Die ersten Testmodelle mit der neuen Van.EA-Plattform von Mercedes werden aktuell unter eisigen Bedingungen erprobt – und wir hatten nicht nur die Gelegenheit, als Beifahrer dabei zu sein, sondern konnten sogar selbst testen.

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Bereits im Dezember letzten Jahres hat Mercedes ihn angekündigt: den neuen VAN.EA. Die Abkürzung steht für Mercedes-Benz Van Electric Architecture und soll ab 2026 die neue Elektro-Architektur für alle mittelgroßen und großen Vans von Mercedes-Benz sein.

Im winterlichen Nordschweden, oberhalb des Polarkreises, durften wir eine Probefahrt mit einem VAN.EA-Prototypen durchführen. Genau dort finden die ersten Probefahrten mit dem V-Klasse-Nachfolger statt. Zwei Prototypen stehen bereit, einer davon wird von Chefingenieur Benjamin Kaehler gesteuert. Mit routinierter Hand lenkt er den Van über den Parcours, erklärt Details zum Testprogramm und demonstriert, was das Fahrzeug auf Schnee und Eis leisten kann.

Allrad und Hinterachslenkung für souveräne Kontrolle

Über technische Daten schweigt sich Mercedes noch aus. Bekannt ist aber, dass der VAN.EA mit einem 4Matic-Allradantrieb ausgestattet ist, der aus je einem Elektromotor an Vorder- und Hinterachse besteht. Besonders interessant: Die Prototypen verfügen über eine Hinterachslenkung, die später optional erhältlich sein soll.

Kaehler zeigt, wie sich das Fahrzeug auf winterlichem Untergrund verhält. Eine der wichtigsten Prüfungen ist die sogenannte µ-Split-Bremsung. Dabei steht das griechische Zeichen "My" (µ) für den Reibwert der Straßenoberfläche. Der Test: Eine Vollbremsung aus 80 km/h – auf der linken Fahrzeugseite festgefahrener Schnee, rechts blankes Eis. Zunächst probiert es der Ingenieur selbst, dann darf der Redakteur ans Steuer.

Stabilität trotz widriger Bedingungen

80 km/h auf dem Display, dann eine Vollbremsung. Doch statt Rutschen oder Schlingern bleibt der Van beeindruckend stabil. Ein leichtes Zucken im Lenkrad – mehr passiert nicht. Das Fahrzeug bleibt auf Kurs und kommt sicher zum Stillstand. Nicht einmal ein Pulsieren im Bremspedal ist spürbar. Es deutet vieles darauf hin, dass auch im VAN.EA eine entkoppelte Brake Control Unit (BCU) zum Einsatz kommt.

Das Testprogramm geht weiter – mit einer beeindruckenden Wendeübung auf kleinstem Raum. Das abgesteckte Quadrat wirkt vom hohen Fahrersitz aus winzig, doch dank der mitlenkenden Hinterachse schafft der Van die Kurve mühelos.

Eine mitlenkende Hinterachse für Manövrieren auf engstem Raum wäre eine echte Bereicherung für Urban Camper. Ein neuer Marco Polo beispielsweise mit dieser Ausstattung, könnte sich in Städten in enge Parklücken zwängen.

Dynamik, die überrascht

Auch auf der Handlingstrecke zeigt der Prototyp ein agiles Fahrverhalten, das eher an einen Pkw als an einen klassischen Transporter erinnert. Die Lenkung reagiert direkt, das Fahrzeug bleibt selbst bei spontanen Lastwechseln stabil. Der kräftige E-Antrieb mit zwei Motoren sorgt für dynamischen Vortrieb, während das Fahrwerk nur kurz mit aufleuchtenden Traktionskontrollanzeigen an den winterlichen Untergrund erinnert.

Ein AMG-Kollege soll an der Abstimmung beteiligt gewesen sein – ein Hinweis auf künftige Performance-Varianten? Gerüchte über luxuriöse VIP-Shuttle-Versionen oder eine AMG-Variante mit weit mehr als den kolportierten 300 kW machen bereits die Runde.

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Zukunftstechnologie serienreif

Die technischen Grundlagen für solche Modelle sind jedenfalls vorhanden: 800-Volt-Technik, das MB.OS-Betriebssystem sowie Luftfederung und Hinterachslenkung. Und auch ein VAN.EA mit Hybridantrieb ist längst kein Geheimnis mehr.

Die Testfahrten zeigen: Der nächste Mercedes-Van hat mehr zu bieten als nur Alltagstauglichkeit – er bringt Fahrdynamik in eine Fahrzeugklasse, die bislang nicht für Agilität bekannt war.

Wir der Van.EA die neue Basis für den Marco Polo?

Für Campingfans besonders interessant an diesem Prototypen, ist natürlich, ob der VAN.EA auch Basis für den neuen Marco Polo sein wird. Das können wir eindeutig mit "Ja!" beantworten. Mit dem Ende der V-Klasse 2026 wird der Marco Polo zunächst auf der elektrischen Plattform Van.EA und später voraussichtlich auf dem Verbrenner-Pendant VAN.CA gebaut werden. Die Produktion des Marco Polo wird mit dem Ende der V-Klasse außerdem von Westfalia zu Mercedes selbst verlagert. Weitere Details dazu lesen Sie hier.

Außerdem enthüllte Mercedes erst kürzlich die ersten Bilder eines Showcars namens Vision V, dessen Technologie wohl dem getarnten Fahrzeug aus dem Fahrtest entspricht.   © Promobil