Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) war bei "Maischberger" zu Gast. Er äußerte sich zu seinen politischen Zielen, dem Zustand der Koalition und zu außenpolitischen Krisenherden. Dabei kündigte er eine kontroverse Debatte an, fing sich von Sandra Maischberger den Vorwurf einer "Scholzschen Redewendung" ein und sagte an einer Stelle: "Das ist doch grober Unfug." Besonders deutliche Worte formulierte Merz in Richtung Israel: "Ihr verliert eure besten Freunde."

Eine TV-Nachlese
Diese TV-Nachlese gibt die persönliche Sicht von Marie Illner auf die Sendung wieder. Sie basiert auf eigenen Eindrücken und ordnet das Geschehen journalistisch ein. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Bei "Maischberger" war am Dienstag (01. Juli) nur einer zu Gast: Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). Mit ihm sprach sie über seine Ziele als Bundeskanzler, seine Jugend, die Knackpunkte in der Koalition und seine außenpolitischen Ansprüche.

Eine Offenbarung gab es schon zu Beginn der Sendung. Gefragt, ob sich mit dem Amt als Bundeskanzler ein Lebenstraum erfüllt habe, sagte er: "Das wird Sie jetzt überraschen: nein." Er habe alle Etappen, die er bislang gemacht habe, gerne gemacht – ohne von der nächsten zu träumen.

Friedrich Merz will mehr sein als nur Krisenmanager

Er wolle jedoch mehr sein als nur Krisenmanager. Er gab aber auch zu Bedenken: "Jeder, der heute Kanzler ist, ist zunächst einmal notwendigerweise Krisenmanager." Er wolle, dass dieses Land wirtschaftlich wieder auf Kurs komme und dass die Europäische Union wieder handlungsfähig werde. "Darüber mache ich mir viele Gedanken", so Merz.

Daraufhin zeigte Maischberger ihm ein Bild aus seiner Schulzeit und erinnerte ihn daran, dass er mit 16 Jahren wegen disziplinarischer Schwierigkeiten von der Schule geflogen war. "Was war das?", wollte sie wissen. Merz antwortete: "Weiß ich nicht, ich kann mich nicht erinnern." Das nahm Maischberger ihm nicht ab. "Herr Merz, das ist eine Scholzsche Redewendung – 'ich kann mich nicht erinnern'."

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Merz: "Reden nicht nur über Geld ausgeben"

Viel mehr bekam sie aber nicht aus ihm heraus: "Ich hatte einfach keine Lust auf Schule und andere Prioritäten. Dann bin ich in der 10. Klasse hängen geblieben und habe das mit einem Schulwechsel verbunden", sagte der Kanzler weiter.

Im weiteren Sendungsverlauf gab er zu, in der Koalition die Kommunikation nach innen hinein verbessern zu müssen. Das werde auch Thema im Koalitionsausschuss sein. Aber: "Wir haben in diesen acht Wochen schon viel auf den Weg gebracht", befand Merz. Die größte Errungenschaft: Es steht ein Bundeshaushalt. Dabei sagte Merz: "Wir reden nicht nur über Geld ausgeben, wir reden über sparen." Die Stimmung im Land habe sich schon deutlich verbessert. Es sei viel Optimismus da.

Maischberger
Friedrich Merz war der alleinige Gast bei Sandra Maischberger. © WDR/Oliver Ziebe

Kanzler ist sich sicher: "Das ist doch grober Unfug"

Als es um das Thema Rente ging, erinnerte Maischberger an eine Äußerung des Parteikollegen Carsten Linnemann, der gesagt hatte, Rentnerinnen und Rentner in Deutschland würden zu wenig arbeiten.

Merz äußerte sich: "Wir wollen denjenigen, die noch arbeitsfähig sind und noch gerne weiterarbeiten wollen, eine Möglichkeit geben, das zu tun. Es gibt ein Vorbeschäftigungsverbot. Sie dürfen, wenn Sie in Rente gehen, im selben Betrieb nicht weiterarbeiten – selbst für 530 Euro im Monat nicht. Das ist doch grober Unfug. Das werden wir ändern."

