Pünktlich zum ersten Advent hat sich der Vorhang gehoben und das raumfüllende Gerüst ist abgebaut. Erstmals seit dem Mittelalter sind die 800 Jahre alten Freskomalereien im Chor der Morsbacher Basilika St. Gertrud jetzt wieder mit vielen Details für Kirchenbesucherinnen und Kirchenbesucher sichtbar. Fast zwei Jahre lang war diese Baustelle verborgen hinter einer weißen Staubschutzfolie.

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Die Malereien, ursprünglich in Fresco-Kalksecco-Technik ausgeführt, sind in dieser Zeit restauriert worden und haben nun wieder ein farblich frisches und vielfach klar erkennbares Erscheinungsbild.

Pfarrer Tobias Zöller ist froh, "dass nach dieser langen Phase des Orgelbaus und der Restaurierungsarbeiten im Chor jetzt die Basilika wieder in vollem Umfang zur Verfügung steht". Und er stellt fest: "Die mittelalterlichen Malereien sind ein sichtbares Zeugnis, wie Menschen in früheren Zeiten ihrem Glauben und ihrer Hoffnung Ausdruck verliehen haben."

Auch Landeskonservator Klaus Thiel setzte sich für die Restaurierung in Morsbach ein

Auf Betreiben eines Morsbacher Lokalhistorikers hatten sich ab 2015 der Landeskonservator Klaus Thiel, die Diplom-Restauratorin Sigrun Heinen vom Amt für Denkmalpflege des Landschaftsverbands Rheinland und vom Erzbistum Köln die Diözesankonservatorin Anna Pawlik sowie die Baureferentin Diana Littke für die Restaurierung der Malereien auf mehr als 150 Quadratmetern eingesetzt.

Alle Beteiligten hatten damals erkannt, dass sich die Malereien in einem äußerst schlechten Zustand befanden und ihnen Staub, Kerzenruß, Risse, Feuchteflecken, Putzablösungen und Putzhohlstellen über Jahrzehnte stark zugesetzt hatten. Details waren kaum noch zu erkennen.

Die Arbeiten wurden schließlich vom Erzbistum und der Denkmalbehörde genehmigt und komplett aus Mitteln der Kirchensteuer bezahlt, da es sich hierbei um eine denkmalpflegerische Maßnahme von überregionaler Bedeutung gehandelt hat und die Morsbacher Basilika ein wichtiges Kulturobjekt darstellt.

Die Arbeit auf dem neun Meter hohen Gerüst in Morsbach war eine Heruasforderung

Die Kölner Diplom-Restauratorin Birgit Schwieder erhielt den Auftrag, die anspruchsvolle Restaurierung mit einem Team durchzuführen. Die Malereien in der Apsis, an der Chordecke und den Seitenwänden des Chores, teilweise in einer Höhe von neun Metern, wurden ab Januar des vergangenen Jahres gesichert, konserviert und gereinigt. Stellen, an denen der Putz fehlte, wurden gekittet oder ergänzt und retuschiert. Die großen, stark gedunkelten Fehlstellen wurden aufgehellt und von Schwieder dann farblich an den Originalbestand angepasst.

Ziel war es, die Malereien wieder in einer viel deutlicheren Qualität sichtbar werden zu lassen und sie durch die konservatorischen Maßnahmen für lange Zeit zu erhalten. Ein Team aus den vier Restauratorinnen Birgit Schwieder, Lilian Pauli, Daniela Annika Klumpp und Uta-Barbara Riecke hat die Arbeiten in 23 Monaten ausgeführt, jüngst hat deren Abnahme stattgefunden. Alle damit Beauftragten sind tief beeindruckt von der Wiederherstellung der optischen Aussagekraft dieser mit 800 Jahren ältesten noch vorhandenen Wandmalereien im Oberbergischen Kreis.

Im kommenden Jahr soll es eine ausführliche Beschreibung der Morsbacher Malereien geben

Sigrun Heinen vom Landschaftsverband hebt etwa hervor, "dass die Basilika St. Gertrud unter den ,Bunten Kirchen in der Region schon etwas Besonderes ist". Und sie ergänzt: "Interessant sind vor allem der Zackenstil der Figurengewänder und die kleinteiligen Darstellungen, die glücklicherweise durch die Restaurierungsarbeiten wieder zum Vorschein gekommen sind."

Für die Diözesankonservatorin Anna Pawlik ist derweil sicher: "Die Morsbacher Freskomalereien zählen zu den größten erhaltenen Malereien dieser Art im Erzbistum Köln." Sie betont zudem: "Diese erstrecken sich hier nicht nur über Apsis und Gewölbe, sondern auch über die Chorwände. Den Chorraum kann man jetzt ganz anders wahrnehmen." Eine ausführliche Beschreibung der Malereien soll im kommenden Jahr folgen.

Zur Wiedereröffnung werden am Samstagabend, 30. November, ab 18.30 Uhr während des Gottesdienstes in der Basilika mittelalterliche Gesänge aus der Entstehungszeit der Wandmalereien erklingen. Zu hören ist das Vokalensemble A Cappella Köln unter der Leitung von Dirk van Betteray.

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Was stellen die Wandmalereien dar?

  • Die Malereien stammen aus der Zeit um 1260. Später sind die Originale mit anderen Motiven mehrfach übermalt worden, so zum Beispiel in den 1860er und 1920er Jahren. Nach einem Brand der Weihnachtskrippe in der Silvesternacht 1953/54 mussten die Kirchenwände von Ruß gereinigt werden, und dabei entdeckte man die ursprünglichen Freskomalereien wieder.
  • Das Chorgewölbe ist einem Marienzyklus gewidmet, der mit der Verkündigung an Maria beginnt. Es folgt die Geburt Christi mit der Krippendarstellung, Ochs, Esel, Engeln und dem Weihnachtsstern. Die Szene der Darbringung im Tempel, bei der Maria Simeon den kleinen Christus überreicht, schließt sich an. Begleitet wird sie von einem Juden mit typischem Judenhut.
  • Im Westen ist der Zyklus mit der Darstellung der Krönung Marias durch Christus zu sehen. In der Apsiskalotte war ursprünglich Christus dargestellt, umgeben von Heiligen. Zu erkennen sind heute die ihm umgebende Aura, seitlich davon vermutlich der Heilige Petrus und eine weibliche Heilige sowie darüber und darunter die Evangelistensymbole von Johannes (Adler), Lukas (Stier) und Matthäus (Engel). Darunter, zwischen den Fenstern, sind Ritter dargestellt, vermutlich handelt es sich um römische Legionäre.
  • An den oberen Hälften der Süd- und Nordwand sind vermutlich vier Apostel dargestellt. Die unteren Wandbereiche zeigen an der Südwand die biblische Szene der "Seelenwaage" (mit Waage, Erzengel Michael und Teufeln) und rechts die Auferstehung von den Toten mit Figuren und einem Sarkophag.
  • An der Nordwand zeigt der untere Bereich Bischofsdarstellungen und Fragmente weiterer noch nicht definierter Personen.

  © Kölner Stadt-Anzeiger

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