Als Oke Göttlich, der Präsident des Zweitligisten FC St. Pauli, ins Präsidium der Deutschen Fußball-Liga (DFL) gewählt war, versammelte er draußen vor den Saaltüren eine kleine Gruppe von Journalisten um sich. Er redete und stichelte, deutete an und erklärte, wie sich die Verhältnisse im deutschen Fußball mit dieser DFL-Generalversammlung verändern.

Pit Gottschalk
Eine Kolumne
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Göttlichs Sätze fanden Gehör. Und als jede Aussage notiert war, beendete er die Runde mit dem Satz: "Aber nicht zum Schreiben."

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So geht das neuerdings im Bundesliga-Fußball ständig: Andeutungen hinterlegen und hinterher nicht dafür verantwortlich gemacht werden können. Hauptsache, die Lunte ist gelegt.

Formen von Hinterzimmer-Politik wurden zuletzt Axel Hellmann von Eintracht Frankfurt und Klaus Filbry von Werder Bremen nachgesagt.

Die zwei Klubbosse führen eine Allianz an, die den Namen "Team Mittelstand" trägt und die Interessen mittelgroßer Klubs vertritt. Dazu gehören Hertha BSC, 1. FC Köln, VfB Stuttgart und der Hamburger SV.

Rummenigge: "Das ist absolut nicht okay"

Das gemeinsame Ziel: ein möglichst großes Stück von einem Kuchen, der erst in zwei Jahren gebacken sein wird - der neue Milliardenvertrag für die Medienrechte.

Man will verhindern, dass die beiden Zugpferde der Liga, Bayern München und Borussia Dortmund, bei den TV-Geldern ein aus ihrer Sicht zu fettes Stück abbekommen.

Die Stimmung in der Bundesliga ist gereizt. "Uns allen ist auf die Nerven gegangen, dass sich 16 Klubs getroffen haben. Noch nie seit Gründung der DFL habe ich es erlebt, dass es so eine Separierung der Interessenlagen gab und dass das Fell des Bären vorzeitig verteilt werden sollte", schimpfte Karl-Heinz Rummenigge. "Das ist absolut nicht okay."

Der Vorstandschef des FC Bayern weiter: "Ich rate ihnen, schnellstens in den Kreis aller Vereine zurückzukehren und sich nicht zu separieren. Es gab natürlich auch Überlegungen großer Klubs, sich mal zu treffen und darüber zu befinden. Das haben wir dann ganz zielbewusst nicht gemacht, weil wir keine Gegenposition beziehen wollten."

Der fast schon destruktive Widerstand vor den Präsidiumswahlen erschien BVB-Chef Hans-Joachim Watzke aber so wegweisend, dass er seine Kandidatur vorzeitig und überraschend zurückzog und der Generalversammlung bei wichtigen Tagesordnungspunkten fernblieb. Schon tauchte die Frage auf: Provoziert das "Team Mittelstand" einen Riss im Profifußball?

Christian Seifert: "Es geht um sehr viel Geld"

"So wie es in den letzten Wochen war, kann es nicht weitergehen", mahnte DFL-Chef Christian Seifert, bevor die Wahlen vollzogen wurden.

Im Präsidium sitzt jetzt den beiden Großklubs Schalke 04 (Peter Peters) und FC Bayern München (Jan-Christian Dreesen) eine Mehrheit von kleinen Klubs von Vereinen wie Freiburg oder Kiel gegenüber.

Seifert bestritt zwar auf Nachfrage von Fever Pit’ch vehement, dass ein Riss durch die Liga geht, und verwies auf den demokratischen Prozess, der zu diesem Ergebnis geführt habe.

Nur zu gut weiß er aber auch: Ohne Bayern und BVB wird die Bundesliga international kaum bestehen können. Bei Auswärtsspielen bringen Großklubs die meisten Fans mit.

"Alle drei Jahre vor der Generalversammlung wird komischerweise viel über Miteinander und Solidarität gesprochen, und dann geht’s irgendwie immer gegeneinander. Aber das ist normal", so Seifert.

Der TV-Poker 2020 setzt eben Gier frei. Seifert: "Es geht um sehr viel Geld, um Zukunftsperspektiven. Und da fragt sich jeder Klub: Wo bleibe ich denn da?"

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Pit Gottschalk, 50, ist Journalist und Buchautor. Seinen kostenlosen Fußball-Newsletter Fever Pit’ch erhalten Sie hier: http://newsletter.pitgottschalk.de.
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