Der Wandertipp: Zwei Gemeinden, die verschiedener nicht sein könnten. Das katholisch geprägte Obst- und Bauerndorf Ober-Erlenbach, dort der protestantische Töpferort Seulberg.
Dessen Heimatmuseum veranstaltet am Sonntag einen Nikolausmarkt, eine Wanderung dorthin lohnt sich aber auch außerhalb der Adventszeit.
Alle Jahre wieder lädt das Heimatmuseum Seulberg am ersten Dezembersonntag zu seinem Nikolausmarkt. Als noch nicht an jeder Ecke Glühwein dampfte, setzte man in dem Friedrichsdorfer Stadtteil mit einem Markt der Kunsthandwerker und Kulinarien Maßstäbe, denen man seit der Premiere 1984 treu blieb. Die rund 40 Hobbykünstler betreiben ihre Passion aus Freude an kreativer Arbeit, einem Idealismus, wie ihn auch das Haus trägt im Anspruch, nach Gestaltung und Vermittlung den Lebensumständen der Altvorderen authentisch gerecht zu werden.
Eine Besonderheit liegt im Zusammenführen beider. Die Kunsthandwerker sitzen zwischen Werkstätten von Schuster, Töpfer oder Schreiner, während die landwirtschaftliche Abteilung den Kindern gehört, wo sie Lebkuchen mit Zuckerguss und Mandelkern verzieren. Das Gebäck kommt – wie könnte es hier anders sein – von der letzten, mehr als 200 Jahre alten Odenwälder Lebküchnerei. Ansonsten fehlt es draußen und im Museumscafé nicht an Selbstgebackenem und Selbstgebratenem. Außerdem gibt es davor ein Märchenzelt auf der gesperrten Straße.
Das Museum des ältesten Friedrichsdorfer Stadtteils – Ersterwähnung anno 767, wie es gut sichtbar an einer Hauswand prangt – nimmt viele soziale und kulturelle Aufgaben wahr, von Kindergeburtstagen über einen Begegnungskreis Älterer bis zu Jubiläumsveranstaltungen. So kommt es, dass beim Nikolausmarkt die Anbieter auch inmitten der Kulissen einer Sonderausstellung sitzen.
Aktuell will in dem stattlichen Gebäude aus dem späten 18. Jahrhundert, einst Rathaus und Schule, einer der ältesten Vereine Hessens gewürdigt sein, die vor 500 Jahren begründete Seulberger Schützengesellschaft. Zu ihren ursprünglichen Diensten zählte, die dank reicher Tonlager vergleichsweise wohlhabenden Dorfbewohner – die abgabenstärksten der kleinen Landgrafschaft Homburg – gegen äußere Feinde zu schützen.
Wie anders sind dagegen die Verhältnisse der in Sichtweite liegenden Gemeinde Ober-Erlenbach, die sogar Leibeigenschaft kannte. Jetzt ein Stadtteil Bad Homburgs, hatte sie allerdings nichts mit der historischen Landgrafschaft zu tun. Lange in Kurmainzer Besitz, blieb der katholische Glauben gewahrt, als es 1691 den Ort an die Grafen von Ingelheim verkaufte. Ostentativ setzten sie gegen das protestantische Umland ein neues Gotteshaus auf die höchste Stelle.
Die Ausstattung ist zwar barock, entstammt aber überwiegend dem 1815 abgebrochenen Kloster Ilbenstadt. Auch die Ausmalung wurde sehr viel später (1926) aufgebracht, dann wieder verborgen, um erneut freigelegt und ergänzt zu werden. Nur Engel fehlen. Die sind für eine kleine Sonderschau im hiesigen Heimatmuseum eingeflogen. Wo man sich primär Obstanbau und dem Fruchtsaftpionier Josef Baumann widmet, gehört ein Raum der stimmungsvoll arrangierten Himmelsschar aller Größen und Materialien.
Wegbeschreibung
Los geht es an der S-Bahn-Station von Friedrichsdorf-Seulberg. So nicht erst der Besuch des Nikolausmarktes im Heimatmuseum voransteht, hält man sich rechtsseitig über den Parkplatz, wenige Schritte das Sträßchen hinab und rechts zur Straße Frankfurter Hohl. Sie wechselt in einen Feldweg und mit ihm die Bahngleise unterquert.
Dahinter links und kurz darauf rechts weiter leicht hinan durch Streuobstwiesen zum früheren, bis ins 17. Jahrhundert reichenden Jüdischen Friedhof von Seulberg. Das Tor zwischen zwölf hohen Basaltsäulen für die israelitischen Stämme wurde den Gesetzestafeln der Zehn Gebote nachempfunden. Der oberhalb davon liegende Hardtwald lässt sich abschneiden: links über schmalem Weg knapp unter Bäumen zur Kreuzung vor dem Villenviertel. Ansonsten steigen wir in den Pfad gegenüber ein und am ersten Querweg rechts aufwärts bis zu einer Kreuzung; dort, mit Blick zu dem Hügelgrab, links gen Bad Homburg.
Gut 700 Meter später, knapp vor den Häusern, biegt man links ab, vorbei am Hotel Hardtwald und einer Reitanlage geradeaus, auch über die Kreuzung wieder etwas ansteigend, wo der Wandel des Hardtwalds zu einem Naturwald fortschreitet. Kurz hinter der Klinik heißt es links und nach knapp 200 Metern rechts zu besagter Villenkolonie. Mit Abstecher durch die Straße Am Baumgarten gelangt man zum Aussichtstürmchen Ellerhöhe. Als es 1873 erbaut wurde, stand kein Haus, und heute überragt es trotz späterer Erhöhung kaum noch die Bäume der großzügigen Anwesen.
