Breit und beharrlich drängt die Oder in das Haff. Kurz vor ihrer Mündung feiert sie Stettin mit Häfen, Brücken, Promenaden. Die vornehmsten Gebäude, darunter Greifenschloss und Wały Chrobrego, wenden sich ihr zu. Schon mitten in der Stadt wird sie zum Tummelplatz von großen Schiffen. Bald ist der Fluss ein Teil der Ostsee.

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Hinter lichten Küstenwäldern breiten sich die Dünen aus oder wie auf Wolin bis zu 95 Meter hohe Klippen. Stets dahinter: schier endloser Strand und bis zum Horizont das dunkelblaue Mare Balticum. Bunte Fischerkähne, Möwen, Leuchttürme und Molen in vielerlei Gestalt. Sand und Wasser, Wind und Sonne. Westpommern im Nordwesten Polens ist ein Land des Meeres. Das prägt sein Gesicht genauso wie den Rhythmus hier. Der entspannte Takt der Ostseewellen scheint selbst in der Pojezierze (Seenplatte) noch zu wirken. Wer hier Urlaub macht, erlebt vor allem stille Wälder, Seen und Flüsse, doch auch mittelalterliche wie moderne Städte, viel Kultur und spannende Geschichte. Für Camping-Fans ist die Region das reinste Paradies.

Szczecin (Stettin) und sein Haff

Bevor das Reisemobil zum nächsten Stellplatz rollt, parkt es für einen Zwischenstopp in Szczecin (Stettin) – sprich "Schtschähtchin". Die alte Hansestadt und Herzogsresidenz ist heute Regionalhauptstadt Westpommerns. Je nachdem, aus welcher Richtung die BesucherInnen kommen, öffnet sich ihnen die moderne, aufstrebende Hafenstadt zwei Fahrstunden von Berlin als Tor zur Ostsee oder Tor zur Westpommerschen Seenplatte. Mit ihren eleganten, einladenden Promenaden flankiert sie wirkungsvoll die Oder.

Am Ufer unter alten, frisch bemalten Hafenkränen tanzt man am Wochenende Tango. Auf breiten, flachen Stufen sitzen oder liegen Leute, trinken, essen, lesen oder schauen einfach auf den Fluss, die Schiffe und die Altstadt gegenüber. Deren Silhouette prägen Jakobskirche, Greifenschloss und die Wały Chrobrego (Hakenterrasse) mit ihren imposanten Bauten. Neu ins Bild mischt sich seit Kurzem das maritime Wissenschaftszentrum in Form eines Schiffsrumpfs, Morskie Centrum Nauki (MCN). Zum verjüngten Antlitz von Stettin trägt auch die preisgekrönte Mieczysław-Karłowicz-Philharmonie bei. Ihre halbtransparente Fassade erinnert an die Zacken einer Krone oder die Konturen hoher, schmaler Bürgerhäuser. Von innen beleuchtet, lässt sie am Abend den modernen Musentempel in dezentem matten Glanz erstrahlen, fragil und schwebend leicht wie ein Papierlampion.

Die Liste von Kultur- und Kunstadressen ist fast genauso lang wie die der Restaurants. Einige der besten sind das Brauhaus Nowy Browar, Emilio, Paprykarz Fish Market und Spizarnia Szczecinska.

Nur ein paar Fahrminuten von der City schwillt die Oder an zum Da¸bie (Dammscher See), um bei Trzebiez˙ (Ziegenort) wieder als Fluss in das Stettiner Haff zu münden. Die Landschaft ringsherum besteht aus Wald und grünen Ufern, teils auch sand- und kiesbedeckten Badestränden, ja sogar aus kleinen Klippen. Viele Fischerorte hier sind beliebte Ferienziele. Zu den schönsten Stell- und Campingplätzen zählt "Okeanos" in Nowe Warpno (Neuwarp) an einer Bucht des Haffs.

Der besondere Tipp: Der legendäre Smyk sollte wie der Trabant in der DDR zum sozialistischen Volksauto werden. Doch kam der 1957 in Warschau entwickelte, türenlose Miniwagen mit Frontklappe nicht über eine Versuchsserie hinaus. Nur 17 Stück des Viersitzers wurden produziert. Zwei davon sind im historischen Stettiner Straßenbahndepot zu bestaunen. Das dortige Museum für Technik und Kommunikation präsentiert vor allem Fahrzeuge.

Die Ostseeküste Polens

Die nächsten Meeresorte von Stettin liegen auf den großen Inseln. Die östlichste, Uznam (Usedom), teilt sich Polen mit Deutschland. Ihr populärstes polnisches Ostseebad ist Swinoujscie (Swinemünde) mit seinem Wahrzeichen, der Mühlenbake. Der zehn Meter hohe, zierliche Leuchtturm mit seinen Flügelrädern von 1874 ist die wohl meistfotografierte Sehenswürdigkeit an Polens Küste.

Östlich davon liegt die Insel Wolin (Wollin) mit dem gleichnamigen Nationalpark. Auch der Hauptort heißt Wolin. Im Mittelalter zählte die multiethnische Hafen- und Handelsstadt zu den reichsten in Europa. Ihr Erbe pflegt das Slawen- und Wikingerzentrum "Jomsborg-Vineta-Wolin".

