• CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner führte in den Umfragen, nun ist er wohl der große Gewinner des Berliner Wahlabends.
  • Aber wird er auch ins Rote Rathaus einziehen können?

Mehr aktuelle News

Bei der Wahlparty der CDU im Berliner Abgeordnetenhaus ist der Jubel um 18.00 Uhr riesig. Kai Wegner ist nach den ersten Zahlen der große Sieger der Wahlwiederholung in der Hauptstadt. "Es ist phänomenal", sagt er, als er auf die Bühne geht und sich für "diesen klaren Regierungsauftrag" bedankt. Aber ob Wegner tatsächlich ins Rote Rathaus einziehen wird, ist offen.

Sein Einstieg in die Berliner Landespolitik hatte einen Hauch von Putsch. Im Mai 2019 dängte der damalige Bundestagsabgeordnete und Stellvertreter der Berliner Parteivorsitzenden Monika Grütters sie aus dem Amt und ließ sich als ihr Nachfolger wählen. Dass er dann auch Spitzenkandidat für die Wahl zum Abgeordnetenhaus 2021 wurde, war naheliegend.

Lange unterschätzt

Selbst in der CDU gab es manche, die sich ihn kaum als Regierenden Bürgermeister vorstellen konnten. Und berlinweit gab es noch viele mehr, die den Namen Kai Wegner noch nie gehört hatten. Inzwischen sieht das anders aus.

Der 50-Jährige, der neben dem Landes- auch den Fraktionsvorsitz übernahm, ist nun mit seiner Partei auf Platz eins gelandet. Und auch dem Chefsessel im Roten Rathaus war der Christdemokrat noch nie so nahe. Wegner ist fest entschlossen, die CDU nach mehr als sechs Jahren zurück in die Regierung zu führen - und der erste Regierende Bürgermeister der CDU seit mehr als zwei Jahrzehnten zu werden.

Bis 2016 waren die Christdemokraten in der Hauptstadt eine Legislatur lang Juniorpartner der SPD. Einen Regierungschef stellten sie zuletzt mit Eberhard Diepgen, der mit einer Unterbrechung mehr als 15 Jahre lang bis 2001 amtierte. Seitdem war stets die SPD die Wahlgewinnerin und lag auch 2021 am Ende knapp vor Grünen und CDU. Wegner musste zusehen, wie sich SPD-Landesvorsitzende Franziska Giffey in den Koalitionsgesprächen zur Fortsetzung der Koalition mit Grünen und Linken durchrang und dann selbst Regierende Bürgermeisterin wurde.

SPD-Chef lästert über "einsamen Kai"

Diesmal hat er im Wahlkampf immer wieder angekündigt, Rot-Grün-Rot beenden zu wollen und Berlin einen "Neustarts" zu ermöglichen. Tatsächlich lag die CDU in Umfragen vor dem Wahltermin lange vorn, zum Teil mit deutlichem Vorsprung. Inwieweit das ein Verdienst Wegners ist, ist umstritten. Seine persönlichen Bekanntheits- und Beliebtheitswerte haben sich im Vergleich zu 2021 verbessert, aber als Zugpferd der CDU gilt Wegner nicht.

Dem Politiker ist das Amt des Regierungschefs noch nicht sicher: Er braucht dafür die SPD oder die Grünen als Koalitionspartner - die wohl auch im Dreierbündnis mit der Linken weiterregieren könnten. Der SPD-Co-Landesvorsitzende Raed Saleh verspottete Wegner im Wahlkampf wegen der schwierigen Koalitionsfrage deshalb als den "einsamen Kai".

Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch ließ zuletzt deutlich Distanz zur CDU erkennen. SPD-Spitzenkandidatin Giffey ist ebenfalls noch kein Wort der Koalitionsbereitschaft mit der CDU über die Lippen gekommen.

Gut vernetzt in der Berliner Politik

Wegner ist in Spandau, ganz am westlichen Rand von Berlin geboren, aufgewachsen und lebt heute noch dort. Er lebt in einer Beziehung und ist Vater dreier Kinder. Er gilt als gut vernetzt in der Stadt und duzt sich zum Beispiel auch mit einigen führenden Grünen-Politikern wie dem Fraktionsvorsitzenden Werner Graf. Mit ihm teilt er auch die Vorliebe für den aktuell eher glücklosen Bundesligisten Hertha BSC und fürs Kaffeetrinken.

Im Wahlkampf polarisierte die Landes-CDU, als sie nach den Silvester-Ausschreitungen die Vornamen von Tatverdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit erfragte. Wegner verteidigte das Anfang Januar so: "Wir müssen die Namen wissen, damit wir passgenaue Antworten geben und die Jugendlichen erreichen können."

Am Wahlabend sagt er, der Auftrag sei es jetzt, eine stabile Regierung zu bilden. "Wir wollen eine erfolgreiche Berlinkoalition anführen." (dpa/fab)  © dpa

JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.