Zurück und leicht abwärts zwischen Häuserfront und Wald, wird an dessen Ende links auf den Feldweg gebogen und nach 100 Metern rechts, vorbei am großen Pferdehof, rund 300 Meter zur Bahnbrücke. Jenseits begleitet man rechts auf gesondertem Fuß-/Radweg die Landstraße, um 150 Meter weiter – über die Fahrbahn – links abermals in Felder einzuschwenken.
Der befestigte Feldweg steuert ein früheres Wasserwerk an. Von dort an kann die Runde unter Auslassen von Ober-Erlenbach verkürzt werden. Dann schließt man sich links der Regionalparkroute Rhein-Main an. Trotz mehrfachen Abbiegens der asphaltierten Wege sind die Richtungspfosten mit der roten Pyramide lückenlos präsent. Kurz vor der Umgehungsstraße bleiben sie links über die Kreuzung zurück. Vilbeler und Morrstraße weisen in die Mitte von Seulberg.
Für die ausholenden Schleifen halten wir uns an dem alten Wasserwerk rechts zum neuen und dahinter links. Die vorherrschenden Äcker und Obstbäume stimmen auf den 500 Meter entfernten "Lernbauernhof" ein. Das insbesondere Schulklassen ansprechende Renommierprojekt der Regionalparkroute darf im Außenteil frei betreten und ein Lehrpfad abgegangen werden.
Noch 200 Meter, und wir orientieren uns links in den Ober-Erlenbach anzeigenden Querweg. Eine Allee reicht bis zur Autobahn, und dahinter einen Kilometer geradeaus zur Brücke über den Erlenbach. Rechts zur Josef-Baumann-Straße und gleich links in den Fußweg vor der Zehntscheune aus dem 16. Jahrhundert und weiter in die Bornstraße, erreicht man die Martinskirche. Etwas versetzt rechts steht das Alte Schulhaus mit dem Heimatmuseum.
Zurück gehen wir vor der Zehntscheune rechts in den schmalen Gang und drüben, jenseits der Straße, halb rechts gen Erlenbachhalle. Dahinter beginnt ein urtümlicher Weg durch das Flusstal. Erst noch Kleingärten und eine Tennisanlage passiert, folgen wir dem Schlängelpfad zwischen Gewässer und Gehölzen. Auch hier stehen die Zeichen auf Naturbelassenheit. Der Preis ist allerdings, dass nach 500 Metern – vom Waldeintritt an – umgestürzte Bäume den Weiterweg versperren. Dort, in Höhe der Bank, lässt sich dem per Trampelpfad rechts aufwärts ausweichen. Oben kommt man an einer Schafsweide heraus. An dieser Stelle trifft auch ein, wer den bei Nässe rutschigen Uferweg vermeiden möchte. Dann kurz nach dem Brückchen an der Gabelung rechts hinan und am Waldrand entlang.
So oder so, über begrasten Wegen geht es auf erhöhter Warte rund einen Kilometer zu mehreren Einrichtungen verschiedenster Provenienz. Daran vorbei, biegen wir an einer Immobilienvertretung mit der hinzugekommenen Regionalparkroute links ab und lassen uns von ihr zu einem Steg über den Erlenbach leiten und bei mehrmaligem Abknicken durch die Felderebene der Autobahn entgegen.
Auf der anderen Seite wird vor Seulberg die Umgehungsstraße unterquert, weiter in Gärten und schmalen Durchgängen zur Straße Alt Seulberg, an der sich die hoch aufragende Pfarrkirche und das Heimatmuseum gegenüberstehen. Zur S-Bahn braucht man nur der Ausschilderung oberhalb der Pfarrkirche zu folgen.
Anfahrt
Friedrichsdorf-Seulberg liegt zwar in Nachbarschaft zur A5, hat aber keine Anschlussstelle. Von der Ausfahrt Nieder-Eschbach der A661 Richtung Bad Homburg und nach Unterqueren der A5 geht es rechts auf die parallel verlaufende Umgehungsstraße, Abzweig Seulberg (von Norden A5, Abfahrt Friedberg).
Nach Seulberg fahren als öffentliche Verkehrsmittel die Taunusbahn sowie die S5.
Sehenswert
Friedrichsdorf-Seulberg besitzt trotz seiner bis ins 8. Jahrhundert reichenden Geschichte keine älteren Bauwerke. Bewahrt blieb aber die Grundanlage als "Rundling" am Seulbach. Überragt wird es vom 50 Meter hohen Turm der Pfarrkirche von 1862; gegenüber steht das vormalige Rat- und Schulhaus aus dem späten 18. Jahrhundert, heute Heimatmuseum.
Älter ist die Substanz von Ober-Erlenbach. Zwischen verwinkelten Höfen und Gebäuden ragen die Zehntscheune in Bruchstein aus dem frühen 16. Jahrhundert sowie die Pfarrkirche von 1765 heraus. Der erhöht stehende Saalbau zeigt an der Portalfront ein Sandsteinrelief des Heiligen Martin. Die Ausstattung entstammt dem Barock. Eine Dreymann-Orgel wurde 1840 eingebaut.
Öffnungszeiten
Heimatmuseum, Alt Seulberg 46, mittwochs und donnerstags von 9 bis 12.30, sonntags von 14 bis 17 Uhr. Der Nikolausmarkt findet am Sonntag, 1. Dezember, von 10 bis 18 Uhr statt. Das Heimatmuseum Ober-Erlenbach (Altes Schulhaus) steht am 1. und 3. Sonntag im Monat von 15 bis 17 Uhr offen (beide Häuser sind eintrittsfrei). © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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