Der Countdown für den SPD-Mitgliederentscheid läuft. Noch bis Mitternacht können die SPD-Mitglieder über den Koalitionsvertrag abstimmen.

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Nach der Zustimmung von CDU und CSU zum schwarz-roten Koalitionsvertrag richten sich die Augen auf die SPD: Bis heute Abend, 23.59 Uhr, können die rund 358.000 Parteimitglieder noch über das 144 Seiten starke Vertragswerk mit dem Titel "Verantwortung für Deutschland" abstimmen. Das Ergebnis soll am Mittwoch bekanntgegeben werden. Wenn alles glattläuft, wird CDU-Chef Friedrich Merz am 6. Mai zum Kanzler gewählt.

Bei der SPD-Mitgliederbefragung ist neben der Mehrheit der Stimmen die Beteiligung von 20 Prozent der Parteimitglieder notwendig. Dieses Quorum sei bereits erreicht, hieß es am Montag. Das sei jedoch "kein Grund, sich jetzt die nächsten Stunden zurückzulehnen, wenn man noch nicht abgestimmt hat", sagte Generalsekretär Matthias Miersch. Die Partei-Jugend ist unzufrieden mit dem Koalitionsvertrag, trotzdem gilt eine mehrheitliche Zustimmung zum Vertrag und somit zur geplanten schwarz-roten Koalition als wahrscheinlich.

Juso-Chef Türmer will nachverhandeln

In der Sendung "hart aber fair" bekräftigte Juso-Chef Philipp Türmer sein Nein zum Koalitionsvertrag und pochte auf Nachverhandlungen. Er sieht zum Beispiel Probleme bei der Finanzierung der Pläne.

Die 500 Milliarden Sondervermögen würden nicht reichen. Der Finanzierungsvorbehalt, der schon der Ampel zum Verhängnis geworden war, sei daher eine "tickende Zeitbombe."

Stegner warnt vor AfD im Falle eines Neins

SPD-Politiker Ralf Stegner sich überzeugt geäußert, dass die Parteibasis mehrheitlich mit Ja votieren wird. Als Grund nannte er am Morgen im NDR beachtliche Ergebnisse, die von Seiten der Sozialdemokraten in den Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU hätten erzielt werden können.

Wenn man das schlechte Wahlergebnis der Sozialdemokraten bei der Wahl nehme, sei das ausgehandelte Ergebnis sehr ordentlich "mit zahlreichen wichtigen Punkten für uns, was Rente, was Arbeit, was Mieten angeht", sagte Stegner. Wichtig sei auch das geplante Sondervermögen "für die Investitionen in unsere Zukunft". Dies sei etwas, wofür "wir im Wahlkampf gekämpft haben und was die Union akzeptieren musste".

Stegner verwies zudem auf fehlende Alternativen zum Bündnis mit der Union, insbesondere angesichts der Stärke der in Teilen als rechtsextremistisch eingestuften AfD. "Die SPD hat in ihrer Geschichte (...) niemals zugelassen, dass Rechtsradikale Einflüsse auf Regierungen haben. Und das drohte ja, wenn es hier in der Regierung nicht zustande käme", warnte er.

CDU und CSU stimmten bereits zu

Die CSU hat den Koalitionsvertrag bereits kurz nach der Einigung Mitte April per Vorstandsbeschluss angenommen. Am Montag stimmte auch die CDU auf einem kleinen Parteitag zu. CDU und CSU legten außerdem die Liste ihrer Kabinettsmitglieder vor. Im neuen Kabinett werden bei der Union erneut die Männer in der Überzahl sein. Die CDU schickt vier Männer und drei Frauen, die CSU zwei Männer und eine Frau. Noch deutlicher unterrepräsentiert sind Politikerinnen und Politiker aus Ostdeutschland.

Die SPD will am kommenden Montag - einen Tag vor der geplanten Ernennung von CDU-Chef Merz als Bundeskanzler - ihre sieben Ministerinnen und Minister bekanntgeben. Generalsekretär Miersch sagte, es gebe viele Gesichtspunkte, die berücksichtigt werden müssten. Darunter sei etwa die Frage der Parität, der Ressortzuschnitte und fachlichen Eignung und der regional guten Verteilung künftiger Ministerinnen und Minister. Die SPD darf unter anderem die Spitze des Finanzministeriums besetzen.

Was wird aus SPD-Parteichefin Esken?

In der Partei heftig umstritten ist die künftige Rolle von Parteichefin Saskia Esken. Der Landesvorstand der baden-württembergischen SPD nominierte sie am Montagabend nicht mehr für den Bundesvorstand. Esken hatte nach Angaben der Landes-SPD keine Kandidatur vorgelegt. Landeschef Andreas Stoch sagte: "In Absprache mit Saskia Esken ist das keine Vorentscheidung für die Frage, ob sie wieder als Parteivorsitzende kandidiert oder nicht."

Esken könnte auch ohne Nominierung durch ihren Heimatverband noch als Bundesvorsitzende vom Bundesvorstand nominiert werden oder auf einem Parteitag spontan kandidieren. Die Parteiführung wird im Juni neu gewählt. Der SPD-Generalsekretär in Baden-Württemberg, Sascha Binder, hatte kürzlich erklärt, Esken gehöre nicht zu den vier besten SPD-Frauen. (dpa/ bearbeitet von lko)