- Bislang hat Elon Musk Twitter nur für seine Zwecke genutzt. Wie wird er es aber leiten?
- Angekündigt hat er, sich für mehr Meinungsfreiheit beim Online-Dienst einzusetzen.
- Vor allem aber muss Twitter langsam rentabler werden.
Twitter steuert mit dem Kauf durch
Darüber, wie genau sich der Dienst unter Regie des Tech-Milliardärs verändern wird, kann man derzeit nur spekulieren. In den vergangenen Monaten kündigte Musk an, bei Twitter für mehr Meinungsfreiheit zu sorgen, Fake-Accounts und automatisiert postende Bots zu bekämpfen, den Dienst zu einer Allzweck-App nach Art etwa von WeChat in China auszubauen und den dauerhaft verbannten US-Präsidenten Donald Trump zurück auf die Plattform zu lassen. Letzteres ginge leicht - darüber, wie Musk den Rest erreichen will, weiß man nicht viel.
Der Umbau von Twitter muss Umsatz bringen
Dazu kommt, dass Musk durch Verkäufe von Aktien des Elektroautobauers Tesla, Kredite und Investorengelder rund 44 Milliarden Dollar für eine Firma zusammenkratzte, die in ihrem besten Jahr 1,47 Milliarden Dollar Gewinn machte und meist rote Zahlen schrieb. Der Umbau sollte also auch das Geschäft ankurbeln, damit das Geld nicht weg ist.
Twitter veränderte die Welt mit einem einfachen Konzept: Jeder kann eine kurze Nachricht tippen, jeden Nutzer auf der Welt kann sie erreichen. Die Notwasserung eines Passagierjets im New Yorker Hudson River, erste Hinweise auf die US-Aktion gegen Terroristenführer Osama bin Laden - zuerst erfuhr man davon via Twitter.
Prominente, Politiker und Journalisten geben der Plattform Macht im öffentlichen Diskurs.
Musk redete Twitter erst tot - und kaufte es dann
Doch Twitter gelang es nie, dieses Gewicht in der Welt in lukratives Geschäft umzumünzen. Und anders als etwa
Vor allem in den USA löste Musks Kritik an angeblicher Einschränkung der Meinungsfreiheit bei Twitter Sorgen aus. Schließlich kamen die Beschwerden darüber in den vergangenen Jahren vor allem aus dem rechten politischen Spektrum. Und sie bezogen sich hauptsächlich darauf, dass Twitter gegen falsche Informationen zum Coronavirus vorging - sowie gegen Gewaltaufrufe und die Lüge von Donald Trump, dass ihm der Sieg bei der Präsidentenwahl gestohlen worden sei.
Auch andere Online-Plattformen wie Facebook führten solche Beschränkungen ein, um die Gesundheit von Nutzern zu schützen und eine Eskalation politischer Spannungen zu verhindern. Musk vertrat dagegen die Ansicht, dass alles nicht per Gesetz verbotene erlaubt sein sollte. "Wenn Leute wollen, dass es weniger Redefreiheit gibt, werden sie Regierungen bitten, Gesetze in diese Richtung zu verabschieden", schrieb er bei Twitter. "Entsprechend ist es gegen den Willen der Menschen, über das Gesetz hinauszugehen."
Europa gab sich striktere Gesetze zum Kampf gegen Hass und Hetze auf Online-Plattformen. Dem EU-Kommissar Thierry Breton sicherte Musk bereits zu, dass Twitter sich an europäische Vorgaben halten werde. In den USA sorgen hauptsächlich die Regeln der Plattformen dafür.
Kurz vor Vollzug der Übernahme versuchte Musk, die Wogen zu glätten. Twitter dürfe kein "Ort des Grauens" werden, wo ohne Konsequenzen alles gesagt werden könne, schrieb er in einem offenen Brief an Anzeigenkunden. Der Dienst müsse "warm und einladend für alle" sein.
Kanye West: Kurzes Twitter-Zwischenspiel
Ein paar Wochen zuvor war da allerdings noch die Sache mit
Politisch solidarisierte sich Musk zuletzt mit der weiter von Trump beherrschten Republikanischen Partei. Die Demokraten von US-Präsident Joe Biden seien zur "Partei der Spaltung und des Hasses geworden", schrieb er im Mai bei Twitter. Applaus bekam Musk dafür von der rechten Abgeordneten Lauren Boebert - einer Trump-Anhängerin und Verfechterin lockerer Waffengesetze, die gegen Corona-Maßnahmen, Abtreibungen, homosexuelle Ehen und erneuerbare Energie einsteht.
Lob von Donald Trump
Am Freitag kündigte Musk ohne nähere Details ein neues Gremium zum Umgang mit kontroversen Inhalten an, bis zu dessen Bildung es keine Entscheidungen etwa zur Wiederherstellung von Accounts geben werde. Damit stünde auch eine Rückkehr von Trump nicht unmittelbar bevor.
Trump selbst äußerte sich am Freitag nicht dazu, ob er zu Twitter zurückkommen würde. Aber er lobte bei seinem hauseigenen Twitter-Klon Truth Social, dass der Dienst jetzt in "vernünftigen Händen" sei und nicht mehr von linksradikalen Spinnern und Verrückten geführt werde.
Ganz "offensichtlich" bezahle er nach aktuellem Stand zuviel für Twitter, räumte Musk jüngst in einer Tesla-Telefonkonferenz ein. Aber das "langfristige Potenzial" berge einen viel größeren Wert.
Angesichts der Unklarheit, wie er dieses Potenzial heben will, sorgten Musks jüngste Versuche, außenpolitischen Einfluss zu nehmen, für Unruhe. So schlug er vor, aus Taiwan eine "Sonderverwaltungszone" unter chinesischer Herrschaft zu machen. Die Regierung in Taipeh wies das als "inakzeptabel" zurück. Auch plädierte Musk dafür, die Ukraine solle die von Russland widerrechtlich annektierte Krim verloren geben und einem Referendum unter UN-Aufsicht in ihren von russischen Truppen besetzten Gebieten zustimmen.
Musk ist auch Tesla-Chef und der Wert seiner dortigen Aktien macht ihn aktuell zum reichsten Menschen der Welt. Da Tesla ein großes Werk in Shanghai hat, das sehr wichtig für die Firma ist, wurde in der Öffentlichkeit schon früher die Sorge geäußert, Musk könne bei Twitter zum Beispiel die Meinungsfreiheit rund um China einschränken, um sich mit der Führung in Peking gut zu stellen. (best/dpa)

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