• Lange Nachspielzeiten bei der WM in Katar lösen bei vielen Fans Verwunderung aus.
  • Fast zehn Minuten Nachspielzeit könnten bei diesem, Turnier die Regel werden.
  • Dahinter steckt eine neue Kalkulation und ein Kalkül der Fifa.

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Das Tor von Irans Mehdi Taremi in der dreizehnten Minute der Nachspielzeit war das späteste Tor einer Weltmeisterschaft in regulärer Spielzeit. Zumindest seit 1966, seitdem die detaillierte Datenaufzeichnung erfolgt. Das Tor vom niederländischen Davy Klaassen in der neunten Minute der Nachspielzeit nur eine Begegnung später, war demnach der zweitspäteste Treffer.

Auf lange Nachspielzeiten sollten sich auch die Deutschland-Fans bei diesem Turnier grundsätzlich einstellen, wie Schiedsrichterchef Pierluigi Collina vom Fußball-Weltverband Fifa bereits vor dem Turnier angekündigt hatte: "Wir werden die Nachspielzeit sehr sorgfältig kalkulieren und versuchen, die Zeit auszugleichen, die durch Zwischenfälle verloren geht", sagte Collina.

Sieben bis neun Minuten Nachspielzeit werden die Regel

Zu diesen zeitintensiven Zwischenfällen gehören Torjubel, Auswechslungen, Verletzungen, Platzverweise und Unterbrechungen, bei denen sich der Videoschiedsrichter einschaltet. "Wir wollen nicht, dass es in einer Halbzeit nur 42 oder 43 Minuten aktives Spiel gibt, das ist nicht akzeptabel." sagte Collina. Deshalb seien "sieben, acht, neun Minuten Nachspielzeit", in einem normalen WM-Spiel in Katar durchaus zu erwarten.

In der Partie zwischen England und Iran wurde diese grobe Maßgabe nun sogar gleich nach beiden Halbzeiten überboten - allerdings auch wegen des sehr ereignisreichen Spiels. Zu den insgesamt acht Toren kamen unter anderem noch eine längere Behandlungspause für den verletzten iranischen Nationaltorhüter Ali Beiranvand und eine Entscheidung durch den Videobeweis, bei der sich Referee Raphael Claus eine Szene selbst noch einmal ansah.

Am Dienstag setzte sich der Trend fort, auch bei den torlosen Unentschieden am Nachmittag gab es sieben Minuten Nachspielzeit in der zweiten Hälfte. Beim Sensationssieg von Saudi-Arabien über Mitfavorit Argentinien lies der Schiedsrichter sogar ganze 13 Minuten nachspielen.

Lukrativer Nebeneffekt für die Fifa

Die langen Nachspielzeiten können die Dramatik eines Spiels erhöhen, können für die Spieler aber auch belastend sein. Gerade mit Blick auf die K.O.- Spielen und eventuellen Verlängerungen sollte beobachtet werden, wie sich die neue Auslegung auf das Spieltempo und die Gesundheit der Spieler auswirkt.

Die langen Nachspielzeiten haben für die Fifa einen lukrativen Nebeneffekt. Je länger die Spiele dauern, desto mehr Sendezeit füllt der Weltverband mit seinem Produkt. Das bedeutet auch mehr Werbezeit für die Werbebanden der Fifa-Partner.

Auch in der Bundesliga könnten die Spiele bald länger dauern. Der frühere Fifa-Schiedsrichter Knut Kircher sagt gegenüber der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten": "Große Turniere waren schon immer ein Probierfeld für gewisse Neuerungen. Dieser Trend wird sicher auch in der Bundesliga ankommen." (lko/dpa)

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