- Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation "Amnesty International" haben iranische Sicherheitskräfte am Donnerstag mindestens acht Menschen getötet.
- Die Proteste im Iran nach dem gewaltsamen Tod einer 22-Jährigen gingen jedoch auch in der Nacht auf Freitag weiter.
- Die Regierung in Teheran hält bisher an ihrem Kurs fest. Allerdings wurde ein regionaler Sicherheitschef gefeuert, der Proteste gewaltsam niederschlagen ließ.
Bei den Protesten im Iran haben Sicherheitskräfte nach Angaben von Amnesty International am Donnerstag mindestens acht Menschen getötet. Die Sicherheitskräfte hätten "erneut das Feuer auf Trauernde und Demonstranten eröffnet", erklärte die Menschenrechtsorganisation am Donnerstag. Amnesty verurteilte den "rücksichtslosen und rechtswidrigen Einsatz von Schusswaffen". Am Mittwochabend hatten sich zum Ende der Trauerzeit für die gestorbene Kurdin Mahsa Amini tausende Menschen versammelt.
Laut der Menschenrechtsorganisation Hengaw schossen die Sicherheitskräfte dabei in Aminis Heimatstadt Saghes auf Menschen und setzten Tränengas ein. Berichten der iranischen Nachrichtenagentur Isna zufolge waren "fast 10.000 Menschen" zu Aminis Grab auf dem Friedhof in Saghes gezogen.
Sicherheitskräfte schießen offenbar auf Wohnungen
Die 22-jährige Amini war am 16. September in Polizeigewahrsam in Teheran gestorben, nachdem sie von der Sittenpolizei wegen des Vorwurfs festgenommen worden war, ihr Kopftuch nicht den Vorschriften entsprechend getragen zu haben. Aktivisten beschuldigen die Behörden, Amini misshandelt zu haben. Ihr Tod löste eine bis heute andauernde Protestwelle aus. Viele Menschen fordern den Sturz des Systems. Die Europäische Union verhängte am 12. Oktober Sanktionen gegen die iranische Regierung wegen der Niederschlagung der Proteste. Es gilt als äußerst unwahrscheinlich, dass Irans Führung Zugeständnisse macht und gesellschaftliche Lockerungen beschließt.
In Teheran gingen auch in der Nacht zu Freitag wieder zahlreiche Menschen auf die Straße. Vielerorts solidarisierten sich Bewohner auch von den Balkonen mit den Demonstrantinnen und Demonstranten, wie Augenzeugen berichteten. Sicherheitskräfte sollen daher Berichten zufolge auch auf Wohnungen geschossen haben. Neben Protestslogans riefen einige Leute auch nach einem Referendum.
Ungewöhnliche Entlassung
Im Südosten Irans wurde unterdessen der Polizeichef der Großstadt Sahedan nach Kritik entlassen. Dies entschied der Sicherheitsrat der Provinz Sistan-Belutschistan, wie die iranische Nachrichtenagentur Isna am Freitag berichtete. Iranische Medien erklärten, die Entlassung sei Ergebnis einer Untersuchung der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste vom 30. September in der Stadt. Nach dem Freitagsgebet vor vier Wochen sollen in Sahedan Dutzende Menschen von Sicherheitskräften getötet worden sein.
Die ungewöhnliche Entlassung betrachten Beobachter als zunehmende Unstimmigkeit in der Südostprovinz. Auch ein einflussreicher sunnitischer Geistlicher in Sahedan, Maulawi Abdulhamid, kritisierte jüngst den Kurs der politischen Führung in dem mehrheitlich schiitischen Land. Weitere örtliche Geistliche sollen sich seiner Kritik angeschlossen haben. (afp/dpa/fab)