Der neue Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen will drei Themen besondere Aufmerksamkeit schenken: Kinder und Jugendliche, synthetische Opioide und Cannabis.
Hendrik Streeck ist den meisten Menschen in Deutschland wohl als Promi-Virologe während der Coronapandemie in Erinnerung geblieben. Nach der Pandemie verschwand auch er aus der medialen Öffentlichkeit wie den Talkshows. Nun ist
Bei der Bundestagswahl hat er das Direktmandat im Wahlkreis Bonn gewonnen und ist für die CDU in den Bundestag eingezogen. Ende Mai wurde der 47-jährige Mediziner dann zum neuen Drogenbeauftragten der Regierung ernannt.
In seiner ersten Pressekonferenz stellt Streeck sich selbst und die geplanten Schwerpunkte seiner Arbeit im Gesundheitsministerium in Berlin vor. Er macht deutlich: Er will das Amt nicht rein politisch, sondern vor allem medizinisch und evidenzbasiert mit Leben füllen. Abseits von Parteitaktiken und Ideologien.
Streeck spricht von einer Gesamtherausforderung für die Gesellschaft
Er habe während seines Studiums in Berlin in einer HIV-Praxis gearbeitet, den Menschen Blut abgenommen und viele von ihnen kennengelernt, sagt Streeck. Dort habe er gelernt: Irgendwann konsumieren Menschen nicht mehr Drogen, sondern Drogen die Menschen. Aber: "Sucht und Drogen sind keine Randthemen."
Stattdessen sei der Umgang damit wie auch die Präventionsarbeit eine Herausforderung für die gesamte Gesellschaft.
Die Stärke eines Systems zeige sich, wo es die Schwächsten schütze, meint Streeck.
Was in der Drogenpolitik gelten müsse: mehr Evidenz, weniger Emotionen. Eine klare Ansage, bedenkt man, wie emotional aufgeladen das Thema Cannabisfreigabe in der vergangenen Legislatur bespielt wurde. CDU und CSU haben noch im Wahlkampf mit dem Thema polarisiert.
Cannabisgesetz soll im Herbst evaluiert werden
Auch Streeck hatte bis vor kurzen seine Einschätzung zum Thema Cannabisfreigabe auf seiner Webseite stehen. "Die Legalisierung von Cannabis schadet unserer Gesellschaft und trotzdem hält die Bundesregierung an ihrem Vorhaben fest." Ein Eintrag, der mittlerweile, wie Streecks andere Standpunkte auf der Webseite, gelöscht ist. Die Erklärung des Drogenbeauftragten dazu: Mit der Übernahme des Amtes seien alle Wahlkampfthemen von der Webseite verschwunden.
Ist damit aber der Ton zur Beurteilung der Cannabisfreigabe im Herbst gesetzt? Streeck sagt, er sei mit guten Argumenten und entsprechenden Ergebnissen bei der Evaluation zu überzeugen, dass das Cannabisgesetz der Ampel kein Fehler war. Doch kritisch steht er dem drogenpolitischen Vorstoß der vergangenen Legislaturperiode in jedem Fall gegenüber.
Entsprechend ist die Evaluation der Freigabe eines von Streecks Schwerpunktthemen für seine Amtszeit. Im Herbst sollen die entsprechenden Daten, die seit der Freigabe gesammelt wurden, ausgewertet und bewertet werden. Und so eine breite Diskussion auf Grundlage von Fakten ermöglicht werden.
Streecks weiteren Schwerpunkte: Der Kinder- und Jugendschutz und die Abwehr einer möglichen synthetischen Opioid-Krise. Wie sein Vorgänger will also auch Streeck den Gesundheitsschutz in den Fokus der Suchtpolitik stellen.
Der digitale Raum und Mediensucht rücken in den Fokus
Mit Blick auf Kinder- und Jugendliche nannte er im Besonderen den digitalen Raum, der in der Präventions- und Aufklärungsarbeit vergessen würde. Fast jedes vierte Kind habe mittlerweile eine mindestens kritische Mediennutzung. Digitale Anwendungen wie Social Media, Spiele, Streams, würden zunehmend zur Gefahr für junge Menschen. Diesem problematischem Anstieg werde zu wenig entgegengesetzt. Hier wolle Streeck gemeinsam mit Gesundheitsministerin Nina Warken und Bildungsministerien Karin Prien (beide CDU) ansetzen.
Auch das Rauschmittel Lachgas, das bei Jugendlichen beliebt und in vielen Städten sogar am Automaten erhältlich ist, besorgt Streeck. Hier gebe es bereits einen Gesetzentwurf, um die Verfügbarkeit zu regulieren.
Drogenbeauftragter warnt vor US-Verhältnissen
Außerdem treiben Streeck synthetische Opioide um. Während seiner Zeit in den USA habe er mitbekommen, wie die Opioid-Krise das Land und die Menschen in der Hand hat. Nun will er verhindern, dass Deutschland auch nur im Ansatz in eine solche Gesundheitskrise rutscht.
Synthetische Opioide sind etwa das starke Schmerzmittel Fentanyl oder Nitazene. Beide Stoffe sind um ein Vielfaches Stärker als Heroin oder Morphium – und können in bereits geringen Mengen tödlich sein. Streeck ist überzeugt: Es sei möglich, gegenzusteuern. Dafür müssten Polizei, Prävention und Suchthilfe eng zusammenarbeiten.
Mit Blick auf die Suchthilfe sagte Streeck außerdem: Er ist der politische Unterstützer der Suchthilfeeinrichtungen – und er weiß, wie wichtig sie sind. Was der Drogenbeauftragte aber auch weiß: Die Kassen sind knapp. Er weist darauf hin, dass er als Beauftragter der Bundesregierung keine gesetzgeberische Kompetenz hat. Vielmehr ist es seine Aufgabe, in die Regierung hineinzuwirken – aber auch verschiedene Akteure der Suchthilfe, Drogenprävention und Wissenschaft zusammenzubringen.
Für seine Amtszeit hat sich Streeck vorgenommen, nicht mit dem erhobenen Zeigefinger Politik zu machen, sondern präventiv zu wirken. Von Verboten und höheren Steuern halte er etwa im Bereich von Tabak und Alkohol wenig. Und doch sei es die Aufgabe der gesamten Gesellschaft hinzuschauen – und darauf zu achten, dass aus Genuss keine Abhängigkeit wird.
Verwendete Quellen
- Besuch der Pressekonferenz
- web.archive.org: "Meine Standpunkte" – Hendrik Streeck (Archiv)
- aerzteblatt.de: "UNO warnt vor neuen synthetischen Drogen – Nitazene gefährlicher als Fentanyl"