Ganz hat Alexander Oehm die Hoffnung noch nicht aufgegeben. "Anfang Januar 2025 werden wir wahrscheinlich schließen", sagt er auf Anfrage des "Leverkusener Anzeiger".
Dr. Oehms Apotheke an der Lützenkirchener Straße ist seit Generationen ein wichtiger Anlaufpunkt für die Menschen in Quettingen und Lützenkirchen. Oehms Großvater hat sie 1951 gegründet. Doch nun ist bald Schluss, wenn sich nicht doch noch jemand findet, der die Apotheke übernehmen und fortführen möchte.
Wie sehr Alexander Oehm die mögliche Schließung bedauert, wird im Gespräch mit ihm fast unmittelbar deutlich. Kaum hat der Austausch begonnen, erwähnt er, dass Mitglieder seiner aus dem Sudetenland stammenden Familie bereits seit bald 230 Jahren als Pharmazeuten die Menschen mit Arzneien versorgen, seit 1796. "Die Situation jetzt ist sehr bitter und sehr traurig für uns, aber die Rahmenbedingungen sind so dermaßen schlecht", sagt Oehm.
Leverkusen: Apotheker finden kein Personal
Der Frust darüber, dass Apotheken "von allen Seiten" zerstört würden, drückt sich auch in einem Aushang im Schaufenster an der Lützenkirchener Straße aus. Von steigenden Rabattabschlägen für die Krankenkassen ist da die Rede und erhöhtem bürokratischen Aufwand für die Pharmazeuten. Fehlendes Personal sind ein weiteres Problem für Oehm. Denn bereits seit Oktober bleibt die Apotheke samstags geschlossen, weil Fachkräfte nicht zu finden sind. "Man bekommt kein Personal und wenn, dann muss man Übertarife zahlen."
Oehm fühlt sich von den Krankenkassen schikaniert und von der Politik ignoriert. Er gebe die Hoffnung nicht auf, sieht seine Chancen, doch noch einen Nachfolger zu finden, aber bei nur fünf Prozent. "Es tut uns besonders leid für die Bevölkerung, für die Patientinnen und Patienten. Man kennt diese Menschen seit Jahrzehnten", sagt Oehm, der seine eigene berufliche Zukunft als angestellter Apotheker oder in der Industrie sieht. "Ich bin 54. Ich kann mich noch nicht zur Ruhe setzen."
Fehlendes Personal und steigende Rabatte für die Krankenkassen erwähnt im Gespräch auch Sabine Stausberg. Sie betreibt die Maurinus-Apotheke in der gleichnamigen Straße, etwas mehr als zehn Minuten zu Fuß von der Dr. Oehms Apotheke entfernt. Noch, muss man sagen. Stausberg hat anders als Oehm ihre Entscheidung bereits getroffen. Ende Dezember ist definitiv Schluss. Die Apothekerin hatte erst im Juli die traditionsreiche Eulen-Apotheke an der Wiesdorfer Hauptstraße geschlossen.
Stausberg bemängelt genauso wie Oehm die Unterfinanzierung der Apotheken. "Seit 2005 sind die Honoraraufschläge für die verschreibungspflichtigen Medikamente nicht mehr verändert worden", kritisiert die 60-Jährige im Gespräch. Verschreibungspflichtige Medikamente beziehungsweise die den Apothekern für diese Arzneien gewährten Preisaufschläge sind ihr wichtigster Umsatzbringer. Von diesen Aufschlägen profitieren aber auch die Krankenkassen. Und deren Rabatt auf diese Aufschläge ist seit 2005 sehr wohl erhöht worden.
Stausberg erläutert, dass der konkrete Grund, an der Maurinusstraße zu schließen, allerdings der Personalmangel sei: "Apotheker und Apothekerin – das ist schon lange ein Mangelberuf. Es gibt eben Berufe, wo das Studium entspannter ist und die nicht mit Nacht- und Notdiensten verbunden sind." Stausberg fühlt sich wie Oehm "von der Politik gleich welcher Couleur im Stich gelassen".
Klaus Schaefer, Sprecher des Apothekerverbandes Nordrhein, resümiert, dass in Leverkusen im nun zu Ende gehenden Jahr insgesamt vier Apotheken aufgegeben haben oder vor der Aufgabe stehen – neben den beiden in Quettingen und der in Wiesdorf auch noch die Rheindorfer Apotheke. Schaefer erwähnt, dass Apotheker einem Gesetz von Anfang 2023 zufolge auch kein Skonto mehr auf Einkäufe erhalten, was deren Einkünfte zusätzlich schmälert. Die Konkurrenz durch Online-Apotheken spiele hingegen entgegen landläufigen Meinungen nicht so eine große Rolle. "Die Rendite ist immer schmaler geworden und die Rentabilität geringer", so Schaefer, dessen Tochter Antonia in Rheindorf die Ahorn-Apotheke führt. © Kölner Stadt-Anzeiger
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