Mit dem Start der schwarz-roten Regierung rückt auch die von Friedrich Merz versprochene Migrationswende in den Fokus. Bei "Markus Lanz" versuchte sich Kanzleramtschef Thorsten Frei für die Zurückweisungen an der Grenze zu rechtfertigen und eckte damit bei der Journalistin Karina Mößbauer an. Frei äußerte sich zudem auch deutlich zu den geplanten Sanktionen gegen Russland.

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Das Thema der Runde

Nach einem rund zweistündigen Telefonat am Sonntag zeigten sich sowohl Kremlchef Wladimir Putin als auch US-Präsident Donald Trump hoffnungsvoll. Trump behauptete nicht nur, dass Putin den Angriffskrieg gegen die Ukraine beenden wolle, sondern er stellte auch sofortige Verhandlungen über eine Waffenruhe in Aussicht. Ein konkretes Ergebnis brachte das Gespräch dennoch nicht.

Markus Lanz nahm dies zum Anlass, am Dienstagabend über die Beziehung zwischen Trump und Putin und den Einfluss der USA auf das Kriegsgeschehen in der Ukraine zu debattieren. Gleichzeitig warf der Moderator einen Blick auf die von Friedrich Merz versprochene Migrationswende.

Markus Lanz, Thorsten Frei, Karina Mößbauer, Frank Sauer, Frederik Pleitgen
Markus Lanz (l.) diskutierte am Dienstagabend mit CDU-Kanzleramtschef Thorsten Frei (2.v.l.), Journalistin Karina Mößbauer (Mi.), Politikwissenschaftler Frank Sauer (2.v.r.) und Journalist Frederik Pleitgen. © ZDF / Markus Hertrich

Die Gäste bei "Markus Lanz"

  • CDU-Politiker Thorsten Frei nahm Stellung zu Friedrich Merz' Migrationswende: "Grenzen zu schützen, das ist der Kernbestandteil von Staatlichkeit."
  • Journalistin Karina Mößbauer analysierte das außen- und sicherheitspolitische Kalkül von Kanzler Merz: "Merz hat eine erstaunliche Wandlung durchgemacht - vom Scharfmacher zum Weichspüler."
  • Journalist Frederik Pleitgen äußerte sich zu Donald Trumps Umgang mit Russland: "Er will unbedingt, dass Putin sein Freund ist."
  • Politikwissenschaftler Frank Sauer sprach über die Entwicklung des Ukrainekrieges: "Ich bin zunehmend der Ansicht, dass das, was wir seit Wochen schon sehen, in Wahrheit nur die Simulation von Diplomatie ist."

Das Wortgefecht

Mit Blick auf den Start der neuen schwarz-roten Bundesregierung fragte Markus Lanz kritisch: "Wie geht Ihr Fazit nach mehr als einer Woche der großen Migrationswende?" Während sich der ZDF-Moderator selbst skeptisch zeigte, reagierte CDU-Politiker Thorsten Frei sichtlich zufrieden und stellte in Bezug auf die Zurückweisungen an deutschen Grenzen klar: "Grenzen zu schützen, das ist der Kernbestandteil von Staatlichkeit."

Journalistin Karina Mößbauer kritisierte die Maßnahmen: Während die deutsche Politik "in der Vergangenheit in der Ära Merkel Selfies in die Welt geschickt hat, mit Flüchtlingen und ein freundliches Gesicht zeigen wollte, setzt man jetzt auf Unbarmherzigkeit", konterte sie. "Deswegen greift man schon auch zu so radikalen Maßnahmen, die vielleicht am Ende gar nicht (...) sofort wirksam sind."

Ein Vorwurf, den Thorsten Frei nicht unkommentiert auf sich sitzen lassen wollte: "Das Wort Unbarmherzigkeit würde ich nun wirklich zurückweisen! Weil wenn jemand an der österreichisch-deutschen Grenze auftaucht, dann ist der natürlich überhaupt nicht in Gefahr. Natürlich nicht! Dem geht's in Österreich genauso gut wie in Deutschland. Und an der polnisch-deutschen Grenze gilt exakt das Gleiche." Frei wetterte weiter: "Es geht vielmehr um Konsequenz!", so der neue Kanzleramtschef. "Das Asylrecht sagt nirgendwo, dass man sich das Land seines Aufenthaltes aussuchen kann."

