Das Beste gleich zu Beginn: Ich konnte der Verlockung widerstehen, es an Ostern gemütlich anzugehen und einfach meinen Wochenrückblick von vor 14 Tagen ein weiteres Mal zu veröffentlichen. Inhaltlich wäre es nicht groß aufgefallen.

Eine Satire
Diese Kolumne stellt die Sicht der Autorin dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.

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Lediglich Kassel durch Stuttgart ersetzen: Fertig. Durch besagtes Kassel marschierten nämlich vor zwei Wochen Corona-Leugner, "Querdenker" und allerlei weitere echte Patrioten. Tapfere Kämpfer gegen das Merkel-Regime, die sich wehrhaft der neuen Diktatur widersetzen wollten.

Nein, nicht die in Turkmenistan, Saudi-Arabien, Äquatorialguinea oder Syrien. Die hier bei uns. Direkt hier, vor unseren Augen, wo die Kanzlerin (mittlerweile durch einen Reptiloiden in Menschengestalt ersetzt) die Deutschland GmbH in eine Merkel-Diktatur verwandelt hat.

Falls Sie jetzt denken "Äh, hat die Alte jetzt komplett den Verstand verloren?", dann sprechen Sie mal mit den reitschusterbesoffenen Virologen auf den beschriebenen Demos. Oder lesen Sie sich die Chronik der Corona-Errungenschaften der Bundesregierung durch. Irgendwie hört sich nämlich beides ziemlich nach einem "Monty Python"-Film an. Nur, dass hinterher niemand lacht.

Oder maximal ein paar CDU/CSU-Abgeordnete, die während der Pandemie noch schnell einige Millionen Euro Provision für überteuerte aber dafür wenigstens qualitativ unzureichende Masken abkassiert haben.

Kassel oder Stuttgart, egal – Hauptsache die Polizei ist Dein Freund und Helfer

Ein identisches Bild präsentierte sich uns nun diesen Samstag in Stuttgart. Während knapp 50 Prozent aller Deutschen deutlich härtere Lockdown-Maßnahmen befürworten, versammeln sich dort 10.000 Hobby-Wahrheitsfinder, verstoßen gegen Hygienevorschriften, tragen keine Masken und halten keinen Abstand. Und analog zu Kassel zeigt sich die Polizei so verblüfft, dass sie sich sicherheitshalber auf freundliches Eskortieren beschränkt, gelegentlich ein paar Gegendemonstranten aus dem Weg rammt und interessiert beobachtet, wie Steine auf Journalisten geworfen werden, bis diese ihre TV-Live-Schalte abbrechen müssen.

Daran erkennt man dann auch das intellektuelle Delta zwischen Menschen, die sich an Fakten halten und solchen, die sich an Xavier Naidoo halten. Wenn man nämlich glaubt, die Meinungsfreiheit ist in Gefahr, dann ist es, um das zu verhindern, ganz wichtig, als erstes dafür zu sorgen, dass Journalisten ihre Arbeit nicht mehr machen können. Das ist in etwa so, wie sich vor Dunkelheit zu fürchten und deshalb alle Lampen im Haus mit einem Baseballschläger zu zertrümmern. Oder im politischen Kontext: Wer AfD wählt, weil die etablierten Parteien keine Lösungen anbieten, der zündet auch sein Auto an, weil die Spritpreise steigen.

Die Polizei jedenfalls hätte, vor allem nach den Lernimpulsen aus Kassel, in Stuttgart alles besser und somit eine Menge für ihr ramponiertes Image tun können. In Deutschland glauben ja mittlerweile weniger Menschen an eine kompetente Polizei als daran, dass Lothar Matthäus irgendwann das Gedicht von Amanda Gorman ins Deutsche übersetzen darf. Statt "Das Imperium schlägt zurück" gab es dementsprechend leider nur "Die Rückkehr der Superspreader". Ganz kleines Kino.

Erinnern Sie sich noch, als im vergangenen Jahr unser Oberpolizist Horst Seehofer keine Notwendigkeit sah, in Sachen Rassismus bei der Polizei mal ein bisschen genauer hin zu schauen? Da hat der Horst, Deutschlands Nachwuchs-Hoffnung für innovative Zukunfts-Politik, jetzt natürlich das ganz große Los gezogen. Wenn es schlecht läuft ist sein Laden nicht nur von strukturellem Rassismus befallen, sondern zusätzlich noch von struktureller Sympathie für Corona-Verharmloser. Frohe Ostern, Horst.

Kann denen mal jemand die Welt erklären?

