Nach ihrer Marathonsitzung zeigte sich die Ampel-Koalition erleichtert, und lobt die Ergebnisse als zukunftsweisend. Zahlreiche Sozial- und Umweltverbände üben jedoch Kritik am umfassenden Reformpaket, das vor allem Planungen beim Straßen- und Schienennetz beschleunigen soll. Bei der Kanzlerbefragung tat dies auch die Opposition in aller Schärfe.

Eine Analyse
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"Verbindliche Jahresziele, verbindliche Sektorenziele – das soll alles weg. Das Klimaschutzgesetz aufweichen, statt es einzuhalten – wie können Sie das verantworten?" – mit dieser Frage eröffnete Andreas Jung von der CDU die Regierungsfragestunde im Bundestag am Mittwoch. Genauso gut hätte sie auch ein Grüner Politiker stellen können, nur haben diese ja am Ampelbeschluss mitgewirkt, wogegen Umweltverbände nun Sturm laufen.

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Olaf Scholz verwies dagegen auf die einzelnen Maßnahmen im Klimaschutzsofortprogramm. "Wir haben mutige Entscheidungen getroffen und nicht nur wie in früheren Jahren PR-Programme zum Ausbau der Ladeinfrastruktur vorgenommen." Nach diesem Seitenhieb an die Große Koalition verkündete Scholz, dass man bald an jeder Tankstelle in Deutschland sein E-Auto aufladen könne. Ein wichtiger Fortschritt und eine "Überwindung des Stillstands" sei das, der den Lobbyisten in der Union geschuldet gewesen sei.

"Wir müssen das lineare Denken überwinden."

Der Kanzler bemühte sich, jegliche Kritik an den beschlossenen Maßnahmen zum Klimaschutz abzuwehren. Man werde bis zur Klimaneutralität 2045 jährlich die Maßnahmen überprüfen und gegebenenfalls nachsteuern, um die Ziele zu erreichen. "Niemand wird dabei ausgeschlossen, niemand alleine gelassen."

Und dann führte Scholz nach "Doppel-Wumms" und "Deutschland-Geschwindigkeit" sein neues Bonmot ein: "Wir müssen das lineare Denken überwinden." Statt Bürokratismus und "linearem Denken" solle es nun flexible Entscheidungen auf verschiedenen Wegen geben, um auf die dynamischen Entwicklungen der Zeit schnell reagieren zu können.

Für konkrete Details, ob etwa neu eingebaute Heizungen zukünftig mit grünem oder blauen Wasserstoff betrieben werden dürfen, vertröstete er die Opposition auf das Gebäude-Energie-Gesetz, dass im April vorgelegt werden solle. Bei so wenig Konkretem ist die Frage, was die Koalitionäre 30 Stunden lang gemacht haben - wurde weiter gestritten und viel diskutiert?

Scholz: "Sehr, sehr gutes Ergebnis."

Auch die Parteivorsitzende der Linken, Janine Wissler, konnte nicht mehr aus dem Kanzler rauskitzeln. Auf ihre Frage, ob nicht ein generelles Tempolimit besser statt neuer Autobahnen wäre, wiederholte Scholz sein eigenes Lob über den Ampelbeschluss: "Wir haben ein sehr, sehr gutes Ergebnis und einen sehr, sehr guten Verkehrsminister."

Man werde das Kernnetz der Eisenbahn voranbringen und das Klimaschutzgesetz sei das ambitionierteste, was es bis dato gegeben habe. "15 Millionen Elektroautos bis 2030 – das ist eine Nummer." Die zusätzlichen Einnahmen aus der Pkw-Maut sollen zu 80 Prozent in den Ausbau der Schiene fließen. Den Finanzbedarf der Bahn bezifferte er auf 45 Milliarden Euro bis 2027.

Die Kanzlerbefragung im Bundestag ließen sich viele Abgeordnete nicht entgehen. © Jan-Henrik Hnida/ 1&1 Mail & Media

Das war eine der wenigen Stellen, an denen Scholz konkret wurde. Ansonsten erklärte er viel. Deswegen übnerzog er oft die vorgesehene Redezeit.

Nach der Reichsbürger-Razzia im Dezember und nach einem Schuss auf einen Polizisten bei Durchsuchungen im "Reichsbürger"-Milieu war die Verschärfung des Waffenrechts ein weiteres Thema bei der Regierungsbefragung. Der Kanzler sprach sich für eine "behutsame Reform" aus. "Wir haben vor, das Waffenrecht so streng zu fassen, dass es den Anforderungen an die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger entspricht", sagte der SPD-Politiker am Mittwoch.

Bestehende Vorschriften präzisieren

Es gebe im Waffenrecht bereits sehr viele Regeln, die auch umgesetzt werden müssten. "In diesem Spannungsfeld werden wir kurzfristig einen Vorschlag machen", sagte Scholz.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte gefordert, dass bei Anzeichen für eine Gefährlichkeit eine Waffenerlaubnis gar nicht erst erteilt werden dürfe oder sie müsse rechtzeitig entzogen werden. Scholz betonte, man müsse die bestehenden Vorschriften präzisieren.

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