Den Wutausbruch von Chris Löwe kann ich gut verstehen. Natürlich leidet Dynamo Dresden darunter, dass die Coronakrise zuerst eine Zwangspause und danach einen Kräfteverschleiß erzwang.
Das ist unfair, weil kein anderer Klub von den Auswirkungen des Coronavirus so heftig heimgesucht wurde. Vermutlich wird sein Verein unter anderem deshalb aus der 2. Liga absteigen.
Aber was wäre die Alternative gewesen? Dass alle Konkurrenten freiwillig auf den Spielbetrieb verzichten? Dass die Saison verlängert wird, um mehr Ruhephasen zu gönnen? Dass Dynamo Dresden einen Sonderstatus genießt und nicht absteigen muss? Man kann es drehen und wenden, wie man will: Keine Lösung bekäme hundert Prozent Zustimmung.
Löwes Wutausbruch: Eine Bestrafung wäre kontrapoduktiv
Bei Chris Löwe brachen sich Verzweiflung und Zorn Bahn. Seine Wortwahl Richtung DFL-Spitze, die den Restart ermöglicht hatte, war so ziemlich das Härteste, was ein Fußballprofi seit Jahren in aller Öffentlichkeit geäußert hat. Wahrscheinlich gibt es dazu einen Strafenkatalog in einer Schublade. Aber bestrafen sollte man Chris Löwe nicht.
Er war emotional, vielleicht verbittert, jedenfalls: grundehrlich mit jeder Faser seines Körpers. Tränen lügen nicht: Da stand ein erwachsener Mann vor der TV-Kamera, der sein Herz auf der Zunge trug. Seine Kritik muss die Liga aushalten können. Wer gute Argumente hat, und das hat die DFL ja, sucht das Gespräch mit ihm und nicht die Sanktion.
Ein Gespräch wird nicht die Wunde heilen, die der wahrscheinliche Abstieg in die 3. Liga verursacht. Aber Verständnis und Nachsichtigkeit können ein Pflaster sein. Gefühlsausbrüche sind in der glatt lackierten Profiwelt so selten geworden, dass schwere Gründe dafür vorliegen müssen. Bei Chris Löwe sind die Gründe tonnenschwer. Man wird ihm verzeihen können.
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