt werden", sagte Verbandspräsident Karl-Heinz Banse der Deutschen Presse-Agentur. "Es kann nicht sein, dass unsere Leute gefährdet werden, fast überfahren werden und hinterher wird es als Bagatelldelikt dargestellt."

Gewalt gegen Einsatzkräfte: Faeser fordert strafrechtliche Konsequenzen

Ähnlich äußerte sich auch Nancy Faeser: Wer in der Silvesternacht Rettungskräfte oder Polizisten angegriffen hat, sollte dafür aus Sicht der Bundesinnenministerin unbedingt strafrechtliche Konsequenzen spüren. Eine erneute Gesetzesänderung hält die SPD-Politikerin dagegen nicht für notwendig.

"Die Strafvorschriften zum Schutz von Polizei- und Rettungskräften sind in den letzten Jahren zu Recht erheblich verschärft worden", sagte Faeser am Montag. Nun zeige sich, wie notwendig die Gesetzesänderung von 2017 gewesen sei.

Entscheidend sei, dass diese Strafvorschriften nun auch mit aller Konsequenz gegen "Chaoten und Gewalttäter" angewandt und durchgesetzt würden. "Empfindliche Freiheitsstrafen können damit verhängt werden", betonte die Ministerin.

Polizei-Gewerkschaft fordert "harte Urteile" bei Attacken auf Uniformträger

Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, sagte: "Jeder gezielte Angriff auf einen Mensch in Uniform muss zu Ermittlungen und einer Gerichtsverhandlung mit hartem Urteil führen." Zudem müsse jeder Übergriff auf Beschäftigte der Polizei aktenkundig gemacht werden, denn nur so entstehe ein realistisches Bild. Notwendig seien auch eine gute psychologische und seelsorgerische Betreuung der Einsatzkräfte sowie ausreichend Dienstsport, Kuren und Rehabilitationszeiten.

Im Mai 2017 trat das Gesetz zur Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften in Kraft. Seither können Angriffe auf Polizisten, ermittelnde Staatsanwälte, Feldjäger und andere Sicherheitskräfte mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet werden. Zuvor hatte es eine besondere Strafandrohung zudem nur für Angriffe bei Vollstreckungshandlungen wie etwa Festnahmen gegeben, seit der Reform auch während jeder anderen Diensthandlung. Ebenso geschützt werden durch die Änderung Kräfte der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes und der Rettungsdienste. (dpa/tas)

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