- Noch nie haben so viele Bewerber wie diesmal für das Amt des Bundespräsidenten in Österreich kandidiert.
- Trotzdem gab es mit dem Amtsinhaber einen klaren Favoriten.
- Alexander Van der Bellen ist laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis als Sieger durchs Ziel gegangen.
Alexander Van der Bellen hat die Bundespräsidentenwahl in Österreich gewonnen. Der 78-Jährige kommt laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis auf mehr als 56 Prozent, die erste Hochrechnung sah ihn bei 54,6 Prozent.
Mit dieser absoluten Mehrheit ist eine Stichwahl nicht nötig. Der Kandidat der rechten FPÖ, der 60-jährige Walter Rosenkranz, erreichte 19,1 Prozent der Stimmen. Die anderen fünf Kandidaten liegen jeweils im einstelligen Prozentbereich. Zu ihnen gehörten ein Blogger, ein Kolumnist und ein Schuh-Fabrikant.
Schwankungsbreite ist gering - damit erspart sich Van der Bellen eine Stichwahl
Der ehemalige Grünen-Chef Van der
Der österreichische Bundespräsident hat mehr Befugnisse als der deutsche. Das direkt vom Volk gewählte Staatsoberhaupt hat sogar die Befugnis, die Bundesregierung zu entlassen. Er kann Kanzler ernennen und Minister ablehnen. Er ist außerdem Oberbefehlshaber des Heeres.
Noch nie hatten sich so viele Kandidaten um das Amt beworben. Die meisten Herausforderer von Van der Bellen waren allerdings bisher eher wenig im politischen Betrieb aufgefallen. Sie galten von vorneherein als Außenseiter.
Damit unterschied sich die Ausgangslage zur Wahl 2016. Damals hatte der FPÖ-Kandidat Norbert Hofer im ersten Wahlgang Van der Bellen deutlich geschlagen und war erst bei der Stichwahl unterlegen. Die Wahl machte auch deshalb Schlagzeilen, weil der zweite Wahlgang wegen Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung auf Weisung des Verfassungsgerichts wiederholt werden musste.
Van der Bellen ist der bisher älteste Bundespräsident, der sich um eine zweite Amtszeit beworben hat
Der 78-jährige Van der Bellen ist der bisher älteste Bundespräsident, der sich um eine zweite Amtszeit beworben hat. Er sieht in seinem hohen Alter kein Problem. Das Amt gebe ihm durchaus Kraft, sagte er bei der Stimmabgabe am Sonntag. Van der Bellen war direkt und indirekt von allen Parlamentsparteien außer der rechten FPÖ unterstützt worden.
Spitzenpolitiker und -funktionäre der konservativen ÖVP, der sozialdemokratischen SPÖ und Grünen zeigten sich erfreut und erleichtert über das Wahlergebnis. Die Österreicher hätten für stabile Verhältnisse gesorgt, so ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gratulierte Van der Bellen per Twitter zum Wahlsieg. "Wir stehen in schwierigen Zeiten für ein einiges Europa", schrieb die deutsche Politikerin.
Die ÖVP und die SPÖ hatten keinen eigenen Kandidaten ins Rennen geschickt. Ein Wahlkampf gegen einen Amtsinhaber gilt als aussichtslos - die Parteien sparten sich das Geld dafür lieber. Von Medien wurde kritisiert, dass zum Bewerberfeld keine Frau zählte.
Van der Bellen hatte unter anderem mit dem Slogan "Vernunft und Stabilität in stürmischen Zeiten" für sich geworben. Das Versprechen von Kontinuität hob sich im Wahlkampf deutlich von einem der Hauptthemen einiger seiner Bewerber ab: Die hatten nicht zuletzt die Frage diskutiert, ob sie die Regierung entlassen würden. Der Rechtspopulist Rosenkranz stand für einen radikalen Kurswechsel und lehnt wie seine Partei die EU-Sanktionen gegen Russland ab.
Van der Bellen kann sich Veränderung seines Stils vorstellen
Zwar konnte Van der Bellen mit breiter Unterstützung des politischen und gesellschaftlichen Establishments rechnen, dennoch gehört er zu den weniger populären Bundespräsidenten. Vielen Bürgern, die inzwischen ihre Haltung zur Rolle eines Staatsoberhaupts geändert hätten, sei er in tagespolitischen Fragen zu zurückhaltend gewesen, sagte der Meinungsforscher Christoph Haselmayer. Der 78-Jährige deutete bei seiner Stimmabgabe am Sonntag gegenüber Reportern an, dass er sich eine Veränderung seines Stils in einer zweiten Amtszeit durchaus vorstellen könnte.
Generell ist die Stimmung in der Bevölkerung gegenüber der Politik aktuell sehr negativ. In einer im ORF am Sonntag vorgestellten Umfrage äußerten sich nur 16 Prozent der Bürger zufrieden mit der Politik, 81 Prozent sind demnach "enttäuscht" oder gar "verärgert". Die Entwicklung in Österreich beurteilen laut Umfrage inzwischen 64 Prozent als negativ - 2016 waren es 52 Prozent. "Das ist nochmal eine deutliche Verschärfung", sagte der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier im ORF. (dpa/ank) © dpa