Die Offenbarung des Abends

Im Zentrum der Sendung stand das zweistündige Telefonat zwischen Donald Trump und Wladimir Putin. CNN-Korrespondent Frederik Pleitgen sagte dazu mit ernster Miene: "Von den ganzen Drohungen von der Seite Trumps ist eigentlich nichts mehr geblieben. Die Russen sind da wirklich sehr zufrieden!" Laut Pleitgen wisse Putin nicht nur "genau, wie er mit Trump reden muss", sondern der US-Präsident habe auch eine gewisse "Ehrfurcht und Demut" gegenüber dem russischen Präsidenten: "Er will unbedingt, dass Putin sein Freund ist."

Kein Wunder also, dass sich Thorsten Frei wenig hoffnungsvoll gab, als es um die aktuell stattfindenden Friedensverhandlungen mit der Ukraine ging. Die Rahmenbedingungen seien "denkbar schwierig", weil es offensichtlich geworden sei, dass Russland "gar kein Interesse daran hat, dass die Waffen schweigen. Ganz im Gegenteil!" Frei vermutete daher, dass Putin "auf Zeit" spiele und versuche, "die Europäer und die Amerikaner ganz offensichtlich gegeneinander auszuspielen". Politikwissenschaftler Frank Sauer sah bereits erste Anzeichen dafür und warnte: "Über Trump lernen wir, dass er im Zweifel immer uns Europäern in den Rücken fallen wird und sich auf Putins Seite stellen wird."

Dass Friedrich Merz derweil Russland immer wieder mit Ultimaten droht, "die dann zweimal abgelaufen sind", bezeichnete Karina Mößbauer als wenig hilfreich. "Langfristig verliert er an Glaubwürdigkeit", sagte die Journalistin, auf diese Weise werde man "von Putin absolut nicht ernst genommen". Thorsten Frei hielt jedoch dagegen und sagte: "Natürlich gab es dieses Ultimatum, aber man hat gesagt: Dann, wenn das einträte, (...) würde man mit entsprechenden Sanktionen reagieren und das wird ja auch passieren. An diesem 18. Paket wird gearbeitet!"

Eine Aussage, die Lanz müde lächeln ließ: "Da kommt dieses Signal der großen Entschlossenheit und dann sagt man: Pass auf, wir stellen dir jetzt ein Ultimatum. 30 Tage - und dann passiert nichts! Dann wirkt das wie ein Bluff." Der CDU-Politiker gab daraufhin zu, dass Europa "mehr tun" müsse, "um eine entsprechende Wirkung zu entfalten". Er ergänzte optimistisch: "Es muss natürlich gelingen, Trump auf diese Seite zu ziehen und dann gibt es eine Chance."

Eine Hoffnung, die Frederik Pleitgen nicht teilen konnte. Er machte darauf aufmerksam, dass die Diskussion in Moskau bereits eine völlig andere sei, dort sehe man sich schon kurz davor, "wieder auf dem amerikanischen Markt zu sein". Trump sei laut Pleitgen nämlich "bereit, zu warten, bis Putin bereit ist für einen Waffenstillstand, um dann mit seinen Wirtschafts-Deals zu kommen". Der CNN-Journalist zog daher das ernüchternde Fazit: "Da ist es natürlich fraglich, was europäische Sanktionen da bewegen können, wenn die Russen freie Fahrt haben auf dem chinesischen Markt, freie Fahrt auf dem indischen Markt und dann irgendwann auch Deals mit den USA machen."

Der Erkenntnisgewinn

Trotz der scheinbaren Freundschaft zwischen Putin und Trump, wollte Thorsten Frei bei "Markus Lanz" die Hoffnung nicht aufgeben: Es sei "aller Mühen wert", dass "die Amerikaner an unserer Seite bleiben". Dennoch müssten die Europäer laut dem CDU-Mann auch "gemeinsam zu einer Stärke finden, die es uns ermöglicht, unsere Interessen auch wirklich zu vertreten".

Dazu zähle laut Frei auch, dass Deutschland mehr für die eigene Verteidigung ausgeben müsse: "Der entscheidende Punkt ist, dass wir deutlich mehr tun müssen." Man liege jetzt "bei etwa zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts und wir werden das deutlich erhöhen müssen". Eine Steilvorlage für Lanz, der wissen wollte: "Notfalls auch fünf Prozent?" Thorsten Frei nickte: "Wenn Sie die Frage so stellen - die kann man immer (...) mit Ja beantworten, weil wir werden alles tun, um uns verteidigen zu können."  © 1&1 Mail & Media/teleschau

Teaserbild: © ZDF / Markus Hertrich