"Baby Diamond": Er heißt "Baby Diamond", kann aber schon rechnen wie die Großen. In Zukunft soll der neue Quantencomputer der Uni Frankfurt Medizin, Pharmazie und Finanzwesen voranbringen.
Noch bevor sie den Nachwuchs überhaupt gesehen haben, wird Wissenschaftsminister Timon Gremmels (SPD) und Digitalministerin Kristina Sinemus (CDU) schon die Patenschaft auferlegt. Er hoffe auf finanzkräftige Taufpaten, sagt der Präsident der Goethe-Universität Enrico Schleiff. Das Baby werde schließlich noch wachsen: "in Bedeutung und Umfang".
Zu sehen ist "Baby Diamond" zunächst jedoch nicht. Der gleichnamige Quantencomputer, der seit einigen Monaten am Institut für Informatik beheimatet ist, steht während seiner "Tauffeier" am Montag im Nebenraum. 40 Zentimeter lang und ebenso breit ist der Computer, auf seinem Deckel steht der Schriftzug des Ulmer Herstellers XeedQ. Dass er derart feierlich in Betrieb genommen wird, hat mehrere Gründe: Zum einen ist "Baby Diamond" einer der ersten Quantencomputer in Hessen. Hinzu kommt, dass seine Umgebung – anders als bei anderen Quantencomputern – nicht bis kurz vor den absoluten Nullpunkt heruntergekühlt werden muss. Ihm reicht eine konstante Raumtemperatur, was die Arbeit mit ihm erheblich erleichtern soll.
Anwendung auch im Finanzwesen möglich
Quantencomputer wie "Baby Diamond" arbeiten mit Quantenbits: Informationseinheiten, die nicht von vornherein auf die Werte null oder eins festgelegt seien, erklärt Thomas Lippert, Professor für Modulares Supercomputing und Quantencomputing an der Goethe-Universität. Das Modell, das nun am Informatikinstitut zum Einsatz kommt, verfügt über fünf Quantenbits. Erst wenn sie ausgelesen werden, nehmen sie einen der Werte an. Fünf Quantenbits können zwei hoch fünf, also 32 Rechnungen, parallel durchführen. Quantencomputer sind damit erheblich leistungsfähiger als gewöhnliche Rechner.
"Das sind wegweisende Möglichkeiten, die uns präziser, aber auch schneller werden lassen", sagt Ministerin Sinemus. Vor allem für Biotechnologie und Pharmakologie berge Quantencomputing ein großes Potential. Doch auch im Finanzwesen könnte der neue Computer angewandt werden, sagt Ulrich Schielein, Vizepräsident der Goethe-Universität. Man sei bereits im Gespräch mit Banken und Unternehmen.
"Wir wollen weiter wachsen"
Die Grundlagenforschung darf dabei jedoch nicht in den Hintergrund treten, wie auf der Übergabefeier mehrfach betont wird. In erster Linie soll der Computer von Studenten ausprobiert und eingesetzt werden. Dabei gehe es einerseits darum, die Technik besser zu verstehen und beispielsweise mehr über die Wechselwirkungen der Quantenbits herauszufinden, sagt Schielein.
Doch auch das Potential von "Baby Diamond" in Verbindung mit Höchstleistungsrechnern solle erforscht werden. Außerdem sei ein Quantencomputerlabor in Planung: "Wir wollen weiter wachsen." Das befürworten auch die frisch ernannten Taufpaten des neuen Rechners. Gremmels wagt schon eine vorsichtige Prognose. Die Finanzierung sei zunächst bis 2030 gesichert, sagt er und ergänzt: "Vielleicht kommt ja auch das eine oder andere Geschwisterchen hinzu." © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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