Am 12. Mai jährt sich die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und Israel. Doch wie feierlich kann dieser Tag angesichts des harten Kurses Netanjahus gegen Palästina sein?
Das Umfeld der Feierlichkeiten könnte schwieriger nicht sein: Am Montag jährt sich zum 60. Mal der Tag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und Deutschland. Die Aussöhnung nach dem Schrecken des Holocaust kommt einem diplomatischen Wunder gleich. Die aktuellen Beziehungen sind freilich von wachsender Entfremdung geprägt. Der Hamas-Überfall auf Israel und die israelische Reaktion darauf haben eine zerstörerische Dynamik freigesetzt, welche die deutsche Politik ratlos macht und Fragen zur Zukunft der Beziehungen aufwirft.
Wie begehen die beiden Länder den Jahrestag?
Mit politischer Symbolik auf höchster Ebene: Am Montag kommt Israels Präsident Isaac Herzog nach Berlin, am Dienstag und Mittwoch reisen beide Präsidenten dann gemeinsam durch Israel. Ein solcher Doppelbesuch ist ein Novum, er soll die enge Freundschaft symbolisieren. Geplant sind Begegnungen mit Jugendlichen, Intellektuellen, Politikern und Kibbuz-Bewohnern.
Der 60. Jahrestag fällt freilich in eine Zeit, "in der nicht so recht Freuden- und Feierstimmung aufkommen möchte", sagte ein Berater Steinmeiers. "Wie auch? Wir schauen mit größter Sorge auf Israel. Wir schauen mit größter Sorge auf das Leiden der Zivilbevölkerung im Gazastreifen."
Wie ist die Lage in Israel?
Steinmeiers Besuch gilt einem Land, das traumatisiert und tief gespalten ist. Als Reaktion auf den Hamas-Überfall zerstört Israel im Gazastreifen mit großer Unerbittlichkeit die Lebensgrundlagen der Palästinenser. Im besetzten Westjordanland wächst die Gewalt. Israels Armee ist im Libanon und in Syrien aktiv.
Innenpolitisch steht die Regierung von
Wie steht es um die deutsch-israelischen Beziehungen?
Die Härte, mit der die Netanjahu-Regierung ihre Politik gegen die Palästinenser betreibt, stellt die Bundesrepublik vor ein Dilemma: Dass die Verantwortung für die Sicherheit des jüdischen Staats Teil der deutschen Staatsräson ist, stellt auch die neue Bundesregierung nicht in Frage. Umso schwerer tut sich Deutschland mit einer Positionierung zum Vorgehen Israels im Gazastreifen. Verletzt Israel dabei das Völkerrecht? Kommen dabei deutsche Waffen zum Einsatz? Den Antworten auf solche Fragen wich die Bundesregierung in den vergangenen Monaten aus.
Welche diplomatischen Fallstricke warten auf Steinmeier?
Am Dienstag trifft der Bundespräsident Israels Ministerpräsident Netanjahu in Jerusalem, gegen den ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs wegen Kriegsverbrechen vorliegt. Steinmeier will Israel nach Angaben aus seinem Umfeld zur Mäßigung im Gazastreifen und zur Achtung des Völkerrechts aufrufen - und wird dabei wissen, dass der Einfluss Deutschlands auf Netanjahus ultrarechte Regierung gering ist.
International sucht Netanjahu die Nähe zu autoritär gefärbten rechten Populisten. Mit dem liberalen Präsidenten Herzog verbindet Steinmeier hingegen eine Freundschaft. Ein diplomatischer Balanceakt erwartet den Bundespräsidenten in Israel.
Warum gibt es dennoch Grund zum Feiern?
Der Aufnahme diplomatischer Beziehungen am 12. Mai 1965 war eine zaghafte Annäherung vorangegangen. Undenkbar schien damals, dass zwischen beiden Ländern eine Freundschaft wachsen sollte. Diese Freundschaft soll nun gefeiert und - ungeachtet aktueller politischer Erschütterungen - gepflegt werden.
Die deutsche Außenpolitik setzt darauf, die engen Bande zwischen beiden Gesellschaften zu wahren - mit Wissenschaftsaustausch, Städtepartnerschaften, Kulturbeziehungen und Sport. "Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen war ein historisches Geschenk an Deutschland", heißt es aus dem Bundespräsidialamt. (afp/bearbeitet von lla)