- Es ist die Nachfolgepartei von Italiens Ex-Diktator Mussolini - und doch schloss der Chef von Europas Christdemokraten Manfred Weber ein Bündnis mit den Fratelli d'Italia von Regierungschefin Meloni zuletzt nicht aus.
- Fällt die Brandmauer gegen rechts?
Wegen seiner Kontakte zu Italiens rechter Ministerpräsidentin
Massiver Widerstand gegen Webers Kurs
"Die Brandmauer nach rechts muss immer stehen - von Palermo bis nach Wattenscheid, von Brüssel bis nach Rom", sagt etwa der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke der dpa. Aus der Fraktion heißt es, dass es massiven Widerstand gegen Webers Kurs gebe.
Als Partei- und Fraktionschef habe er natürlich die Ambition, dass die EVP nach der Europawahl 2024 stärkste Kraft bleibe, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er teile die Sorge, was die Geschichte von Melonis postfaschistischer Partei angehe. Aber ganz grundsätzlich gebe es drei fundamentale Prinzipien in der EVP: pro Rechtsstaat, pro Europa, pro Ukraine - "Meloni ist bei Europa konstruktiv, steht an der Seite der Ukraine, und beim Rechtsstaat gibt es in Italien keine Probleme". Eine Absage an ein Bündnis mit den italienischen Postfaschisten klingt anders.
Weber auf der Suche nach neuen Partnern
Dass Weber für seine Parteienfamilie, deren Macht in Europa abnimmt, auf der Suche nach neuen Partnern ist, ist kaum verwunderlich. Aber kann das darin münden, dass die Nachfolgepartei der von Faschisten und Mussolini-Getreuen gegründeten Bewegung MSI EVP-Mitglied wird? Eine Partei, die noch heute eine Flamme in ihrem Wappen hat, die an den Diktator erinnert? Zwei Mal haben Weber und Meloni sich in den vergangenen Monaten getroffen. Meloni selbst ist auch Vorsitzende der rechten Parteienfamilie EKR.
Tatsächlich tritt Meloni, die am Freitag mit militärischen Ehren von Kanzler Olaf Scholz in Berlin empfangen wurde, seit ihrer Wahl im September weniger radikal auf als von vielen befürchtet. Kaum im Amt, stellte sie auch das Wettern gegen die EU ein. Aber reicht das?
Nicht wirklich, befinden Dennis Radtke und andere EVP-Politiker. "Wir dürfen unser Politikverständnis nicht auf reine Machttaktik reduzieren", sagt der CDU-Mann aus dem Ruhrgebiet. Auch Christophe Hansen, Abgeordneter aus Luxemburg, sieht in einem Bündnis mit den Fratelli eine rote Linie. Melonis Partei gehöre nicht in die EVP, sagt er der dpa. Zugleich betont er, dass man mit der italienischen Regierung zusammenarbeiten müsse, da sie nun mal gewählt sei und sich bislang pro-europäisch geäußert habe.
Strategie Webers sei brandgefährlich
Andere Abgeordnete werden deutlicher, allerdings hinter vorgehaltener Hand. Von einer Irrfahrt Webers ist die Rede und massivem Widerstand in der Fraktion. Doch auch abseits der EVP sorgt Webers Flirt mit Meloni für Unverständnis. Die Vizepräsidentin des EU-Parlaments Katarina Barley (SPD) spricht von einem "absoluten No-Go". "Was bei Meloni bislang fehlt, ist die klare Abgrenzung zu Faschismus und Nationalismus." Nicola Beer von der FDP, ebenfalls Vizepräsidentin, wirft Weber vor, "offenbar seinen politischen Kompass an den Nagel" gehängt zu haben, um am rechten Rand zu fischen. Für Daniel Freund (Grüne) stärkt Weber mit seinem Kurs "eine Rechtsaußen-Partei mit extremen Positionen". Diese Strategie sei brandgefährlich für die EU.
Und Weber selbst? Er legt großen Wert auf die drei Grundprinzipien der EVP. Er, der sich stets als Brückenbauer versteht, betont vor allem Melonis konstruktives Verhalten bislang. Zugleich schließt er ein Bündnis mit AfD oder der polnischem PiS-Partei kategorisch aus. Vielmehr sieht er sich als jemand, der das Gespräch sucht und andere in das europäische Projekt zu integrieren versucht.
Söders Beziehung zu seinem Vize gilt als angespannt
Gerade deshalb gilt er in der CSU vielen als Exot. Als CSU-Vize gehört Weber zwar zur Parteispitze, zu Parteichef
Er habe sich "lange" mit Weber zu dem Thema ausgetauscht, sagte Söder. Beide seien sich darüber einig, dass eine Mitgliedschaft von Melonis Partei in der EVP "ausgeschlossen" sei. "Das ist nicht vereinbar, das kann nicht sein, oder auch eine formelle Koalition kann auf keinen Fall gewollt sein", sagte er. "Dass Staaten miteinander reden müssen oder dass man im Gespräch ist, ist etwas anderes. Aber formelle Bindungen sind aus meiner Sicht und aus unserer gemeinsamen Sicht nicht sinnvoll."
Grund für Söders Ansage dürfte auch die Landtagswahl am 8. Oktober in Bayern sein. Mit Blick darauf hat er parteiintern die Regel ausgerufen, alles zu unterlassen, was der CSU Schaden könnte. Dazu gehören öffentliche Streitigkeiten ebenso wie politische Äußerungen, die nicht der Parteilinie entsprechen. Weber wiederum erteilte einem Bündnis mit den Fratelli d'Italia auch in einer Reaktion auf die Söder-Äußerungen erneut keine grundsätzliche Absage. © dpa