Trotz heftiger Proteste bleibt das umstrittene türkische Gesetz zur Tötung von Straßenhunden bestehen. Das Verfassungsgericht wies die Klage der Opposition ab. Tierschützer sind empört und warnen vor bevorstehenden Massentötungen von Streunern.
In der Türkei dürfen Straßenhunde weiterhin offiziell getötet werden: Das Verfassungsgericht hat eine Klage der Opposition gegen ein umstrittenes Anti-Streuner-Gesetz abgewiesen. Tierschutzverbände schlagen Alarm und sprechen von einer Katastrophe für den Tierschutz und den gesellschaftlichen Umgang mit streunenden Tieren.
Die Entscheidung sorgt international für Entsetzen: Mit dem Urteil bleibt ein Gesetz bestehen, das Kommunen zum Einfangen streunender Hunde verpflichtet. Während die Regierung auf den Schutz der Bevölkerung verweist, kritisieren Tierschützer eine staatlich organisierte Massentötung.
Klage gegen Anti-Streuner-Gesetz abgewiesen
Das türkische Verfassungsgericht hat eine Klage der sozialdemokratischen Oppositionspartei CHP gegen das Anti-Streuner-Gesetz zur Tötung von Straßenhunden abgewiesen, berichtet "Hürriyet". Damit bleibt eine 2024 beschlossene Regelung bestehen, die es Kommunen erlaubt – und teils sogar verpflichtet –, streunende Hunde einzufangen und unter bestimmten Bedingungen zu töten.
Konkret erlaubt das Gesetz die Einschläferung von Tieren, wenn sie als krank, aggressiv oder als "Gefahr für die öffentliche Gesundheit" eingestuft werden. Entscheidungen darüber sollen Tierärzte treffen. Ziel sei laut Regierung, die Bevölkerung vor Angriffen durch Straßenhunde zu schützen. Das Gesetz löste massive Proteste in der Türkei aus.
Proteste und Missstände: Tierschützer warnen vor Systemversagen
Tierschutzorganisationen kritisieren die Regelung scharf. Die Praxis führe in vielen Regionen dazu, dass Tiere nicht nur eingefangen, sondern in großer Zahl getötet würden – oft ohne tiermedizinische Begutachtung oder ausreichende Unterbringungsmöglichkeiten in Heimen. Seit Inkrafttreten des Gesetzes sei die Zahl unregistrierter und unsachgemäß getöteter Tiere drastisch gestiegen.
Auch internationale Organisationen wie "Peta" melden sich zu Wort. In einer Stellungnahme verurteilt "Peta Deutschland" das Urteil scharf. Fachreferent Björn Thun sagt: "Nahezu täglich erreichen uns Nachrichten von Tierschützerinnen und Tierschützern, die uns Material aus der Türkei zusenden. Man sieht, wie heimatlose Tiere misshandelt, gewaltvoll eingefangen und getötet werden. Zudem erhalten wir Berichte darüber, wie Menschen, die sich für die Tiere einsetzen, eingeschüchtert und bedroht werden. Einige bezahlen sogar mit ihrer eigenen Freiheit."
Grausame Aufnahmen aus der Türkei
"Veto", die Vereinigung europäischer Tierschutzorganisationen, veröffentlichte vor Kurzem Videomaterial, das die Zustände in der Türkei zeigt. – Landesweit würden tausende Hunde systematisch eingefangen, vergiftet, erschlagen oder lebendig begraben. Sogar kastrierte, gesunde Tiere verschwinden spurlos.
In staatlichen Tierheimen verenden die Tiere qualvoll mangels medizinischer Versorgung und verhungern. Doch in manchen Einrichtungen bleibe es laut den Tierschützenden nicht beim Sterben durch Vernachlässigung: Aktivistinnen und Aktivisten haben gezielte Tötungen dokumentiert. Videoaufnahmen zeigen Hunde, die in Müllsäcken entsorgt und auf dem Gelände der Einrichtungen verscharrt werden.
Unethisch und wirkungslos? "Peta" fordert nachhaltige Alternativen
Für "Peta" ist klar: Die staatlich verordnete Tötung sei nicht nur grausam, sondern langfristig auch wirkungslos. Der Verband verweist auf internationale Erfahrungen, die zeigen, dass allein das Konzept "Einfangen, Kastrieren und Freilassen" zur dauerhaften Reduktion streunender Tierpopulationen führt.
Ein von "Peta" ausgearbeitetes Konzept sieht vor, innerhalb von zehn Jahren durch ein flächendeckendes Netz an Kastrationszentren und gezielter Adoptionsförderung die Zahl streunender Tiere nahezu auf null zu reduzieren.
"Wer Urlaub in der Türkei plant, sollte sich darüber bewusst sein, was derzeit in diesem Land mit Menschen und Tieren passiert, während man sich erholt. Die praktizierte Methode ist kaltherzig und zudem nicht nachhaltig – sie bedeutet lediglich einen unethischen und schmerzhaften Tod", warnt Thun.
Tierschützer appellieren: Kein Urlaub in der Türkei
Darum ruft die Organisation "Veto" ebenfalls dazu auf, das Land als Reiseziel bewusst zu meiden. "Wer in der Türkei Urlaub macht, finanziert indirekt das Massaker. Nur durch massiven Druck kann die Regierung gezwungen werden, diesen Wahnsinn zu stoppen", sagt Sarah Schonert von "Veto".
Reisende könnten ihre Reiseveranstalter auffordern, Stellung zu beziehen. Spenden unterstützen die Arbeit der Tierschützenden für lebensrettende Maßnahmen wie Futter, medizinische Versorgung und Schutzunterkünfte. Außerdem hat "Veto" die Petition "Stoppt das Massaker" ins Leben gerufen.

Die oppositionelle Partei CHP kündigte bereits an, das Gesetz in den von ihr regierten Städten nicht umzusetzen. Doch rechtlich bindend ist das nicht, denn die Kommunen sind formell zur Umsetzung verpflichtet und bei Zuwiderhandlung drohen Sanktionen. © Deine Tierwelt