Ein Berliner Gericht verpasste der deutschen Migrationswende einen Dämpfer. Markus Söder verteidigte bei "Markus Lanz" unbeeindruckt Grenz-Zurückweisungen Asylsuchender. Journalistin Melanie Amann prognostizierte neuerlichen juristischen Schiffbruch.
Die Zurückweisung von Asylsuchenden an der deutschen Grenze ist laut dem jüngsten Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin rechtswidrig. Bei "
Das Thema der Runde
Drei Eilanträge gegen Zurückweisungen von Asylsuchenden hatten jüngst vor dem Verwaltungsgericht in Berlin Erfolg. Der Grund? Wer an deutschen Grenzen um Asyl bittet, darf nicht zurückgewiesen werden, ohne dass vorher nach dem Dublin-Verfahren ermittelt wird, welcher EU-Staat für das Asylverfahren verantwortlich ist. Bundesinnenminister
Grund genug für Markus Lanz, am Dienstagabend über die deutsche Migrationswende zu debattieren. Zugleich blickte er auf die jüngsten Aussagen von

Die Gäste bei "Markus Lanz"
- Der CSU-Vorsitzende
Markus Söder äußerte sich zu seiner Beziehung zu Friedrich Merz: "Wir müssen nicht jeden Tag zusammen sein. Wir pflegen eine stabile Fernbeziehung." - Journalistin Melanie Amann blickte auf die Asylpolitik der neuen Bundesregierung: "Da ist sehr viel Ankündigung und viel Symbol-Politik."
- Unternehmensberater Jörg Wuttke sagte über die Folgen der Trump-Politik: "Das, was ich in China gesehen und auch kritisiert habe, das sehe ich jetzt plötzlich wieder in diesem neuen Amerika."
- Militärexperte Carlo Masala analysierte die strenge Ansprache von Friedrich Merz in Richtung Israel: "Ob es ein Paradigmenwechsel ist, wird sich daran entscheiden, ob jetzt anders gehandelt wird."
Das Wortgefecht
Zu Beginn der Sendung fragte Markus Lanz: "Geht die neue deutsche Migrationspolitik auf?" CSU-Chef Markus Söder antwortete selbstbewusst: "Ja, natürlich geht sie auf!" Eine Aussage, die den ZDF-Moderator überraschte. Er wollte wissen: "Woran machen Sie fest, dass sie wirklich aufgeht?" Söder konterte trocken: "An den Zahlen." Laut dem Politiker sei in Bayern jüngst vermeldet worden, dass die Zahl an Asylbewerbern im ersten Halbjahr "um die Hälfte" zurückgegangen sei. Söder ergänzte stolz: "Wir hatten im letzten Jahr die höchste freiwillige Ausreise seit zehn Jahren. Was daran liegt, dass wir die Bezahlkarte als nahezu einziges Flächenland umgesetzt haben - und zwar streng."
In dem Zusammenhang lenkte der CSU-Chef den Fokus auch auf die "fast 3.000 Zurückweisungen" an deutschen Grenzen. Das sei "ein Mega-Signal in die ganze Welt von Schleppern und Schleusern", fand Söder. Lanz zeigte sich davon unbeeindruckt und machte ihn auf das Berliner Urteil zur Asylpolitik aufmerksam. "Ist Ihnen das egal?", fragte Lanz. Söder schüttelte mit dem Kopf: "Nein, aber dieses Gerichtsurteil ist aus unserer Sicht nicht tragend." Seine Begründung: "Wir haben im Grunde genommen eine nicht rechtkompatible Situation in Europa. Daraus ergibt sich die rechtliche, ganz klare Möglichkeit, selbstständig die eigenen Grenzen zu schützen - und das tun wir."
Journalistin Melanie Amann hielt prompt dagegen: "Ihr Argument ist: Unsere Notlage ist, dass anderswo das Recht nicht eingehalten wird? Deswegen halten wir es auch nicht ein? Damit kommen Sie nicht durch, das kann ich Ihnen jetzt schon direkt sagen. Da wird jedes Gericht Ihnen sagen, das ist Quatsch." Söder hielt dagegen: "Zurückweisung ist ein Teil eines Rechts, das auch die Europäische Union den Mitgliedsstaaten gibt, wenn die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet ist. Und die ist in Deutschland gefährdet."
