- In Deutschland sollen Ausländer nach Plänen der Bundesregierung bald leichter eine deutsche Staatsangehörigkeit erhalten können.
- Kanzler Olaf Scholz wirbt für eine Reform.
- Scharfe Warnungen kommen aus der Union.
Pläne der Ampel-Koalition für eine Reform des Staatsbürgerschaftsrechts haben eine kontroverse Debatte ausgelöst. Politiker der Union warnten davor, die deutsche Staatsbürgerschaft zu "verramschen" und sehen in den Plänen "sozialen Sprengstoff". Die Grünen warfen der Union ein "verstaubtes Weltbild" vor.
Bundesinnenministerin
Merz: "Die deutsche Staatsbürgerschaft ist etwas sehr wertvolles"
CDU-Chef
Faeser: "Leistung soll sich lohnen"
SPD, Grüne und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass Ausländer in Deutschland leichter eine deutsche Staatsangehörigkeit erhalten können. Faeser treibt das Thema nun voran.
Ein Gesetzentwurf des Innenministeriums sieht vor, dass vor allem Menschen, die bereits mehrere Jahre hierzulande leben, leichter deutsche Staatsbürger werden können. Statt wie bislang nach acht Jahren soll man künftig bereits nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland die Staatsbürgerschaft erhalten können. Bei "besonderen Integrationsleistungen" soll dies sogar schon nach drei Jahren möglich werden - etwa wenn Einwanderer besondere schulische oder berufliche Leistungen oder ehrenamtliches Engagement gezeigt haben oder über besonders gute Sprachkenntnisse verfügen.
"Leistung soll sich lohnen", argumentierte Faeser. "Für den Zusammenhalt in Deutschland ist es entscheidend, dass Menschen, die zu uns kommen, auch gesellschaftlich teilhaben können - dass sie schnell und gut integriert sind."
Die Türkische Gemeinde begrüßte die geplante Reform. Die Initiative sei ein "Paradigmenwechsel", sagte der Vorsitzende Gökay Sofuoglu dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Das deutsche Staatsbürgerschaftsrecht entspricht nicht mehr der Realität unserer Tage; es muss von Grund auf angepackt werden", sagt er. Es gehe auch darum, eine gewisse Gleichstellung zu erreichen und damit mehr Menschen politische Partizipation zu ermöglichen.
Dobrindt: "Staatsbürgerschaft zu verramschen fördert nicht die Integration"
Die Union dagegen wandte sich klar gegen die Pläne. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte der "Bild"-Zeitung: "Die deutsche Staatsbürgerschaft zu verramschen fördert nicht die Integration, sondern bezweckt geradezu das Gegenteil und wird zusätzliche Pulleffekte bei der illegalen Migration auslösen." Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Innenexperte Stefan Heck sprach von einer "inflationären Vergabe deutscher Pässe", die "enormen sozialen Sprengstoff" berge. Faeser müsse die Pläne stoppen, forderte er.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Thorsten Frei (CDU), kritisierte, dass der Besitz mehrerer Staatsbürgerschaften viel einfacher werden soll. Die doppelte Staatsbürgerschaft zum "Standardfall" zu erklären sei höchst problematisch, sagte er der "Rheinischen Post". "Das wäre kein Beitrag zum besseren Zusammenleben, sondern zur Spaltung der Gesellschaft."
Faeser entgegnete: Viele Menschen mit Einwanderungsgeschichte fühlten sich als Deutsche, wollten aber den Bezug zu ihrem Herkunftsland nicht komplett kappen. "Der bisherige Grundsatz im deutschen Staatsangehörigkeitsrecht, Mehrstaatigkeit zu vermeiden, verhindert die Einbürgerung von vielen Menschen, die seit Jahrzehnten in Deutschland leben und hier zuhause sind."
Stephan Thomae, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, kritisierte: "Die Union verkennt nach wie vor, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist." Es sei schlicht falsch, dass das neue Staatsangehörigkeitsrecht keine Anreize zur Integration setze, denn genau das Gegenteil sei der Fall.
Scholz spricht von Deutschland als Land der Hoffnung
"Wir ermöglichen künftig Einbürgerungen schon früher - als Ausdruck eines modernen Einwanderungslandes", sagte Filiz Polat, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion. Was hier nach Jahren der Blockade durch die Union im Bund aufzuholen sei, sei massiv. "Das verstaubte Weltbild der Union hinkt der gesellschaftlichen Realität und einer modernen Gesellschaft hinterher", sagte Polat der der Deutschen Presse-Agentur.
Kanzler Scholz erinnerte daran, dass aus Deutschland in vielen Jahrhunderten viele Menschen ausgewandert seien. "Seit vielen Jahrzehnten ist das anders. Deutschland ist ein Land geworden, das für viele das Land der Hoffnung ist." Für ihn sei es immer sehr berührend gewesen in seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister an Einbürgerungsfeiern teilzunehmen. "Da waren viele mit ihren ganzen Familien und Freunden dabei, haben sich ihre besten Anzüge und Kleider angezogen und waren sehr berührt von dem Moment, wo sie unsere Staatsbürgerschaft erhalten haben. Und gemeinsam haben wir die Veranstaltung stets beendet mit dem Singen der Nationalhymne. Deutschland braucht bessere Regelungen für die Einbürgerung all dieser tollen Frauen und Männer." (dpa/mbo) © dpa