• Alles auf Anfang im Land Berlin. Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, dass die jüngste Pannen-Wahl wiederholt werden muss.
  • Doch was bedeutet das konkret und was könnte sich für die aktuelle Koalition und für die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) ändern?
  • Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Berliner Wiederholungswahl.

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Den Berlinerinnen und Berlinern steht bereits im nächsten Jahr der nächste Urnengang bevor: Am Mittwoch urteilte der Berliner Verfassungsgerichtshof, dass die Wahl zum Abgeordnetenhaus und die immer im Gleichklang stattfindenden Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen ungültig sind und komplett wiederholt werden müssen. Fragen und Antworten dazu.

Was war passiert?

Am 26. September 2021 wurden in Zeiten der Corona-Pandemie in Berlin der Bundestag, das Abgeordnetenhaus und die zwölf Bezirksparlamente neu gewählt. Hinzu kam ein Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungskonzerne. Nebenher lief außerdem der Berlin-Marathon. Folge dieser Ballung und schlechter Vorbereitung waren Pannen und massive organisatorische Probleme.

Dazu zählten nach Feststellung des Gerichts falsche, fehlende oder eilig kopierte Stimmzettel, zu wenige Wahlurnen, lange Schlangen mit teils stundenlangen Wartezeiten. In etwa der Hälfte der 2256 Wahllokale stimmten Menschen noch nach der offiziellen Schließungszeit um 18:00 Uhr ab. Vor diesem Hintergrund gingen 35 Einsprüche gegen die Wahl beim Verfassungsgericht ein.

Was hat nun das Gericht entschieden?

Wegen "schwerer systemischer Mängel" schon bei der Vorbereitung der Wahl sowie einer "Vielzahl schwerer Wahlfehler" sei die Wahl ungültig und müsse wiederholt werden, erklärte Gerichtspräsidentin Ludgera Selting. "Nur so kann eine Zusammensetzung des Abgeordnetenhauses und der Bezirksverordnetenversammlungen gewährleistet werden, die den rechtlichen Anforderungen an demokratische Wahlen entspricht."

Die Fehler hätten Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Parlaments und die Verteilung der Mandate. 88 von 147 Parlamentssitzen seien von mandatsrelevanten Wahlfehlern betroffen. Genau lasse sich indes nicht feststellen, wie viele Menschen ihre Stimme nicht abgeben konnten oder unter irregulären Umständen wählen mussten. Wahlfälschungen oder andere Manipulationen habe es nicht gegeben, so das Gericht, das sein Urteil mit 7:2 Richterstimmen fällte.

Wann wird die Wahl wiederholt?

Nach dem Urteil muss die Wahlwiederholung innerhalb von 90 Tagen stattfinden. Landeswahlleiter Stephan Bröchler legte den Termin auf den 12. Februar 2023 fest, den letzten Sonntag innerhalb der Frist.

Und was ist mit der Bundestagswahl?

Die muss nach einem am 10. November gefassten Beschluss des Bundestages auf Basis einer Empfehlung seines Wahlprüfungsausschusses teilweise wiederholt werden. Konkret geht es um 327 von 2256 Wahlbezirken sowie um 104 von 1507 Briefwahlbezirken. Sie liegen in allen zwölf Berliner Bundestagswahlkreisen, Wähler sollen dort Erst- und Zweitstimmen erneut abgeben können. Allerdings wird damit gerechnet, dass dies noch nicht das letzte Wort ist und am Ende Karlsruhe entscheidet: Die Parteien im Bundestag gehen davon aus, dass der Beschluss vor dem Bundesverfassungsgericht angefochten wird.

Könnten alle Wahlwiederholungen an einem Termin stattfinden?

Das hängt davon ab, ob das Bundesverfassungsgericht in der Frage einer Wiederholung der Bundestagswahl mit ins Spiel kommt. Falls ja, benötigt es wohl einige Zeit, um eine derart bedeutsame Entscheidung treffen zu können. In dem Fall würden im Februar zunächst wohl nur das Berliner Abgeordnetenhaus und die Bezirksparlamente erneut gewählt, der Bundestag dann zu einem späteren Zeitpunkt.

Beginnt mit einer Wiederholungswahl die Legislaturperiode neu?

Nein, sie endet weiterhin fünf Jahre nach der Wahl vom September 2021, also im Herbst 2026. Denn es handelt sich nicht um eine Neuwahl, sondern um eine Wiederholungswahl, bei der als Direktkandidaten sowie auf den Landes- oder Bezirkslisten der Parteien dieselben Bewerber antreten wie 2021. Bis zur Wahlwiederholung bleiben Abgeordnete und Senat auch im Amt. Der Verfassungsgerichtshof erklärte, dass alle bis zur Konstituierung des neuen Parlaments nach der Wiederholungswahl erlassenen Rechtsakte wirksam bleiben.

Was ändert sich nach der Wahl?

Zunächst einmal die Zusammensetzung des Parlaments in einer stark veränderten politischen Großwetterlage. Das kann auch zur Folge haben, dass eine andere Koalition gebildet wird, bei der etwa die bisherige Oppositionspartei CDU ein Wörtchen mitredet. Sollten die bisherigen Koalitionäre SPD, Grüne und Linke zusammen weiter eine Mehrheit haben, könnten sie - wenn sie dies wollten - weitermachen.

Spannend dürfte dann aber sein, was passiert, wenn die Grünen statt der SPD stärkste Partei werden. Letzten Umfragen zufolge ist das nicht unrealistisch. Dann hätten die Grünen Anspruch auf den Rathaussessel. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) müsste Platz machen für ihre bisherige Stellvertreterin, Umwelt- und Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne). (dpa/lh)