Wenn unser Partner auf vier Hufe lahmt, holen wir den Tierarzt. Doch was passiert eigentlich, wenn der Besitzer überzeugt ist, dass der Tierarzt eine falsche Diagnose stellt und entsprechend falsch behandelt? Dieser Frage musste das Amtsgericht München kürzlich beantworten…

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Es fing alles ganz alltäglich an: Eine Tierärztin aus Franken wurde im März 2022 gerufen, weil die Pferde Monty und Striezi plötzlich lahm waren. Sie untersuchte die Pferde, diagnostizierte einen strukturellen Fesselträgerschaden. Entsprechend behandelte sie die Pferde. Und stellte schließlich eine Rechnung über rund 1.740 Euro. So weit, so normal.

Nur: Der Pferdebesitzer wollte nicht zahlen. Begründung: Die Tierärztin habe eine falsche Diagnose gestellt und entsprechend seine Pferde auch falsch behandelt. Es sei nämlich kein Fesselträgerschaden, sondern lediglich eine leichte Flüssigkeitsansammlung um die Sehne im Sinne eines Überlastungsschadens.

Tierarzt: Leistung wird berechnet – nicht der Erfolg

Die Folge: Die Tierärztin klagte und der Fall landete vor dem Amtsgericht München I. Dort hatte der Pferdebesitzer aber schlechte Karten. "Bei dem vorliegenden tierärztlichen Behandlungsvertrag ist […] nicht ein Behandlungs- oder Heilerfolg, sondern die Leistung der medizinischen Behandlung, also eine Dienstleistung, geschuldet", so die Richter. Heißt: Der Arzt hat seine Dienstleistung erbracht und muss dafür bezahlt werden.

Und die falsche Diagnose? Auch da winkten die Richter ab: "Im vorliegenden Fall ergibt sich nach Durchführung der Beweisaufnahme hingegen nicht, dass ein […] Behandlungsfehler gegeben ist, der dazu führt, dass die streitgegenständliche Behandlung der Pferde völlig unbrauchbar und wertlos für den hierfür darlegungs- und beweislastpflichtigen Beklagten war", heißt es im Urteil vom 14. November 2024 (Az: 275 C 14738/22).

Gutachter bestätigt Diagnose

Auch ein Gutachter wurde extra gehört. "Der Sachverständige stellte insoweit in seinem Gutachten fest, dass gemäß der Befunde, die in den Ultraschallbildern der Klägerin dokumentiert worden seien, sowie der klinischen Befunde, sowohl bei Monty als auch Striezi jeweils behandlungsbedürftige Schäden von Fesselträgerstrukturen vorgelegen hätten." Und so muss der Besitzer nicht nur die Rechnung zahlen, sondern auch die Gerichtskosten.

Dass Gutachter in solchen Verfahren oft eine entscheidende Rolle spielen, zeigt auch ein Fall aus dem Kreis Augsburg. Dort ließ eine Frau vor dem Kauf eines Quarter Horses eine Ankaufsuntersuchung machen. Ergebnis: Das Pferd hat Röntgenklasse zwei bis drei. Doch zwei Wochen später zeigte sich: Da stimmt etwas nicht. In einer Tierklinik wurde ein zystoider Defekt festgestellt, Röntgenklasse vier – damit war das Pferd als Reitpferd nicht einzusetzen.

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Bei Fehldiagnose muss der Arzt zahlen

Die Käuferin verklagte deshalb die Tierärztin. Vor Gericht sagte ein Gutachter aus, dass das tierärztliche Gutachten mangelhaft war. So seien die Röntgenbilder von "ungenügender Qualität" gewesen. Auf ihnen habe man den Defekt am Strahlbein nicht eindeutig identifizieren können, die Zyste sei jedoch trotzdem zu sehen. Das Landgericht verurteilte die Tierärztin daraufhin zu 12.800 Euro Schadenersatz – der Kaufpreis und die Kosten für Unterhalt und Pflege des Pferdes.  © Pferde.de