Natürlich, man kann sich die Bundesliga-Tabelle schönreden. Borussia Dortmund hat nur zwei Punkte Rückstand auf Bayern München und noch immer alle Chancen, die neunte Deutsche Meisterschaft zu gewinnen.
Trainer
So leicht darf man Favre mit seinen Ausreden nicht mehr davonkommen lassen. Der Hasenfuß-Auftritt in der Allianz-Arena ist kein Malheur, das jeder Mannschaft, die mit der psychologischen Belastung eines Spitzenspiels nicht klarkommt, passieren kann. Seit Jahresbeginn leistet sich das Favre-Team regelmäßig auf dem Rasen einen Nicht-Angriffspakt, wenn es drauf ankommt: Der BVB kann Big Points machen, entscheidende Punkte - und versagt in Gänze.
Sportdirektor Michael Zorc muss das Unheil geahnt haben. Sonst hätte er vorher nicht "Männerfußball" eingefordert, also eine Körpersprache, die an keiner Taktiktafel mit gelben und roten Punkten zum Ausdruck gebracht wird, sondern mit der martialischen Grundeinstellung zum Gegner: "Die machen wir fertig!" Dass Favre im Gespräch bei Sky-Reporter Patrick Wasserziehr nichts mit diesem Begriff anzufangen weiß, spricht Bände. Er versteht die BVB-DNA nicht.
System Favre bringt zu wenige Früchte ein
Man tut Favre unrecht, wenn man immerzu die Meistertrainer Jürgen Klopp und Matthias Sammer als Trainertypen entgegenhält, die ihren Spielern so viel Dampf gemacht hätten, dass sie doppelt so schnell rennen. Auch unter ihnen gab es bittere und bisweilen hohe Niederlagen in wichtigen Auseinandersetzungen. Man kann keinen Trainer über Nacht ändern. Wer Favre holt, kriegt Favre. Nur muss man genauso sagen dürfen: Das System Favre bringt zu wenige Früchte ein.
Die Freude über die Vizemeisterschaft 2018/19 kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Platz eins leichtfertig verschenkt wurde, die Begeisterung über die Aufholjagd zuletzt in der Champions League gegen Inter Mailand (3:2) nicht, dass die erste Halbzeit schlecht lief. Favre konnte jetzt die angeschlagenen Bayern mit ihrem Interimstrainer Hansi Flick nicht hinters Licht führen. Ja, in der Bundesliga-Tabelle ist die Blamage reparabel. Aber man hört diesen Satz zu oft in Dortmund.

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