Wenn es um Schmerzen geht, müssen wir Pferden nur ins Gesicht schauen. Denn dort können wir erkennen, ob unser Partner auf vier Hufe leidet. Doch bei Zahnschmerzen funktioniert das nicht so gut – das zeigt eine britische Studie.

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Wenn es um das Thema Pferde und Schmerzen geht, nutzen Ärzte und Forschende die so genannte Equine Grimace Scale (HGS) – also das Schmerzgesicht der Pferde. Diese Skala wurde 2014 von schwedischen Forschern entwickelt. Dabei werden sechs Gesichtsbereiche gemessen und bewertet. Dazu gehören zum Beispiel steif nach hinten angelegten Ohren, Anspannung der Augenhöhlen, glasiger oder zurückgezogener Ausdruck und auch die Anspannung von Maul und Lippen. Jeder Bereich bekommt eine Punktzahl. Am Ende wird alles zusammengezählt. Je höher der Wert dann ist, desto größer sind die Schmerzen beim Pferd.

12 Pferde mit Zahnproblemen wurden untersucht

Bei Lahmheiten oder Koliken gilt das Schmerzgesicht als effektiv. Doch bei Magengeschwüren hilft es nicht, das bewies bereits eine Studie. Bei Zahnschmerzen waren sich Experten noch unsicher. Zwar zeigte die Studie als Ergebnis, dass bei frisch kastrierten Wallachen das Schmerzgesicht gute Auskunft auch bei Zahnschmerzen gebe. Wie es bei allen Pferden generell ist, dazu gab es bisher noch nicht genügend Untersuchungen. Das wollten Forschende der Universität Nottingham ändern.

Dafür untersuchten sie zwölf Pferde, die nachweislich unter Zahnschmerzen litten. Alle Pferde wurden zur Zahnextraktion in eine spezialisierte Pferdeklinik eingeliefert. In den meisten Fällen lag eine Backenzahnfraktur vor, aber zum Beispiel auch Infektionen der Zahnwurzel-Spitzen oder Zahn-Fehlentwicklungen waren dabei.

Bei jedem Pferd wurde von einem erfahrenen Kliniker das Schmerzgesicht beurteilt. Dazu wurden Fotos des Pferdekopfs mit Gesichtsausdrücken in einen Fragebogen aufgenommen. Diese Fragebögen wurden dann an Pferdetierärzte, -pfleger und Tiermedizinstudenten im letzten Studienjahr verteilt. Das Ergebnis: Das Schmerzgesicht ist für die Beurteilung chronischer Schmerzen wie Zahnschmerzen offenbar unzuverlässig.

Zahnschmerzen: Schmerzgesicht eignet sich vermutlich nicht

"Es kann sein, dass Pferde mit Zahnerkrankungen keine für Kliniker erkennbaren Gesichtsausdrücke von Schmerzen zeigen, insbesondere in Anwesenheit eines Beobachters, oder dass Kliniker nicht über die Fähigkeiten verfügen, schmerzbezogene Gesichtsmerkmale ohne weitere Schulung genau zu bewerten, insbesondere da diese mit anderen negativen emotionalen Zuständen verwechselt werden könnten", so die Erklärung der Forscher.

Und: "Die Ergebnisse der Fragebögen zeigen, dass Veterinäre im Allgemeinen glauben, Zahnschmerzen bei Pferden gut erkennen zu können. Die Studie zeige jedoch, dass "Tierärzten die Werkzeuge fehlen, um Schmerzen objektiv zu messen, und dass zwischen verschiedenen Veterinärfachleuten wenig Übereinstimmung besteht. Darüber hinaus besteht offenbar die Möglichkeit einer Desensibilisierung gegenüber Schmerzen mit zunehmender Erfahrung. Tierärzte sollten sich dessen bewusst sein."

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Ihr abschließendes Resümee: "Insgesamt zeigt diese Studie, dass das HGS möglicherweise kein geeignetes Instrument ist, um Zahnschmerzen bei Pferden durch ungeschulte Beobachter objektiv zu erkennen oder zu messen. Daher sind weitere Arbeiten erforderlich, um das Verhalten von Pferden mit Zahnerkrankungen besser zu verstehen und Instrumente zur Bewertung von Zahnschmerzen in einem klinischen Umfeld zu entwickeln."  © Pferde.de