Das lebendige Freilichtmuseum dient als Labor für experimentelle Archäologie. Dafür sorgen nicht zuletzt Freiwillige, die die rund 30 rekonstruierten mittelalterlichen Holzhäuser als Handwerker, Bauern oder Fischer bewohnen. Dabei tragen sie selbstgefertigte Kleidung, arbeiten und ernähren sich, musizieren, feiern und kämpfen im Stile von vor 1.000 Jahren.

Das am häufigsten besuchte Ostseebad der Insel ist Miedzyzdroje (Misdroy) mit zahlreichen Hotels und Freizeitattraktionen. Die meisten und besten Stell- und Campingplätze an der polnischen Ostseeküste sind auf dem Festland weiter östlich zwischen Kołczewo und Darłowo zu finden.

In diesen Abschnitt ordnen sich auch mehrere Kurorte ein. Der prominenteste direkt am Meer ist Kołobrzeg (Kolberg). Im Ausland eher unbekannt ist Kamien Pomorski (Cammin in Pommern), eine hübsche Kleinstadt am Camminer Bodden. Die schönsten Ostseestrände liegen üblicherweise außerhalb der Orte, wo es keine gastronomischen und Freizeitangebote gibt.

Eine Ausnahme ist das Steilufer von Rewal (Rewahl) und seinem Ortsteil Trzesacz (Hoff). Die dort befindliche Kirchenruine aus dem 15. Jahrhundert ist so malerisch, dass sie allein der Künstler Lyonel Feininger in 30 Werken verewigte.

Der besondere Tipp: Das Wisent-Schaufenster bei Miedzyzdroje ähnelt einem Tiergehege, ist aber der Ausschnitt eines 28 Hektar großen Reservats, bewohnt von einer Herde der letzten europäischen Wildrindart. Plattformen erleichtern das Beobachten der Wisente, der Stars des Nationalparks Wolin. Das von Buchenwäldern geprägte Naturschutzgebiet umfasst auch Steilklippen und Teile der Ostsee, wo Schweinswale und Kegelrobben leben.

Die Pommersche Seenplatte

Alle kennen die Masurische Seenplatte, wo sich im Sommer bereits vielerorts die Gäste drängen. Die Pommersche Seenplatte mit mehr als 1.000 Seen zwischen Zehden (Cedynia) und Szczecinek (Neustettin) ist nicht weniger schön, doch sehr viel unbekannter und deutlich menschenleerer. Zu ihren malerischsten Gegenden gehört die waldig-hügelige Pommersche Schweiz, auch Dramburger Seenplatte genannt. Ihr Herzstück ist der 80 Meter tiefe Drawsko (Dratzigsee), ein Wassersportrevier mit zahlreichen Buchten und Inseln.

Neben vielen weiteren, meist kleinen Seen besteht die zauberhafte Landschaft aus bis zu 220 Meter hohen Hügeln – bewaldet wie die teils sehr engen Schluchten und Flusstäler. Das fesselndste gehört der Drawa (Drage). Ihr Quellgebiet liegt im Fünf-Seen-Tal, auch als Polziner Schweiz bekannt. Quer durch dieses Naturschutzgebiet führt die Salzroute, ein rotmarkierter Wanderweg von Kolberg über Połczyn-Zdrój (Bad Polzin) nach Czaplinek (Tempelburg) mit seiner sehenswerten Altstadt.

Eine Autostunde von dort beginnt der Drage-Nationalpark. Sandige Böden und Kiefernwälder dominieren diese Wald- und Seenlandschaft. Schöpfer und Lebensadern sind die Drage und ihr Nebenfluss Płociczna (Plötzenfließ) mit vielgestaltigen Ufern. Meist bewegen sich die beiden Flüsschen still, kaum spürbar. Umso überraschender gebärden sie sich in den engen Schluchten, wenn sie für kurze Zeit zu wilden kleinen Strömen werden.

Für ruhigere Paddeltouren bieten sich die Seen im Nationalpark an. Charakteristisch für das Schutzgebiet mit dem Fischotter im Logo ist seine artenreiche Fisch- und Vogelwelt. Platz für Reisemobile bietet Camping Inter Nos am Lubie (Großer Lübbesee) in Złocieniec (Falkenburg).

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Der besondere Tipp: Die Farm von Juchowo bei Szczecinek (Neustettin) betreibt nachhaltig Ackerbau und Viehzucht und ist ein Ort zum Lernen und Erleben. Der Bauernhof der gemeinnützigen Stanisław-Karłowski-Stiftung steht Besuchern immer offen. Auf 1.900 Hektar findet hier biodynamische Landwirtschaft statt. Ethische und soziale Werte spielen eine große Rolle. Zum Team gehören Ökobauern, Handwerker und Lebensmittelproduzenten, darunter viele Menschen mit Behinderungen, aber auch Wissenschaftler und Pädagogen. Der Hofladen hat täglich geöffnet. Neben frischen Feld- und Gartenprodukten werden Käse, Körner, Mehl und Sirup verkauft.

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