Die letzten deutschen AKW sind abgeschaltet. Für CSU-Chef Markus Söder ist die Sache aber noch nicht erledigt. Er will das Kernkraftwerk Isar 2 weiterbetreiben. Doch diese Idee erntet auch bei Verbündeten in der Debatte Kopfschütteln. Und die Grünen wittern reines Wahlkampfkalkül.
Bundesumweltministerin
Die letzten drei verbliebenen deutschen AKW waren am späten Samstagabend abgeschaltet worden, darunter Isar 2 in Bayern.
Lemke pocht derweil auf die Zuständigkeit des Bundes für die Atomkraft und verwies darauf, dass die Länder bei dem Thema im Bundesauftrag handelten. "Es ist geradezu bedrückend, wie ein Ministerpräsident genehmigungs- und verfassungsrechtliche Fragen und Aspekte der nuklearen Sicherheit so leichtfertig ignoriert", sagte die Grünen-Politikerin.
"Selbst wenn man den Reaktor, wie Herr Söder es offensichtlich will, wieder ans Netz bringen möchte, reicht es dazu nicht, ihm eine neue Laufzeit rechtlich einzuräumen. Es bedürfte quasi einer Neugenehmigung des Reaktors."
Grüne sehen Söders Vorstoß als Wahlkampfmanöver
Der frühere Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) sagte der "Welt" (Montag), Söder werfe sich "mit großer Geste hinter einen abgefahrenen Zug". Die Zuständigkeit für die Kernenergie liege nach dem Grundgesetz beim Bund, die Länder führten diese lediglich im Auftrag des Bundes aus.
"Das gilt auch für Bayern, selbst zu Wahlkampfzeiten", betonte Trittin. Aus Sicht von Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt hat Söder mit seinem Vorstoß implizit eine Zusage gegeben, Atommüll in Bayern zu lagern, wie sie in der ARD-Sendung "
"Söders Aussagen sind ein durchsichtiges Wahlkampfmanöver", sagt die Grünen-Bundestagsfraktionschefin Britta Haßelmann mit Blick auf die bayerische Landtagswahl im Oktober. "Das Atomgesetz verlangt seit 2017 den unverzüglichen Abbau der AKW. Wenn Söder jetzt den Rückbau eines Atomkraftwerks verhindern oder verzögern will, muss geprüft werden, ob das nicht Haftungsansprüche gegenüber dem bayerischen Umweltministerium auslöst", erklärte sie.
"Ein bisschen Seriosität muss man doch auch von Markus Söder erwarten können. Statt rückwärtsgewandte Debatten zu führen, wäre Söder gut beraten, in Bayern jetzt endlich den Turbo beim Ausbau der Windkraft und Stromnetze einzulegen und endlich auch Verantwortung für die Endlagersuche für den atomaren Müll zu übernehmen."
Auch die FDP reagiert irritiert
Auch in der FDP, die der Union in der Debatte um Atomenergie in Deutschland deutlich näher steht als die Grünen, zeigte man sich angesichts Söders Vorstoß verwundert. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai machte in der "Rheinischen Post" nochmals deutlich, dass die FDP Sympathie für einen längeren AKW-Betrieb habe, sagte in Richtung Söder aber: "Bis ein Gesetz zur Föderalisierung der Stromerzeugung aus Kernenergie beschlossen wäre, hätte er seine Meinung vermutlich wieder geändert." Als bayerischer Umweltminister habe Söder den Atomausstieg auch noch vorangetrieben.
FDP-Vize Johannes Vogel äußerte sich ähnlich. "Markus Söder wechselt seine Positionen ja wie Unterhosen", sagte Vogel in der ARD-Sendung "Anne Will". "So jemand Erratischem würde ich ungern die Verantwortung für Energiepolitik geben", fügte Vogel hinzu.
Bei der CDU findet Söder hingegen Befürworter seiner Idee. Unionsfraktionsvize Jens Spahn schrieb auf Twitter, es brauche jetzt pragmatische Lösungen. "Wenn Bayern bereit ist, die politische und fachliche Verantwortung für den Weiterbetrieb zu übernehmen, sollte der Bund dies ermöglichen", betonte er.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), sagte der "Rheinischen Post" (Montag), die Kernenergie aufzugeben, sei eine Fehlentscheidung. "Es ist deshalb richtig und Ausdruck seiner Verantwortung als Ministerpräsident, wenn Markus Söder alle Möglichkeiten in Betracht zieht, um diesen groben Fehler doch noch abzuwenden."

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