- Am Freitag empfängt Olaf Scholz Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni.
- Ihr Besuch hat es in sich, denn Meloni ist Vorsitzende der rechtsradikalen Partei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens).
- Auch wenn es zuletzt ruhig um die Regierungschefin geworden ist, üben SPD und Grüne Kritik an ihr und weisen auf ihren postfaschistischen Hintergrund hin.
Bundeskanzler
Scholz dürfte genau hinhören, was
Meloni war bislang auch noch nicht in der Ukraine. Vorgänger Mario Draghi war zusammen mit Scholz und Frankreichs Präsident
Meloni regierte bislang weniger radikal als befürchtet
Melonis Wahlsieg im September war in vielen Ländern der EU mit Sorge aufgenommen worden. Befürchtet wurden Wirtschaftschaos, ein harter Kurs gegen Migranten und neue Unruhe im Verhältnis zu Brüssel. In ihren ersten 100 Tagen agierte Meloni aber weniger radikal als von manchen erwartet. Sie fiel vor allem mit Entscheidungen zu innenpolitischen Aufregerthemen auf - weniger auf internationaler Bühne.
"Melonis erste 100 Tage im Amt zeichnen sich durch sehr vorsichtige Schritte in sensiblen Themenfeldern aus, wie die Beziehung zu Brüssel, die Handhabung der öffentlichen Finanzen und die Unterstützung der Ukraine", sagt Politik-Experte Wolfango Piccoli. Es sei immer noch unklar, wofür sie eigentlich stehe. Ihre Regierung habe bislang nicht viel getan.
Seit der Italienwahl gebe es in Deutschland zudem eine "große Angst vor Meloni", sagte Nathalie Tocci von der italienischen Denkfabrik Istituto Affari Internazionali dem "Spiegel" (Bezahlinhalt). "Und in Italien eine große Skepsis gegenüber Berlin." Auch wenn Tocci bei dem Treffen nun eine "offene Atmosphäre" erwarte, "dürfte es kaum Ergebnisse geben". Immerhin vertreten Italien und Deutschland in wichtigen Punkten wie der Migrations- und der Subventionspolitik unterschiedliche Positionen.
Hofreiter: "Meloni noch immer Vertreterin einer postfaschistischen Partei"
Bisher sei kein Bruch in der italienischen Außenpolitik zu erkennen - auch nicht beim Thema Ukraine, sagte derweil der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag). Zugleich mahnte Schmid Wachsamkeit an. Auch der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter, mahnte, sich von zurückhaltendem Auftreten nicht täuschen lassen. "Meloni ist noch immer die Vertreterin einer postfaschistischen Partei, die extrem rechte Positionen vertritt", sagte der Grünen-Politiker.
Auch der Vorsitzende der deutsch-italienischen Parlamentariergruppe im Bundestag, Axel Schäfer (SPD), warnte davor, die bisherige Zurückhaltung Melonis als Läuterung zu verstehen. "Sie ist und bleibt eine Postfaschistin."
Schäfer warf Meloni vor, mit ihrer Flüchtlingspolitik "auch den Tod von Migranten im Mittelmeer in Kauf" zu nehmen. "Wir müssen die Flüchtlingspolitik in Europa solidarischer und gerechter machen", forderte der SPD-Politiker. "Wir dürfen nicht hinnehmen, dass Menschen Opfer der italienischen Politik werden."
CDU-Mann Hardt: Meloni-Regierung hat "Erwartungen ihrer Partner erfüllt"
Melonis Regierung müsse an ihrer EU-Politik, der Einhaltung rechtsstaatlicher Regeln und ihrer Unterstützung für die Ukraine gemessen werden, forderte dagegen Unions-Außenpolitiker Jürgen Hardt. "Bei allen drei Punkten muss man festhalten, dass die Regierung die Erwartungen ihrer Partner erfüllt hat", sagte er den Funke-Zeitungen.
Wegen des EU-Gipfels in Brüssel Ende kommender Woche will Meloni im Kanzleramt auch das Thema Migration ansprechen, wie aus ihrem Amtssitz zu hören war. Meloni will grundsätzlich verhindern, dass sich Flüchtlinge und Migranten auf den Weg von Nordafrika in Richtung Süditalien machen. Ihre Regierung setzte bereits härtere Regeln gegen Hilfsorganisationen durch, die im Mittelmeer in Not geratenen Migranten helfen.
Dieses Thema war immer wieder Streitpunkt zwischen Berlin und Rom. Viele der Hilfsorganisationen kommen aus Deutschland und fahren unter deutscher Flagge. Rom wollte zwischenzeitlich erreichen, dass die Flaggenstaaten sich der Migranten annehmen sollten, scheiterte aber.
Still geworden ist es um einen Aktionsplan, den Scholz bei einem Besuch in Rom im Dezember 2021 mit Melonis Vorgänger Draghi angeschoben hat. Das Vorhaben soll die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern in verschiedenen Bereichen stärken - ähnlich einer Art Freundschaftsvertrag. (dpa/afp/mbo)

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