Bei Sandra Maischberger waren am Dienstag Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) und der ehemalige SPD-Vorsitzende und Kanzlerkandidat Martin Schulz zu Gast. Sie äußerten sich zum Scheitern von Merz im ersten Wahlgang und über die politischen Auswirkungen dessen. Während ein Journalist einen "massiven Warnschuss" erkannte, warnte ein anderer vor voreiligen Geschichtsvergleichen.
Das ist das Thema
Bei Sandra Maischberger ging es am Dienstagabend (6.) um die Wahl von
Das sind die Gäste
Julia Klöckner (CDU): Die Bundestagspräsidentin sagte: "Die Demokratie hat sich heute auch bewährt, dass wir klare Regeln haben." Die Fraktionen seien einen langen Weg zusammen gegangen. Jetzt müsse die gewählte Regierung "ins Machen" kommen, so Klöckner.Martin Schulz (SPD): Der einstige Kanzlerkandidat spekulierte: "Ich glaube, dass es in der CDU eine Reihe von Abgeordneten gab, die Merz ein Umfallen in der Schuldenbremsen-Frage nicht verziehen haben. Und es gibt vielleicht auch ein paar in der Union, die näher bei der AfD sind als wir das vielleicht wünschen und Merz mit auf den Weg geben wollten: 'Du musst immer mit uns kalkulieren.'" Diese Motive seien bei der Union vermutlich intensiver ausgeprägt gewesen als der Zorn bei der SPD.Theo Koll : "Mich hat schockiert, dass es so viel Unmut in der Koalition gibt und so viele Abgeordnete, die ins Risiko gegangen sind", gab der langjährige Moderator von "Berlin direkt" zu. "Es war ein massiver Warnschuss", sagte er. Aber genau dieser könne dazu führen, dass die "Koalition noch mal neu zusammenfindet".- Gabor Steingart: Der Journalist ist Herausgeber von "The Pioneer". Er meinte: "Das Ganze ist Sinnbild einer Republik, die sich verändert hat. Die demokratische Mitte ist eine geschrumpfte Eisscholle. Das spüren wir jeden Tag, da ist ein anderes Klima entstanden." Wir würden in ernsten Zeiten leben.
- Anna Lehmann: Die Journalistin ist Leiterin des "taz"-Parlamentsbüros. Sie kommentierte: "Das war ein Bauchklatscher mit Ansage: Ein Muster, das sich bei Friedrich Merz durchzieht." Er habe eine forsche Ansage gemacht und dann eine Klatsche kassiert.
Das ist die Offenbarung
"Es gibt nach wie vor welche, die halten Merz für den falschen Kanzler", sagte Steingart über die Stimmung in der Union. Vor allem in NRW würden viele Merz nur für eine Übergangslösung halten. "Das kann ein Motiv sein. Es gibt Leute, die da lieber Hendrik Wüst sehen würden", spekulierte Steingart über mögliche Stimmverweigerungen für Merz.
Koll ergänzte: "Man darf auch nicht unterschätzen: Beide Koalitionspartner haben massive Veränderungen vorgenommen. Klingbeil hat im Grunde sein komplettes Team ausgetauscht." Merz fahre den Kurs "Weg von Merkel" und habe ein Kabinett teilweise mit Leuten von außen besetzt. "Das schafft Unzufriedenheit", so Koll.
Das ist das Wortgefecht
Journalistin Lehmann meinte: "Historisch fand ich das schon, was heute passiert ist." Denn man sehe, dass die Mehrheiten in der demokratischen Mitte knapper würden. Trends, die man von der Länderebene kenne, zeigten sich nun auch auf Bundesebene. Lehmann weiter: "Das zweite Historische war, dass die CDU, um Merz an die Macht zu verhelfen, nebenbei einfach mal den Unvereinbarkeitsbeschluss mit der Linkspartei gekippt hat."
Steingart wollte den Begriff so nicht verwenden. Er meinte: "Wir sind zu schnell und inflationär mit dem Begriff 'historisch' – danach kommt Weimar, dann Hitler." Diese Tassen würden in den Schrank gehören.
Das sind die Erkenntnisse
Wer ist im ersten Wahlgang von der Fraktionslinie abgewichen und hat Merz nicht gewählt? Es bleibt Spekulation – zu mehr ließen sich auch Klöckner und Schulz nicht hinreißen. Klar war für die Runde aber: Das Misstrauen ist gesät. Die Empfehlung an Merz daher: Mehr um Zustimmung werben und nicht im Stil eines CEOs regieren. Dann muss der Start auch kein schlechtes Omen für seine Koalition sein.