Ist eine Minderheitsregierung in Deutschland ein denkbares Szenario? Wenn es nach Andrea Nahles geht, ja. Anders sehen das die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Julia Klöckner und Kanzleramtsminister Peter Altmaier.
Die SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Andrea Nahles, kann sich nach dem Scheitern der Gespräche über ein Jamaika-Bündnis offenbar die Tolerierung einer unionsgeführten Minderheitsregierung vorstellen.
"Das hängt davon ab, da müssen wir jetzt drüber reden", sagte sie am Dienstag im ZDF-"Morgenmagazin". "Wir sollten darüber reden, wie wir einen Prozess gestalten, der unser Land in eine stabile, neue Regierung führt."
Dieser Prozess könne zum Beispiel in einer Minderheitsregierung münden. Zugleich betonte Nahles mit Blick auf mögliche Neuwahlen: "Da hat niemand wirklich Lust drauf (...) Aber es ist trotzdem eine Option, die wir auch nicht scheuen."
Nahles: Gespräche mit Bundespräsident nicht verweigern
Nahles versicherte, die SPD werde sich dem Gespräch mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nicht verweigern.
Aber den Regierungsauftrag habe jetzt Kanzlerin Angela Merkel. Die SPD-Politikerin betonte: "Die große Koalition hatte auch am Ende inhaltlich nicht mehr die Substanz und die Kraft, die sie vielleicht über Jahre hatte. Und es gibt keinen Automatismus. Wir sind auch nicht der Notnagel von Frau Merkel."
Appell an SPD
Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) appellierte im ZDF an die SPD, die Worte Steinmeiers vom Vortag zu "wägen".
Steinmeier hatte die Parteien aufgefordert, ihrer Verantwortung für das Land gerecht zu werden. Altmaier betonte: "Wir können uns nach so einer Wahl nicht einfach in die Büsche schlagen, deshalb muss die Regierungsbildung das oberste Ziel werden."
Peter Altmaier warnt vor Minderheitsregierung
In den nächsten drei Wochen müsse Klarheit geschaffen werden, ob auf der Grundlage des Wahlergebnisses eine stabile Regierung gebildet werden kann. "Eine Minderheitsregierung, die von niemandem unterstützt und getragen wäre, wäre sicherlich keine gute Lösung für das Land", sagte Altmaier.
Auch die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Julia Klöckner steht einer Minderheitsregierung ablehnend gegenüber. "Ich bin auch der Meinung, dass dies die schlechteste und die schlechtere Variante wäre", sagte sie am Dienstag im Deutschlandfunk. Eine Minderheitsregierung würde zu Unsicherheiten führen.
Julia Klöckner: Auch Neuwahl nur Notlösung
Jedoch sei auch eine Neuwahl, die möglicherweise einen ähnlichen Ausgang bringen könnte, nur eine Notlösung. "Es ist eigentlich ein Ausrufezeichen der Mahnung, dass sich nicht die SPD und andere hinter die Büsche schlagen können", sagte die CDU-Politikerin. Die CDU/CSU stehe klar hinter Angela Merkel als Kanzlerin, da sie als Stabilitätsanker gelte.© dpa