Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine geht in Europa die Sorge vor einer Ausdehnung des Konflikts um. Immer wieder warnten in der Vergangenheit Experten davor: Russland könnte auch ein Nato-Mitglied attackieren. Auch BND-Chef Kahl hält diese Sorge für berechtigt.
Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Bruno Kahl, warnt davor, die russische Aggression zu unterschätzen. Im Podcast "Table Today" erklärte Kahl, es gebe in Moskau "Leute, die glauben nicht mehr, dass Artikel 5 der Nato" funktioniere. "Und sie würden das gerne testen."
Artikel 5 der Nato wird als sogenannter Bündnisfall bezeichnet. In ihm verpflichten sich die Nato-Staaten, bei einem Angriff auf ein Mitglied, diesem zur Hilfe zu kommen. "Ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen", heißt es darin, sei als "Angriff gegen sie alle" zu bewerten.
Kahl: Moskau will die Nato "zurückkatapultieren"
Kahl zufolge sei es Ziel der russischen Machthaber, den Einflussbereich nach Westen auszudehnen. Sie wollten die Nato "zurückkatapultieren auf den Stand von Ende der 90er Jahre", sagte der BND-Chef. "Sie wollen Amerika aus Europa rauskicken und dazu ist ihnen jedes Mittel recht."
Deswegen sei man auch "sehr sicher" und habe "dafür auch nachrichtendienstliche Belege, dass die Ukraine nur ein Schritt auf dem Weg nach Westen ist".
Verhandlungen des Westens mit Russland hält Kahl derzeit nicht für einen vielversprechenden Weg. "Es gibt nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, dass Putin an seiner Denke, in seiner aggressiven Art und Weise, dieses Problem zu Ende bringen zu wollen, etwas geändert hat", sagte der BND-Chef.
"Das letzte Papier, was übergeben worden ist in Istanbul, ist ein bester Beweis dafür, dass eigentlich eine Kapitulation verlangt wird und sonst nichts." (afp/bearbeitet von thp) © AFP