• Ukrainische Journalistinnen und Journalisten sorgen sich wegen eines neuen Mediengesetzes um die Pressefreiheit.
  • Das Gesetz soll eigentlich ein Baustein auf dem Weg der Ukraine in die Europäische Union sein.
  • Kritiker fürchten vor allem eine zu große Kontrolle der Regierung über den mächtigen Rundfunkrat.

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Das Parlament in der Ukraine hat am Dienstag ein umstrittenes Mediengesetz mit weitreichenden Befugnissen für den Fernseh- und Rundfunkrat verabschiedet. Da der Rundfunkrat je zur Hälfte vom Präsidenten und vom Parlament bestimmt wird, fürchten Journalistinnen und Journalisten sowie die Opposition eine zu große Kontrolle der Regierung.

Der Rat kann nun nicht nur Geldstrafen verhängen, sondern bei wiederholten Regelverstößen ohne Gerichtsurteil Onlinemedien für 30 Tage blockieren lassen. Die Nationale Journalistengewerkschaft bemängelt, dass Kritiker und Journalisten bei der Beratung des Gesetzes nicht gehört worden seien. So wie das Gesetz konstruiert sei, sehen sie eine "erhebliche Einschränkung der Meinungsfreiheit", denn der Rundfunkrat könne künftig "verbindliche Weisungen" an die Redaktionen schicken, indem mit Bußgeldern gedroht wird. Außerdem könnten Internetanbieter dazu gezwungen werden, den Zugang zu bestimmten Seiten zu sperren.

Kritik kommt auch von der Europäischen Journalisten Föderation (EJF). Sie fordert die ukrainische Regierung auf, das Gesetz aufzuschieben. Präsident Selenskyj hat das Gesetz noch nicht unterschrieben. Interessant wird, ob die EU sich in die Diskussion einmischt. Das Mediengesetz sollte eigentlich die Ukraine an EU-Standards anpassen, um den Beitrittsprozess voranzubringen.

Ukrainische Regierung sieht sich auf gutem Weg

Jewhenija Krawtschuk von der Regierungspartei "Diener des Volkes" lobte das neue Gesetz gegenüber dem ukrainischen Fernsehsender 1+1: "Das ist einer von sieben Schritten, die wir tun müssen, um offizielle Beitrittsgespräche mit der EU zu beginnen. Die EU hat uns aufgetragen, den Einfluss von Privatpersonen auf die Medien zu verringern. Außerdem soll es nun eine starke, unabhängige Aufsichtsbehörde geben. Das ist der Nationale Rundfunkrat."

Insbesondere für Nachrichtenseiten im Internet gelten neue Regeln, da sie nun auch juristisch als Medien angesehen werden. Der stellvertretende Vorsitzende des mit neuen Befugnissen ausgestatteten Rundfunkrats betonte, dass die Medienlandschaft dadurch chancengleicher und transparenter sei: "Es wird ein öffentliches Register der Medien geben, die registriert sind oder die eine Lizenz haben. Wir werden nicht nur sehen, wer die Eigentümer der Medien sind, die eine Lizenz haben, sondern auch, wie sie ihre Einnahmen generieren und wofür sie diese ausgeben."

Private Accounts auf sozialen Medien bleiben von Gesetz unberührt

Für das Gesetz stimmte eine knappe Zweidrittelmehrheit des Parlaments. Davon unberührt bleiben private Nutzerkonten auf sozialen Medien. Diese würden nicht als Medien gewertet und bleiben somit weiter außerhalb der Kontrolle des Rundfunkrates. Somit können abweichende Meinungen weiterhin publiziert werden.

Auch dauerhafte Verbote und Lizenzentzug von Medien liegen nicht im Kompetenzbereich des Rundfunkrats. Diese sind weiter nur auf dem Gerichtsweg möglich. Allerdings gelten die Gerichte in der Ukraine nicht als unabhängig. Die Ukraine liegt in der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen auf Platz 106 von 180. Damit liegt es noch hinter Ungarn (Platz 85), das von der EU immer wieder wegen mangelnder Pressefreiheit kritisiert wird.

Ein Hauptproblem der Pressefreiheit in der Ukraine ist laut Reporter ohne Grenzen die mangelnde Transparenz der Besitzverhältnisse bei privaten Medien. So sei oft nicht ersichtlich, wenn Medien von den Eigentümern für politische und wirtschaftliche Zwecke manipuliert werden. Hier soll das Gesetz durch mehr Transparenz Abhilfe schaffen. Allerdings könnte durch den mächtigeren Rundfunkrat ein anderes Problem für die Pressefreiheit entstehen. (lko/dpa)

Verwendete Quellen:

  • Deutsche Presse-Agentur (dpa)
  • deutschlandfunk.de: Ukraine - Das sind die Streitpunkte des neuen Mediengesetzes
  • sueddeutsche.de: Ukraine - Ist das Zensur? (kostenpflichtiger Artikel)
  • Reporter ohne Grenzen: Rangliste der Pressefreiheit