Man könne aber nicht in wenigen Wochen ein komplett neues Rentensystem entwickeln. Die Regierung wolle durch eine Aktivrente aber Anreize schaffen und insgesamt das Arbeitspotenzial in Deutschland besser ausschöpfen. "Wir werden umfangreiche Reformen diskutieren – das wird kontrovers sein", kündigte er an.

Einmal wird Merz patzig

Dann hielt Maischberger Merz ein Zitat von der ehemaligen SPD-Chefin Saskia Esken vor. Sie hatte über die Steuerpläne von Merz gesagt: "Grundfalsche Analysen, die nur mit dem Blick aus dem Privatflieger zu erklären sind."

Maischberger wollte wissen, ob sich Merz weniger Neid in Deutschland wünsche. "Ich kann mit solchen Bemerkungen umgehen", meint er. Es sei ein alter Kindheitstraum, den er sich erfüllt habe und zu dem er stehe. "Und dass es auf manche Menschen abgehoben wirkt?", schob Maischberger hinterher. Dann wurde Merz etwas patzig: "Frau Maischberger, wollen wir die Sendung so weitermachen?"

Braucht Deutschland Atomwaffen?

Sie wechselte daraufhin lieber zum Thema USA und Donald Trump. "Wir haben einen Weg der vernünftigen Kommunikation miteinander gefunden", war sich Merz sicher. Er habe sich gut vorbereitet und sich die Treffen mit den Staatschefs angeschaut, die zuvor bei Trump waren. Über die Rolle der USA sagte Merz: "Da geht jetzt eine Zeit zu Ende. Wie sie zu Ende geht und was danach folgt, wissen wir nicht."

Maischberger wies nun auf die Diskussion über Atomwaffen in Deutschland hin. Merz sagte, man habe sich in zwei großen internationalen Vertragswerken – dem Atomwaffensperrvertrag und dem Zwei-Plus-Vier-Vertrag – dazu verpflichtet, keine eigenen Atomwaffen zu besitzen. Es wären also umfangreiche Vertragsänderungen notwendig.

Merz: "Sehe keine Chance"

"Ich sehe aus heutiger Perspektive keine Chance, diese Verträge zu ändern." Man spreche mit Frankreich über strategische Fragen, ob deren atomarer Schutzschirm auf Deutschland ausgeweitet werden könne. Das sei aber ein Prozess von Jahren, wenn nicht Jahrzehnten.

Als es darum ging, ob man ohne Wehrpflicht auskomme, gab Merz zu: "Ich bin mir nicht sicher." Reiche es nicht, die Bundeswehr attraktiver zu machen, denke er als Nächstes an das schwedische Modell.

Deutliche Worte in Richtung Israel

Deutliche Worte fand Merz, als es um die Situation in Gaza ging. Aus den Kontakten mit dem israelischen Premier Benjamin Netanyahu berichtete er, was er ihm gesagt habe: "Ich habe ihm schon vor längerer Zeit gesagt: Ihr verliert eure besten Freunde, wenn ihr so weitermacht. Ihr müsst erklären, was da passiert. Diese starken Opfer in der Zivilbevölkerung sind nicht mehr vermittelbar. Ich würde im Übrigen gerne wissen: Was habt ihr eigentlich vor? Was ist das Ziel der militärischen Aktion im Gazastreifen?"

In Bezug auf den Ukraine-Krieg äußerte Merz: "Wir sind in dieser Bundesregierung nicht mehr zögerlich." Er sei sich aber sicher, dass der Krieg bereits beendet wäre, wenn man im ersten Jahr das getan hätte, was man nun mache. Zu konkreten Waffensystemen wollte er sich aber nicht äußern. "Ich möchte, dass Putin eine gewisse Unsicherheit hat über das, was wir militärisch tun", so Merz. Eines sei jedoch sicher: "Deutschland wird nicht Kriegspartei."

Kleine Stichelei zum Schluss

Er lasse sich von Putin nicht beeindrucken. "Er hat schon viel angedroht und es ist nichts passiert", sagte Merz und erinnerte daran, dass Russland uns in Form einer hybriden Kriegsführung heute schon angreife.

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Als Maischberger gegen Ende der Sendung wissen wollte, ob Merz sich eher mit Gerhard Schröder oder Angela Merkel auf ein Glas Wein treffen würde, kam vom Kanzler eine kleine Stichelei: "Weder noch im Augenblick."