Außenministerin Annalena Baerbock hat sich offen gezeigt für Asyl-Vorprüfungen an den EU-Außengrenzen, pocht aber auf die Einhaltung von Menschenrechtsstandards. Asylverfahren an den Außengrenzen seien "Fluch und Chance zugleich", sagte die Grünen-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstag). "Grenzverfahren sind hochproblematisch, weil sie in Freiheitsrechte eingreifen." Aber der Vorschlag der EU-Kommission sei die einzige realistische Chance, in einer EU von 27 sehr unterschiedlichen Staaten auf absehbare Zeit überhaupt zu einem "geordneten und humanen Verteilungsverfahren" zu kommen.
"Deshalb verhandeln wir in Brüssel hart, um sicherzustellen, dass niemand länger als einige Wochen im Grenzverfahren stecken bleibt, dass Familien mit Kindern nicht ins Grenzverfahren kommen, dass das Recht auf Asyl im Kern nicht ausgehöhlt wird." Auf die Frage, ob ihre Partei da mitziehe, sagte
Baerbock warnt vor Abschottung: EU muss handeln, um Grenzkontrollen zu verhindern
"Aber auch ein Nichthandeln hätte bittere Konsequenzen", mahnte Baerbock. Ohne eine gemeinsame europäische Antwort gehe der Trend schon jetzt überall zu "mehr Abschottung, mehr Pushbacks, mehr Zäunen". Und ohne Ordnung an den Außengrenzen sei es nur eine Frage der Zeit, bis ein EU-Land nach dem anderen wieder über Binnengrenzkontrollen rede.
Am 8. Juni wollen sich die EU-Innenministerinnen und -minister in Luxemburg erneut mit dem Thema beschäftigen. Die EU-Staaten versuchen derzeit mit Hochdruck, sich auf Grundzüge einer Reform des europäischen Asylsystems zu einigen, um die seit Jahren heftig gerungen wird. Strittig ist insbesondere die Frage, ob es Vorprüfungen von Asylanträgen schon an den europäischen Außengrenzen geben soll, und eine mögliche Verteilung Geflüchteter in Europa. Es steht im Raum, direkt nach der Registrierung in Außengrenzstaaten zu prüfen, ob jemand Aussicht auf Schutz hat oder nicht. Hintergrund sind Vorschläge der EU-Kommission von 2020.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte sich Anfang des Monats für eine Asyl-Vorprüfung an den Außengrenzen ausgesprochen. © dpa

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