Es ist unbestritten: Clemens Tönnies hat im Sommer eine rassistische Äußerung zu Afrika getätigt und sein FC Schalke 04 eine selten dämliche Reaktion gezeigt. Die Vereinsgremien und der Aufsichtsratsvorsitzende blamierten ihren Klub bis auf die Knochen, das Krisenmanagement verdiente seinen Namen nicht. Dafür gab es wochenlang Kritik, heftig und berechtigt.

Eine Kolumne
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Sind drei Monate Amtspause eine angemessene Strafe? Niemand ist jetzt berufen, Richter zu spielen und das Urteil aus dem Ehrenrat immer und immer wieder infrage zu stellen. Irgendwann muss Schluss mit dem Bashing sein. Tönnies hat niemanden umgebracht, keinen sexuellen Übergriff unternommen und keine Steuern in Millionenhöhe hinterzogen.

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Clemens Tönnies bekommt im Stadion seine letzte große Bestrafung

Wenn er demnächst ins Stadion zurückkehrt, sicht- und angreifbar, wird der Spießrutenlauf bei jenen Fans, die ihre Werte verletzt sehen, eine letzte große Bestrafung sein. Danach sollte das Vergehen abgegolten sein.

Niemand auf Schalke geht eh unbeschadet aus der Sache heraus. Irgendwann sollte aber der Zeitpunkt erreicht sein, zur Tagesordnung überzugehen.

Das ist dem FC Bayern beim Steuerbetrug von Uli Hoeneß gelungen, und das sollte auch dem FC Schalke und seinem emotionalen Anhang bei Clemens Tönnies gelingen. Denn was wäre die Alternative? Dass erneut lästige Nebengeräusche die verheißungsvolle Entwicklung unter Trainer David Wagner beeinträchtigen? Wem wäre damit gedient?

Schalke-Boss weiß, dass er Murks gebaut hat

Tönnies weiß doch, dass er Murks gebaut hat. Dass ihm der Versuch, mit einem Interview in den vereinseigenen Medien die Wogen zu glätten, vorgehalten wird, entlarvt eine gewisse Scheinheiligkeit. Man ist erst zufrieden, wenn der Sünder so reagiert, wie man es will.

Die Wahrheit ist wohl: Ganz gleich, wie er reagiert hätte - man wäre nie zufrieden gewesen.

Dass die Schilderung seiner, so wörtlich, "Leidenszeit" ins Theatralische verfällt, kann man ihm schwerlich vorwerfen. Tönnies steht da in einer Tradition von Schalker Klubbossen, die ihrem Amt stets etwas Dramatisches abgewinnen konnten. Man muss es so sagen: Jeder Verein bekommt den Vorsitzenden, den er verdient.

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