Als Gesundheitsminister manövrierte Jens Spahn Deutschland durch die erste Phase der Corona-Pandemie. Doch nach der Bundestagswahl 2021 stand er bei der CDU nicht mehr in der ersten Reihe. Das soll sich nun ändern.

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Der frühere Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) soll neuer Vorsitzender Unionsfraktion werden und in diesem Amt auf den künftigen Kanzler Friedrich Merz (CDU) folgen. Das berichten sowohl die Deutsche Presse-Agentur (dpa), als auch die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf Teilnehmer einer Vorstandsitzung der CDU am Montag.

Bei dieser habe Merz gesagt, er wolle gemeinsam mit CSU-Chef Markus Söder Spahn für den Vorsitz der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vorschlagen.

Der 44 Jahre alte Spahn ist seit mehr als 20 Jahren im Parlament. Zuletzt war er in der Oppositionszeit der Union nach der verlorenen Wahl 2021 einer der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden. Er engagierte sich vor allem in der Wirtschaftspolitik.

Als Gesundheitsminister in der Corona-Krise und zuvor als Parlamentarischer Finanz-Staatssekretär hat der Münsterländer einige Regierungserfahrungen. Er war auch für einen Posten im Kabinett von Merz im Gespräch – letztlich wurde daraus aber nichts.

Spahn gilt als Migrations-Hardliner in der CDU

Spahn ist einer der wenigen, die in der Bundes-CDU gegen den Willen der langjährigen Kanzlerin Angela Merkel Karriere machen konnten. Auf dem CDU-Parteitag 2014 kandidierte er ohne den Segen der Parteiführung in einer Kampfabstimmung für das CDU-Präsidium – und wurde gewählt.

Mit kalkulierten Provokationen machte der gelernte Bankkaufmann aus dem ländlichen Westmünsterland in der Folge auf sich aufmerksam. Mal machte er sich über die "elitären Hipster" in Berlin lustig, die in einer Art Parallelgesellschaft lebten, mal provozierte er mit Aussagen über die hohen Kosten des Sozialstaats.

Ganz besonders arbeitete sich Spahn immer wieder an Merkels liberaler Flüchtlingspolitik der Jahre ab 2015 ab. Der Zuzug vieler muslimischer Flüchtlinge werde Deutschland "ein ganzes Stück machohafter, gewaltaffiner, antisemitischer und religiös intoleranter" machen, schrieb Spahn damals. Bis heute zählt er zu den migrationspolitischen Hardlinern in der CDU.

Pandemie prägte Bild des 44-Jährigen

Das öffentliche Bild Spahns ist noch weitgehend von seiner Zeit als Gesundheitsminister geprägt. Die Corona-Pandemie sicherte ihm damals eine Dauer-Präsenz in den Medien. Zu Beginn der Krise stieg der umtriebige Minister zunächst zum beliebtesten Politiker in Deutschland auf – ehe er mit der langen Fortdauer der Pandemie in der Gunst abstürzte.

Das Ministeramt war für Spahn ein Höllenritt. Er sei zum "Feindbild" von Corona-Leugnern und Verschwörungstheoretikern geworden, schrieb Spahn 2022 in seinem Buch über die Pandemie. Und weiter: "Wie viele andere hat diese Zeit auch mich manchmal bis an mein Limit gebracht."

Mit seinem Buch markierte Spahn einen Neuanfang. Er ließ die Gesundheitspolitik hinter sich und profilierte sich fortan als Wirtschaftspolitiker. Deshalb war er in den vergangenen Wochen auch als möglicher Bundeswirtschaftsminister gehandelt worden. Daraus wurde aber nichts, das Amt soll nun Katherina Reiche übernehmen.

Provokation als Methode? Spahn könnte für Spannungen sorgen

Kurz vor Ostern sorgte Spahn erneut für Schlagzeilen, als er einen anderen Umgang mit der in Teilen als rechtsextremistisch eingestuften AfD forderte. Mit der nun zweitgrößten Fraktion im Bundestag müsse umgegangen werden wie "mit jeder anderen Oppositionspartei", sagte er der "Bild"-Zeitung. Die Politik müsse anerkennen, "wie viele Millionen Deutsche die AfD gewählt haben".

Dies sorgte postwendend für empörte Kritik beim künftigen Koalitionspartner SPD. Auch von CDU-Abgeordneten gab es Widerspruch. Für Merz, der in seiner künftigen Regierung mit den Sozialdemokraten offenen Streit wie in der Ampel-Koalition vermeiden will, könnte Spahn damit kein einfacher Fraktionschef werden.

Bekommt Spahn den Posten des CDU/CSU-Fraktionschefs, wäre er wohl bestens positioniert für noch höhere Aufgaben. Für den 69-jährigen Merz und die vorangegangenen CDU-Kanzler Angela Merkel und Helmut Kohl war das Amt das Sprungbrett ins Kanzleramt. (dpa/afp/bearbeitet von thp)