- Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine Ende Februar hat Präsident Selenskyj Auslandsreisen vermieden.
- Nun kommt er nach Washington, als Zeichen der gegenseitigen Verbundenheit.
- Präsident Biden macht deutlich, dass die USA fest hinter der Ukraine stehen.
US-Präsident Joe
Biden: Selenskyj in gute Position für Friedensverhandlungen bringen
US-Präsident Biden will Selenskyj bei der Entscheidung über den Zeitpunkt für Friedensgespräche mit Russland freie Hand lassen. "Jetzt ist die Zeit, in der wir diesen Präsidenten in die Lage versetzen müssen, entscheiden zu können, wie er den Krieg beenden will", sagte Biden am Mittwoch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten im Weißen Haus. Deshalb sei die bedingungslose militärische Unterstützung für Kiew unausweichlich.
Die Ukraine "kann mit unserer Hilfe und der Hilfe unserer europäischen Verbündeten und Anderer auf dem Schlachtfeld erfolgreich sein." Wenn Präsident Selenskyj bereit sei, mit den Russen zu sprechen, werde er in den Verhandlungen erfolgreich sein können, weil er auf dem Schlachtfeld gewonnen habe, sagte Biden.
Russland hatte die USA-Reise Selenskyjs und die angekündigten neuen Waffenlieferungen bereits vor dem Treffen im Weißen Haus kritisiert. "Das alles führt zweifellos zu einer Verschärfung des Konflikts und verheißt an sich nichts Gutes für die Ukraine", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Er erwarte nicht, dass Selenskyj nach seiner Reise verhandlungsbereiter gegenüber Moskau sein werde.
Selenskyj wie gewohnt in Armeepullover
Selenskyj landete am Mittwoch auf dem Militärflughafen Joint Base Andrews unweit der US-Hauptstadt Washington mit einer amerikanischen Regierungsmaschine. Die Reise geht mit einem Sicherheitsrisiko für den ukrainischen Präsidenten einher - was die US-Regierung zu dem ungewöhnlichen Schritt bewogen haben dürfte. Dem polnischen Fernsehen zufolge war Selenskyjs Maschine im polnischen Rzeszów abgeflogen.
Selenskyj wurde am Weißen Haus mit einem roten Teppich von Biden und dessen Ehefrau Jill empfangen. Biden trat wie gewohnt im Anzug auf, Selenskyj trug einen olivgrünen Armeepullover und eine dazu passende Hose. "Wir werden weiterhin die Fähigkeit der Ukraine stärken, sich selbst zu verteidigen, insbesondere die Luftverteidigung, und deshalb werden wir der Ukraine Patriot-Raketenbatterien bereitstellen", sagte Biden kurze Zeit später im Oval Office. Selenskyj überreichte Biden als Zeichen des Dankes die Medaille eines ukrainischen Soldaten.
USA liefern Ukraine Patriot-System
Die USA sind der wichtigste Verbündete der Ukraine. Sie unterstützen das Land bei der Verteidigung gegen Russlands Angriff unter anderem mit Militärausrüstung und Geld. Anlässlich des Besuchs von Selenskyj kündigten die USA ein weiteres Militärhilfe-Paket in Höhe von 1,85 Milliarden US-Dollar (rund 1,7 Milliarden Euro) an. Darin enthalten ist auch die Patriot-Batterie. Das Luftverteidigungssystem dürfte Russlands Angriffe mit Raketen und Drohnen auf die zivile Infrastruktur in der Ukraine erschweren. Insgesamt beläuft sich US-Militärhilfe für die Ukraine seit Beginn der Amtszeit von Biden auf 21,9 Milliarden US-Dollar.
Die frühere Sowjetrepublik hatte wegen der russischen Raketenangriffe auf ihre Städte und die Infrastruktur der Energieversorgung um weitere Flugabwehrsysteme gebeten. Das Luftverteidigungssystem Patriot dürfte die Karten in dem Krieg neu mischen. Ein US-Regierungsvertreter sagte, die ukrainischen Truppen würden in einem Drittland ausgebildet. Weitere Angaben dazu machte er nicht. Naheliegend wäre, dass ukrainische Soldaten - wie auch bei anderen Waffensystemen schon praktiziert - in Deutschland ausgebildet werden, beispielsweise auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr in Bayern.
Putin verspricht mehr Drohen
Parallel zu Selenskyjs Flug in die USA sprach Russlands
Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu schlug vor, die Truppe um rund 350.000 Soldaten auf 1,5 Millionen Mann zu verstärken. Außerdem forderte er die Aufstellung neuer Einheiten im Nordwesten Russlands an der Grenze zu den potenziellen neuen Nato-Staaten Schweden und Finnland.
Russland hatte Washington schon vergangene Woche vor einer Patriot-Lieferung gewarnt, nachdem es Berichte über entsprechende Pläne der US-Regierung gegeben hatte. Wie andere schwere Waffen auch würden diese für die russischen Streitkräfte zu "rechtmäßigen vorrangigen Zielen", hieß es aus Moskau. Die USA liefern bereits Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars und das Flugabwehrsystem Nasams in die Ukraine.
Milliardenschweres Hilfspaket beschlossen
Am Dienstag einigten sich Republikaner und Demokraten im US-Kongress dann auf einen Haushaltsentwurf, der auch milliardenschwere Militärhilfen enthält. Das Paket mit einem Volumen von 1,7 Billionen US-Dollar sieht unter anderem 44,9 Milliarden US-Dollar zur Unterstützung der Ukraine vor. Rund 19 Milliarden davon sind dafür vorgesehen, die Munitionsbestände und Lager des US-Militärs nach den Transfers an die Ukraine wieder aufzufüllen sowie für die Finanzierung zusätzlicher Aufwendungen der US-Truppen in Europa.
Seit Kriegsbeginn am 24. Februar hatte Selenskyj Auslandsreisen vermieden. Für Auftritte auf der politischen Weltbühne - etwa beim G7-Gipfel im bayerischen Elmau - ließ er sich stets digital aus der Ukraine zuschalten. Es ist nun Selenskyjs zweiter Besuch im Weißen Haus seit Bidens Amtsantritt. Zuletzt hatte Biden ihn im Sommer 2021 empfangen.
Die US-Regierung hatte früh öffentlich vor einem Angriffs Russlands auf die Ukraine gewarnt und sich dabei auf Geheimdienstinformationen berufen. Seit dem Einmarsch in die Ukraine haben die USA und ihre Verbündeten Russland mit harten Sanktionen belegt.
. (dpa/mbo/mss) © dpa