Bei Miosga ging es am Sonntagabend um die aktuellen Aussichten auf Frieden im Ukraine-Krieg. Gesprächsanlass bot vor allem das zwischen Kiew und Washington beschlossene Rohstoffabkommen.
Die Runde warnte vor zu großem Optimismus und Ex-Vizekanzler
Das ist das Thema
Das sind die Gäste
- Sigmar Gabriel (SPD): Der ehemalige Vizekanzler und Vorsitzende der Atlantikbrücke sagte: "Wir haben die strategische Frage: 'Was wollen wir eigentlich?' nie richtig beantwortet." Das strategische Interesse sei, dass die Kontrolle der Konfliktzone entlang der Grenze Ukraine zu Russland erfolgt und nicht an der jetzigen Nato-Linie. "Das haben wir weder unserer eigenen Bevölkerung noch weiter südlich liegenden europäischen Mitgliedstaaten erklärt", kritisierte er.
- Nicole Deitelhoff: Die Politikwissenschaftlerin ist Leiterin des Leibniz-Instituts für Friedens- und Konfliktforschung. Sie sagte über das Rohstoffabkommen: "Damit ist eine der wesentlichen Sorgen der Ukrainer, dass die USA als Unterstützer wegbrechen könnten, fast vom Tisch. Wenn die USA dauerhaft am Rohstoffabkommen verdienen wollen, müssen sie investieren und sie können das mit Militärhilfe tun."

- Franz-Stefan Gady: Der Militäranalyst und Politikberater sagte: "Es wird zu viel in das Rohstoffabkommen hineininterpretiert. Letztendlich wissen wir, wo Trump hingehen will im Breiten: Er will das Ukraine-Problem früher oder später an die Europäer übergeben."
- Rebecca Barth: Die Journalistin ist ARD-Korrespondentin in Kiew. Sie meinte: "Die Menschen in der Ukraine unterstreichen das Wort 'Handeln'. Mittlerweile haben sie von Europa den Eindruck: Wir sagen nette Dinge, aber dann dauert es sehr lange, dann kommt nicht richtig was. Wenn da die neue Regierung ihren Beitrag leistet, dass man entschlossener ist, würden sich viele Menschen in der Ukraine sicherlich freuen."
Das ist die Offenbarung
Moderatorin Miosga wollte von Korrespondentin Barth wissen, ob sich die Stimmung der Menschen in der Ukraine zuletzt verändert hat, vor allem in Bezug auf Gebietsabtretungen. Barth antwortete: "Wenn wir danach fragen, ob die Ukraine bereit ist, Gebiete abzutreten, tun wir so, als ob es um Gebiete gehen würde. Das ist eine falsche Annahme." Es gehe Putin nicht um Gebiete, sondern um die Zerstörung der freien und souveränen Ukraine. "Gebietsabtretungen gleich Frieden ist eine Gleichung, die hochproblematisch ist", so die Expertin.
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Das ist das Wortgefecht
Militäranalyst Gady rechnete vor, wie viel europäische Kapazitäten man bräuchte, um einen Frieden in der Ukraine mit abzusichern: "Im Durchschnitt sind wir auf etwa drei bis fünf Brigaden gekommen." Man spreche dann von Streitkräften mit 36.000 bis 50.000 Mann. "Das kann Europa aus militärischer Perspektive", war er sich sicher.
Gabriel hingegen meinte: "Die EU wird gar nichts können, genug Staaten wollen das nicht. Wenn überhaupt, geht es nur neben der EU", sagte er. Dann sei aber die Frage, ob man NATO-Strukturen dafür nutzen könne. "Wenn sie das nicht können, dann viel Spaß bei dem Versuch, das auf die Beine zu stellen. Das schaffen wir nicht", warnte er. Die Ukraine brauche aber jetzt eine Antwort auf die Frage, wer ihr Frieden sichere.
Das sind die Erkenntnisse
Die Runde war sich einig: Das Rohstoffabkommen zwischen Washington und Kiew hat symbolisch eine wichtige Wirkung, warnte aber vor zu großem Optimismus. Eine der zentralen Fragen bleibt, welche Sicherheitsgarantien der Ukraine gegeben werden können – und auch konkret von wem. Gabriel erinnerte derweil: Die kommende Regierung drohe, die innenpolitische Gefolgschaft für außenpolitische Notwendigkeiten zu verlieren. Das sei eins der größten Probleme.