Ebenfalls viele, naja, "Diskussionen" gab es diese Woche auch um eine Interview- und Foto-Strecke mit Luisa Neubauer für ein Lifestyle-Magazin. Aus Transparenzgründen muss ich vorwegschicken, dass das Format "Marie Trifft" nach mir benannt ist. "Marie Trifft" ist ein 16-seitiges Special, das in jeder Ausgabe von Europas größtem Magazin für veganen und nachhaltigen Lifestyle erscheint – dem "Welt Vegan Magazin". In der aktuellen Ausgabe spreche ich mit einem der erfolgreichsten deutschen Models, Swantje Paulina - und eben Luisa Neubauer. Neben etwa sechs Seiten Text entstanden auch 10 Fashion-Motive. Im Text sprechen wir über die Zukunft, Ernährung, darüber, wie wir aufgewachsen sind, warum wir nicht einfach so weiter machen können wie bisher und viele andere Dinge. Auf den dazugehörigen Bildern posieren wir in nachhaltig produzierter, veganer Mode in der Hamburger Elbphilharmonie. Luisa kam übrigens mit dem Fahrrad.

Dafür hagelte es dann, insbesondere auf dem neuen Lieblingsmedium für selbsternannte Weltversteher und (leider auch sehr ausführlich) -Erklärer, neudeutsch "Shitstorm" genannte Zwergenaufstände. Gut, die zumeist am äußersten rechten Rand als Kanonenfutter für orchestrierte Massenattacken auf unliebsame Meinungen rekrutierte intellektuelle Fallobst-Community war kognitiv nicht in der Lage, zu begreifen, dass ein Print-Magazin nicht automatisch zum Axel Springer Verlag gehört, wenn die Vokabel "Welt" darin vorkommt. Aber Schwamm drüber. Menschen, die Lebensfreude erster Linie dadurch generieren, anonym im Internet junge Frauen obszön zu beleidigen, glauben vermutlich auch, ein Weltrekord müsse der alter Opel des "Welt"-Chefredakteurs sein.

Nach einigen verzweifelten Versuchen, mit justiziablem Beleidigungs-Vokabular die Welt (also die Erde, nicht die Zeitung) zu retten, war dann auch schnell wieder Ruhe. Zählbare Ergebnisse, mal abgesehen von den niveauseitigen Bankrotterklärungen einiger Twitter-Accounts, gab es eigentlich nicht. Außer, dass die digitalen Verkäufe des "Welt Vegan Magazins" neue Rekordwerte erreichten. Ach ja, und dass sich das "Land der Tiere", ein Tierschutzzentrum für gerettete Tiere der Stiftung Tiernothilfe, demnächst über eine signifikante Finanzspritze freuen darf. Dahin wird nämlich die gesamte Summe gespendet, die aus den mannigfaltigen Beleidigungen der letzten Tage so zusammenkommen wird. Manchmal wünschte ich, ich wäre Anwältin geworden. Leichter als mit der Auswertung des verbalen Brechdurchfalls von "Kritikern" in sozialen Medien kann man nirgendwo Geld verdienen.

Mediales Schlammcatchen der Titan-Greise

Während also alle Feingeister der literarischen Hautevolee, die Zeit hatten, weil sie aus finanziellen Gründen (oder weil ihre Mutter ihnen wieder Hausarrest gegeben hatte) nicht nach Stuttgart reisen konnten, auf Luisa Neubauer eindroschen, trugen zwei alte Schlachtrösser der TV-Unterhaltung ihren eigenen Kampf um die goldene Blondierungs-Ananas aus. Nachdem Dieter Bohlen, der dynamische Fernseh-Rebell aus Tötensen, ob seiner beinahe anarchischen Juroren-Attitüden von RTL unverhofft aus dem Format verbannt wurde, stieg "Wetten, Dass"-Schlachtross Thomas Gottschalk kurzfristig als Ersatz ein. Es entspannte sich ein waschechter Kampf der Ikonen. Gottschalk gerierte sich im Duisburger DSDS-Studio als Grandseigneur der TV-Unterhaltung ("Der Dieter sitzt jetzt in Mallorca und sortiert seine Camp-David-Hemden"). Bohlen schoss via Instagram aus dem Mallorca-Urlaub zurück ("Wenn ich erzählen würde, was ich von ihm wüsste, kann der einpacken").

Als vorläufiger Gewinner des öffentlichen Promi-Schlammcatchens der Titan-Greise scheint dennoch Gottschalk hervorzugehen. Sein Giftpfeil "Dieter ist Geschichte, ich bin Legende" hat eine höhere Trefferquote, als Bohlens "Thomas trägt die Haarteile seiner Oma"-Exkurs in seine Vergangenheit als Star-Friseur. Historisch betrachtet kommt Gottschalk ja auch aus einer Showkarriere, in der er so ziemlich jeden Weltstar auf seinem TV-Sofa begrüßen durfte. Bohlen dagegen war gleichzeitig meist damit beschäftigt, selber Stars zu entdecken, die dann allerdings zumeist schnell wieder in der Versenkung verschwanden.

Und an dieser Stelle noch eine Serviceleistung für alle Diskursteilnehmer, die Luisa Neubauer für eine Heuchlerin halten, weil sie nicht in einer selbstgebauten Hütte aus Altglas unter einer Brücke lebt und sogar schon mal einen hübschen Blazer anhatte: Weltstars sind keine Planeten, deren Rechte sich der Axel Springer Verlag erkauft hat. Bis nächste Woche!

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