Grüne und Linkspartei halfen Friedrich Merz (CDU) am Dienstag bei der Kanzler-Wahl aus der Patsche. Bei Maybrit Illner sollte Innenminister Alexander Dobrindt (CDU) über das Verhältnis zur Linken Auskunft geben. Doch der Bayer wurschtelte sich durch die 75-minütige Sendung. Die Frage, ob Merz und die Koalition schon beschädigt sind, beantworte eine Journalistin überraschend.
Das Thema der Runde
Die misslungene Kanzler-Wahl von
Nur mit Stimmen von Grünen und Linkspartei für eine Änderung der Geschäftsordnung konnte Merz am selben Tag im zweiten Wahlgang doch noch zum zehnten Kanzler der Republik gewählt werden. Das Thema bei

Die Gäste
Katharina Dröge: Die Vorsitzende der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen warf der Groko vor der Kanzlerwahl "handwerkliche Fehler" vor. Alle drei Parteien hätten nicht in ihre Fraktionen hineingehört. Die Koalition stehe erstmal auf wackeligen Beinen.
Julia Reuschenbach: Die Politikwissenschaftlerin sah in der verpatzten Wahl eine Kontinuität zum unglücklichen Wirken von Friedrich Merz seit der Bundestagswahl im Februar. Mit seiner Ankündigung, Hunderte Milliarden Euro Schulden für Infrastruktur und Aufrüstung aufzunehmen, hatte der CDU-Chef ein zentrales Wahlversprechen gebrochen.
Melanie Amann: Die stellvertretende "Spiegel"-Chefredakteurin rechnet nicht zwangsläufig damit, dass Merz' Niederlage im ersten Wahlgang ("Ein Unfall, ein Blechschaden") ein Vorbote für die kommenden vier Regierungsjahre ist. Sie würde sich nicht wundern, wenn der Katastrophenstart eine disziplinierende Wirkung auf die Koalition hätte.
Das Wortgefecht des Abends
Setzt die Union AfD und Linkspartei, wie es ihr Unvereinbarkeitsbeschluss vorgibt, weiter auf eine Stufe, oder ändern die Konservativen ihre Haltung zur Linken nach der jüngsten Zusammenarbeit im Bundestag nun auch offiziell? Alexander Dobrindt will davon, anders als der neue Kanzleramtschef Thorsten Frei, nichts wissen. Er spricht lediglich von einer Zusammenarbeit bei prozessualen Entscheidungen, für die eine Zweidrittelmehrheit benötigt wird.
Spiegel-Frau Amann kritisiert Dobrindt dafür: "Sie versuchen das als Formalie abzutun, was da passiert ist. Sie haben sich im Koalitionsvertrag das eine oder andere vorgenommen, für das Sie auch eine Zweidrittelmehrheit benötigen. Da werden Sie auch auf die Linke zugehen müssen", sagte sie mit Verweis auf die mögliche Reform der Schuldenbremse. "Es ging darum, überhaupt einen Kanzler zu wählen, überhaupt eine Regierung ins Amt zu wählen. Diese fundamentale Entscheidung kriegen Sie nicht ohne die Leute hin, die Sie als grünen Spuk bezeichnet haben im Wahlkampf", so Amann weiter.
Dobrindt wies die Kritik zurück: "Entschuldigung, wo ist denn da der Vorwurf?", fragte er zurück. "Es gibt ein Wahlergebnis, das hat einen Bundestag zusammengestellt." Dobrindt stellte sein Handeln als lösungsorientiert dar. Da ging Amann dazwischen: "Sie haben keine Lösung konzipiert, die Grünen und die Linken haben eine Lösung konzipiert." Der Bayer schüttelte mit dem Kopf. Amann legte nach. "Am Montag verteufeln Sie die, am Sonntag von der Kanzel heißt es wieder: Es ist ein grüner Spuk." Nun setzte sie zum K.o.-Schlag an. "Ich mache Ihnen den Vorwurf der Heuchelei." Dobrindt konnte so viel mit dem Kopf schütteln, wie er wollte, inhaltlich hatte Amann einen Punkt.
Die Offenbarung des Abends
Julia Reuschenbach erläuterte, wie die Zusammenarbeit der Union mit der Linken (trotz des Unvereinbarkeitsbeschlusses) gerade bei konservativen Wählern ankommen dürfte: als Form von Inkonsequenz. Die Folgen könnten in den Augen der Politologin schwerwiegend sein: "Das ist geeignet, das Vertrauen in die politische Mitte zu schädigen."
Für die Union ist es ein Dilemma: Arbeitet sie offen mit der Linkspartei zusammen, kostet sie das wahrscheinlich viele Stimmen. Lehnt sie die Zusammenarbeit mit den Sozialisten kategorisch ab, wäre eine Reform der Schuldenbremse nur mit der AfD möglich – was ebenfalls viele Stimmen kosten würde.
Der Erkenntnisgewinn
Wie stark ist Kanzler Friedrich Merz nach seinem Stolperstart? Alexander Dobrindt wollte die ganze Debatte um die 18 Abweichler des ersten Wahlgangs schnell hinter sich lassen – und Gastgeberin Maybrit Illner ließ ihm das durchgehen.
Unklar blieb auch das künftige Verhältnis zur Linkspartei. Unvereinbarkeit, prozessuale Zusammenarbeit – ja was denn nun? Schafft die Union keine Klarheit, wird sich die AfD die Hände reiben.