- Der russische Außenminister Sergej Lawrow verlässt das G20-Treffen vorzeitig.
- Zuvor hatte er sich nach seiner eigenen Rede der Replik von Deutschlands Außenministerin Baerbock entzogen.
- Es wird erwartet, dass der russische Angriffskrieg in der Ukraine das Treffen zu großen Teilen bestimmt.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow verlässt das G20-Treffen der führenden und aufstrebenden Wirtschaftsmächte auf der indonesischen Insel Bali vorzeitig. "Lawrow führt noch bilaterale Gespräche, danach wendet er sich an die Presse und reist ab", teilte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, der Deutschen Presse-Agentur am Freitag auf Anfrage mit. Er nimmt demnach nicht am offiziellen Essen und an der Nachmittagssitzung teil.
Zum Auftakt des mit Spannung erwarteten Treffens der Außenminister der G20-Staaten hat Gastgeberin Retno Marsudi eindringlich zu einem Ende des russischen Angriffskrieges in der Ukraine aufgerufen. "Unsere Verantwortung ist es, den Krieg so schnell wie möglich zu beenden. Und Brücken zu bauen und nicht Mauern", sagte die indonesische Außenministerin. Der weltgrößte Inselstaat hat derzeit den Vorsitz des Staatenbundes.
Kurz zuvor hatte Marsudi Lawrow bei seiner Ankunft im Luxushotel Mulia im Badeort Nusa Dua höflich aber zurückhaltend begrüßt. Der Handschlag etwa mit Bundesaußenministerin
Deutsche Journalisten konfrontieren Lawrow
Bei der Begrüßung hatten zwei deutsche Journalisten Lawrow Fragen zugerufen. Der ZDF-Korrespondent Andreas Kynast fragte Lawrow: "When do you stop the war?" (deutsch: "Wann beenden Sie den Krieg?"). Kynast wurde im Anschluss nach eigenen Angaben von indonesischen Sicherheitsbeamten aus der Empfangshalle hinausgebracht. Weitere Einschränkungen für ihn gab es demnach zunächst nicht. Ein zweiter deutscher Journalist rief Lawrow die Frage zu: "Why don't you stop the war?" (deutsch: "Warum beenden Sie den Krieg nicht?").
Berichte: Lawrow verlässt Sitzungssaal nach seiner Rede
Wie Delegationskreise am Freitag am Rande der Beratungen berichten, habe Lawrow nach seiner eigenen Rede vor den G20 den Sitzungssaal prompt wieder verlassen. Lawrow habe sich damit auch der Replik von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) entzogen. Sie war als amtierende Vorsitzende der G7-Gruppe führender demokratischer Wirtschaftsmächte als nächste Rednerin vorgesehen. Ob Lawrow an einem geplanten Mittagessen und einer zweiten Arbeitssitzung am Nachmittag teilnehmen würde, blieb zunächst offen.
Baerbock hatte kurz nach ihrem Eintreffen auf Bali am Donnerstagabend gesagt, sie werde in ihrer Rede in Anwesenheit Lawrows "sehr deutliche Worte finden, dass wir diesen Bruch des internationalen Völkerrechts nicht akzeptieren". Das sonst übliche Familienfoto und eine offizielle Abschlusserklärung soll es wegen Lawrows Anwesenheit am Abend voraussichtlich nicht geben. Jedoch will die indonesische G20-Präsidentschaft am Ende der Beratungen eine Erklärung abgeben.
Marsudi wirbt für multilaterale Lösungen
Die Staatengruppe müsse diese Chance nutzen, um Vertrauen aufzubauen und "dem Frieden eine Chance zu geben", hatte Marsudi bei ihrer Eröffnungsrede erklärt. Sie rief eindringlich zum Multilateralismus auf, also zur Zusammenarbeit der Staaten bei der Lösung der derzeitigen politischen und gesellschaftlichen Probleme. "Globale Herausforderungen bedürfen globaler Lösungen", erklärte sie.
Bei den Sitzungen soll es neben einer Diskussion über eine Stärkung der multilateralen internationalen Konfliktlösung auch um die weltweite Ernährungs- und Energiesicherheit gehen. Jedoch wird erwartet, dass der Krieg einen großen Teil der Beratungen bestimmt. (dpa/ska)