Melanie Amann kritisierte fassungslos: "Man kann doch nicht sagen, Dublin funktioniert nicht und die halten sich nicht daran, deswegen halten wir uns auch nicht daran. Sondern die Antwort muss sein: Dublin funktioniert nicht, deswegen müssen wir es ändern und verbessern." Als Söder genervt "Aber das passiert ja!" konterte, echauffierte sich die "Spiegel"-Journalistin über die "Symbol-Politik" der Bundesregierung, die mit ein paar Zurückweisungen mehr den Leuten "das Gefühl zu geben" versuche, "wir haben es unter Kontrolle". Derweil ducke sich die Regierung beim Thema Integration komplett weg und habe "an der Stelle ja überhaupt kein Konzept. Das einzige Konzept, das Sie haben, ist, die Leute an der Grenze zurückweisen."
Die Offenbarung des Abends
Bei "Markus Lanz" debattierte der ZDF-Moderator nicht nur über die schwarz-rote Asylpolitik. Er sprach auch die Kursänderung von Friedrich Merz beim Thema Israel an. Dass Merz so deutliche Kritik an Netanjahu und der Situation in Gaza äußerte, hat auch Militärexperte Carlo Masala überrascht. Er stellte klar, dass der deutsche Kanzler damit angedeutet habe, "dass Israel Völkerrecht verletzt". In Bezug auf den plötzlichen Richtungswechsel von Merz ergänzte Masala: "Man kann in der Opposition halt viel sagen - und wenn man in der Regierung ist, ist man plötzlich in der Realität und dann verändern sich Positionen."

Melanie Amann nickte zwar, fügte jedoch hinzu: "Das hat kein Bundeskanzler so klar gesagt bisher! (...) Da war Olaf Scholz immer super-vorsichtig." Gerade deshalb sei es laut der Journalistin "schon ein krasser Paradigmenwechsel". Masala zeigte sich skeptisch: "Ob es ein Paradigmenwechsel ist, wird sich daran entscheiden, ob jetzt anders gehandelt wird." CSU-Chef Markus Söder warnte derweil vor einem Stopp der Waffenlieferungen. Es sei zwar "zulässig", Netanjahus Politik zu kritisieren, aber "wo ich echte Probleme habe und was ich auch nicht unterstützen würde, ist, wenn es eine Aufkündigung der grundsätzlichen Solidarität mit Israel gibt. Das Land ist ein Land, das ständig in seinem Existenzrecht bedroht ist - nach wie vor".
Deshalb müsse es laut Söder so bleiben, "dass Israel unsere absolute Solidarität hat", denn er könne es "mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, wenn man jetzt sagen würde, man verweigert Israel die Unterstützung - auch Waffen". Markus Lanz reagierte irritiert: "Sind Sie der Meinung, dass die Staatsräson das Grundgesetz und auch das Völkerrecht überlagert?" Söder antwortete zunächst trocken: "Eine Staatsräson überlagert nie das Grundgesetz." Als Lanz daraufhin nachhakte, ob Israel "an dem Punkt das Völkerrecht" verletze, wich der CSU-Chef aus: "Das kann ich nicht beurteilen."
Der Erkenntnisgewinn
Mit Blick auf das jüngste Urteil zur Asylpolitik warnte Markus Lanz in seiner Sendung, dass Deutschland sich "als Motor dieser EU an europäisches Recht" halten müsse. Eine Haltung, die Markus Söder nicht teilte, denn: "Wir waren der migrationspolitische Geisterfahrer über Jahre hinweg." Der CSU-Politiker merkte weiter an, dass nun das europäische Migrationssystem großflächig überarbeitet werden müsse. Dies werde mehrere Jahre dauern. Deshalb halte er es für "einen schweren politischen Fehler", wenn man in Deutschland so lange nicht eigenständig mit Zurückweisungen an der Grenze handeln würde, um die eigene Sicherheit zu gewährleisten. © 1&1 Mail & Media/teleschau