- Alexander Dobrindt fordert, wie schon mehrere Politiker vor ihm, eine längere Laufzeit von Atomkraftwerken.
- Der CSU-Landesgruppenchef hält AKW-Laufzeitverlängerung um fünf Jahre für denkbar.
Die CSU will in der Debatte über längere Laufzeiten von Atomkraftwerken den Druck erhöhen. CSU-Landesgruppenchef
Dobrindt forderte in der "Welt am Sonntag" eine Entscheidung zur "Vernunft-Energie". Mit Blick auf den russischen Präsidenten
Aktuell sind noch drei Atomkraftwerke in Deutschland am Netz: Emsland in Niedersachsen, Isar 2 in Bayern und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg. Sie sollen laut Gesetzeslage aber Ende 2022 abgeschaltet werden. Diskutiert wird unter anderem, sie in einem sogenannten Streckbetrieb einige Monate länger laufen zu lassen. Das schließen auch Grünen-Politiker nicht aus, verweisen aber auf einen neuen Stresstest zur Stromversorgung, den Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) angeordnet hat.
Bundesumweltministerin
Diskussion um Wiederinbetriebnahme von stillgelegten Atomkraftwerken
Längst wird aber auch über die Wiederinbetriebnahme von bereits stillgelegten AKW debattiert. Der bayerische Ministerpräsident
Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann nannte es "offenkundig", worum es Söder, CDU-Chef Friedrich Merz und Politikern der FDP eigentlich gehe: "Die Rücknahme des Atomausstiegs." Die Atomkraft sei eine "gefährliche und teure Hochrisikotechnologie". Dagegen müsse man auf Energieeinsparung, Effizienz und den Ausbau der erneuerbaren Energien setzen. Greenpeace-Atomexperte Heinz Smital betonte ebenfalls mit Hinweis auf die Risiken: "CSU und CDU agieren unseriös, wenn sie so tun, als könne man die Reaktoren einfach weiterlaufen lassen und sogar bereits abgeschaltete AKW wieder in Betrieb nehmen." Fakt sei, dass seit Jahren vorgeschriebene Sicherheitsüberprüfungen der AKW fehlten.
Trittin: "Wir haben ein regionales Problem, und zwar in Bayern"
Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin forderte in Richtung CSU, mehr Strom einzusparen. "Wir haben ein regionales Problem, und zwar in Bayern", sagte der frühere Umweltminister dem "Tagesspiegel". "Dass im Winter die bayerischen Alpen mit Schneekanonen beschneit werden, muss auf den Prüfstand. Wir haben in Bayern ein gigantisches Stromsparpotenzial, das weit über dem liegt, was Isar 2 liefern könnte."
Söder entgegnete, Bayern liege mit 53 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien erheblich über dem Bundesdurchschnitt. Der CSU-Chef verwies zudem auf den Norden und sprach sich dafür aus, die Nutzung einheimischer Gasressourcen durch die Fracking-Methode zu prüfen. "Vor allem in Niedersachsen gibt es nach Ansicht von Experten große Erdgasfelder", sagte Söder. Niedersachsens Wirtschaftsminister und CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl am 9. Oktober, Bernd Althusmann, der sich bei NDR Info für längere AKW-Laufzeiten aussprach, hatte sich aber vor wenigen Tagen ablehnend zum Fracking geäußert und auf das aktuelle gesetzliche Verbot verwiesen.
Der Präsident des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung, Wolfram König, lehnt verlängerte Laufzeiten von Atomkraftwerken in Deutschland ab. König sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung": "Der mühsam errungene gesellschaftliche Konsens würde auch grundsätzlich infrage gestellt werden." Nach der Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima 2011 hatte der Bundestag den Atomausstieg bis 2022 beschlossen. SPD und Grüne unterstützen den Kurs der Koalition von CDU/CSU und FDP. Acht Atomkraftwerke wurden sofort stillgelegt, die übrigen neun folgen stufenweise bis 2022.
Frage um Endlager für radioaktive AKW-Abfälle ungeklärt
Weiter ungelöst ist die Frage über ein Endlager für hoch radioaktive AKW-Abfälle. 2031 soll der am besten geeignete Standort gefunden sein, der Bundestag entscheidet darüber. Ab 2050 sollen Behälter mit strahlendem Abfall unterirdisch eingelagert werden. König vermisst Fortschritte bei der Endlagersuche und hält das Ziel 2031 "für nicht mehr realistisch".
Zur Klärung der Grünen-Position zu längeren Laufzeiten hält Ex-Umweltminister Trittin notfalls einen Parteitag für nötig. "Wenn man ernsthaft eine Änderung des Atomgesetzes wollte, wird das ohne Parteitag nicht gehen", sagte Trittin dem "Tagesspiegel". Trittin betonte, auch ein sogenannter Streckbetrieb sei eine Laufzeitverlängerung. Dafür müsse das Atomgesetz geändert werden. "Das werden wir nicht anfassen", zeigte sich Trittin überzeugt. Denn die FDP hoffe ansonsten, mit der Union zusammen alles Mögliche da neu rein zu verhandeln, meinte er. (dpa) © dpa